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Veröffentlicht auf filmportal.de (https://www.filmportal.de)

Erwin Geschonneck

Date of Birth
12/27/1906 - 12:00
Geburtsort
Bartenstein (heute Bartoszyce, Polen)
Sterbedatum
03/12/2008 - 12:00
Sterbeort
Berlin
Biografie

Erwin Geschonneck, geboren am 27. Dezember 1906 im ostpreußischen Bartenstein (heute Bartoszyce, Polen), wuchs ab dem dritten Lebensjahr in Berlin auf, wo der Vater eine Stelle als Nachtwächter angenommen hatte.

Nach dem Ende seiner Schulausbildung hielt er sich ab 1920 zunächst als Bürobote eines Bankhauses und ab 1923 als Hilfsarbeiter und Hausdiener über Wasser. Er schloss sich der Arbeitersportbewegung Fichte an, wurde Leiter des Arbeiter-Athletenbundes Berlin-Kreuzberg und betrieb auf verschiedenen Wegen Fortbildung. 1929 wurde er in eine Parteigruppe der KPD aufgenommen. Zur Schauspielerei kam er über Umwege: So gehörte er dem Arbeiter-Chor Groß-Berlin sowie dem Bewegungschor von Liesel Freund an und trat mit der Agitprop-Gruppe "Sturmtrupp links" auf. Erste Erfolge in diesen Bereichen animierten ihn dazu, Sprachunterricht zu nehmen. Er spielte im "Roten Kabarett" Tucholskys "älteren, leicht besoffenen Herrn" und stand für eine modische Fotostrecke in der Zeitschrift Scherls Magazin Modell.

Als Filmschauspieler trat er erstmals 1932 in "Kuhle Wampe" von Slatan Dudow und Bertolt Brecht in Erscheinung: In einer Mini-Rolle war er darin als einer von 4000 Arbeitersportlern zu sehen. Bis zum eigentlichen Start seiner Filmkarriere sollte es jedoch noch rund 15 Jahre dauern. Unter dem Namen Erwin Gösch arbeitete er als Souffleur, Beleuchter und Darsteller bei einer Truppe junger jüdischer Schauspieler. Ende 1933 ging er mit seinen jüdischen Schauspiel-Kollegen nach Polen, wo er 1934 verhaftet und in die Tschechoslowakei abgeschoben wurde. Ende des selben Jahres reiste er nach Moskau, wo Gustav von Wangenheim mit emigrierten Schauspielern ein Deutsches Theater gründen wollte. Nachdem dieses schließlich von sowjetischen Behörden aufgelöst wurde, ging Geschonneck zum Deutschen Kollektivistentheater nach Odessa, wo er Vorsitzender der Gewerkschaftsleitung des Theaters wurde. 1938 verwies die Geheimpolizei ihn des Landes. Zurück in Prag schloss er sich der Freien Deutschen Spielgemeinschaft an und trat in zum Teil selbst inszenierten, antifaschistischen Agitprop-Shows und Theaterstücken auf.

 

Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht tauchte Geschonneck unter, wurde jedoch im März 1939 von der SS festgenommen. Ohne Anklage und ohne Prozess deportierte man ihn ins Konzentrationslager Sachsenhausen, verlegte ihn im März 1940 ins Vernichtungslager Dachau. Hier arbeitete er aktiv in der Widerstandsorganisation des Lagers mit und versuchte, durch kulturelle Aktivitäten die Moral der Mithäftlinge zu stärken. Ab Oktober 1944 war er im KZ Neuengamme bei Hamburg inhaftiert. Am 03. Mai 1945 gehörte er nach der Evakuierung des Lagers zu den 350 Überlebenden des Angriffs auf den ehemaligen Passagierdampfer "Cap Arcona": Nach einer Bombardierung durch britische Bomber sank das Schiff in der Lübecker Bucht mit 4.000 Häftlingen an Bord. 1981 verfilmte Lothar Bellag die Ereignisse in dem Fernsehspiel "Der Mann von der Cap Arcona", in dem Geschonneck die Hauptrolle spielte.

Zurück in Freiheit wurde Geschonneck an die Hamburger Kammerspiele engagiert, wo er in zahlreichen hochkarätigen Inszenierungen unter anderem unter der Regie von Helmut Käutner auf der Bühne stand. 1946 besetzte ihn Käutner in einer Nebenrolle seines ersten Nachkriegsfilms "In jenen Tagen" – der Beginn einer fast 50 Jahre währenden Karriere vor der Kamera. Zunächst spielte er neben seinen zahlreichen Theatertätigkeiten (bis 1960 stand Geschonneck in bedeutenden Rollen unter anderem am Berliner Ensemble sowie dem Theater am Schiffbauerdamm auf der Bühne) im Film nur Nebenrollen, etwa den "Emil" in Hans Müllers Kriminalfilm Hafenmelodie (1949) oder einen Kriminalbeamten in Wolfgang Liebeneiners "Liebe 47" (1949).

Ab 1949 übernahm Geschonneck zahlreiche Rollen bei der DEFA, angefangen mit dem Motes in Erich Engels Hauptmann-Verfilmung "Der Biberpelz". Er bekam einen Vertrag, der ihm pro Jahr zwei Hauptrollen garantierte – die Erste war der kleinbürgerliche Schlachter und Aushilfshenker Teetjen in Falk Harnacks "Das Beil von Wandsbek" (1951). Nach nur zwei Monaten wurde die umstritten diskutierte Adaption eines antifaschistischen Zweig-Stücks wieder aus dem Vertrieb genommen. Nachdem sie Jahre in gekürzter Fassung in den Kinos war, wurde sie zu Geschonnecks 75. Geburtstag in der ursprünglichen Fassung wiederaufgeführt.

Im Lauf der Jahre avancierte Geschonneck zum bedeutendsten DDR-Filmschauspieler seiner Generation – als einer von wenigen erlangte er auch internationales Renommee. Sein Rollenspektrum war bemerkenswert breit gefächert, reichte von komödiantischen Rollen über die Verkörperung proletarischer Charaktere und antifaschistischer Kämpfer. Er war der Holländer-Michel in Paul Verhoevens "Das kalte Herz" (1950), der gewitzte Proletarier Kalle in "Karbid und Sauerampfer" (1963), ein Heiratsschwindler in "Ein Lord am Alexanderplatz" (1967), ein KZ-Häftling in "Nackt unter Wölfen" (1962) und (in einer Doppelrolle) ein skurriler Rentner in "Asta, mein Engelchen" (1980). Als ein Höhepunkt seiner Laufbahn gilt seine Verkörperung des Gettofriseurs Kowalski in Frank Beyers Oscar-nominiertem Klassiker "Jakob der Lügner" (1974) – ein Part, bei dem er die verschiedenen Facetten seines Könnens, vom Komischen bis zum Tragischen, miteinander verbinden konnte.

Erwin Geschonneck engagierte sich in der DDR aktiv in Gewerkschaft, Partei und gesellschaftlichen Gruppen; ab 1969 war er Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR und gehörte ab 1967 zum Präsidium des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR.

Nach der Wende 1989 zog Erwin Geschonneck sich fast völlig von der Schauspielerei zurück. 1995 kehrte er noch einmal vor die Kameras zurück: In dem TV-Film "Matulla & Busch" stellte er als westdeutscher Seniorenheimbewohner, der unverhofft ein Haus im Osten Berlins erbt, noch einmal die ganze Palette seines komödiantischen Könnens unter Beweis. Im gleichen Jahr sah man ihn als Zeitzeugen in dem Dokumentarfilm "Der Fall Cap Arcona".

1993 erhielt er beim Deutschen Filmpreis einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk; 2004 wurde er Ehrenmitglied der Deutschen Filmakademie.

Am 12. März 2008 starb Erwin Geschonneck im Alter von 101 Jahren in Berlin.

Filmography
1995
Matulla & Busch - Zwei Alte pokern hoch
  • Darsteller
1995
Der Fall Cap Arcona
  • Darsteller
  • Mitwirkung
1995
Zwischentöne: Erwin Geschonneck
  • Darsteller
1987/1988
Mensch, mein Papa...!
  • Darsteller
1965/1990
Berlin um die Ecke
  • Darsteller
1986/1987
Wie die Alten sungen...
  • Darsteller
1985/1986
Ein Wigwam für die Störche
  • Darsteller
1984/1985
Goethe in D. oder Die Blutnacht auf dem Schreckenstein oder Wie Erwin Geschonneck eine Hauptrolle spielt
  • Darsteller
1981/1982
Das Graupenschloß
  • Darsteller
1981/1982
Der Mann von der Cap Arcona
  • Darsteller
1981/1982
Benno macht Geschichten
  • Darsteller
1981
Meschkas Enkel
  • Darsteller
1980/1981
Asta, mein Engelchen
  • Darsteller
1981
Zeugen
  • Mitwirkung
1979/1980
Levins Mühle
  • Darsteller
1980
Circus Maximus
  • Darsteller
1979/1980
Friedhelms Geburtstag und andere Geschichten
  • Darsteller
1978
Herbstzeit
  • Darsteller
1979
Verlobung in Hullerbusch
  • Darsteller
1979
Das Ding im Schloß
  • Darsteller
1978/1979
Plantagenstraße 19
  • Darsteller
1976/1977
Abschied vom Frieden
  • Darsteller
1978
Des kleinen Lokführers große Fahrt
  • Darsteller
1977/1978
Anton der Zauberer
  • Darsteller
1977
Die Entdeckung
  • Darsteller
1976/1977
Die Millionen des Knut Brümmer
  • Darsteller
1976/1977
Tambari
  • Darsteller
1976/1977
Die Insel der Silberreiher
  • Darsteller
1975/1976
Ein altes Modell
  • Darsteller
1975/1976
Das Licht auf dem Galgen
  • Darsteller
1975/1976
Erwin Geschonneck
  • Mitwirkung
1976
Der Augenzeuge [Jg. 1976 / Nr. 020]: 30 Jahre DEFA / 30 Jahre Filmkunst im Auftrag der Arbeiterklasse (Erinnerungen an Filme und Filmschöpfer)
  • Mitwirkung
1974/1975
Bankett für Achilles
  • Darsteller
1975
Im Schlaraffenland
  • Darsteller
1975
Ein Feigenblatt für Kuhle Wampe - oder Wem gehört die Welt
  • Darsteller
1974/1975
Looping
  • Darsteller
1974
Jakob der Lügner
  • Darsteller
1973/1974
Der Tod des Professors
  • Darsteller
1973/1974
Der Untergang der Emma
  • Darsteller
1974
DEFA-Retrospektive
  • Mitwirkung
1972
Das Geheimnis der Anden
  • Darsteller
1971/1972
Der tödliche Schuß
  • Darsteller
1971/1972
Schnelle Hirsche
  • Darsteller
1971/1972
Konten gesperrt
  • Darsteller
1971/1972
Astrid Kettner
  • Darsteller
1971/1972
Zwischen 5.10 und 6.10 Uhr
  • Darsteller
1972
Anfang am Ende der Welt
  • Darsteller
1971/1972
Wer war am Panzerschrank
  • Darsteller
1971/1972
Der neue Chef
  • Darsteller
1971
Implacabilis. Die Barrikaden eines Zeitalters
  • Sprecher
1971
Nach meinem letzten Umzug...
  • Darsteller
1970
Wir kaufen eine Feuerwehr
  • Darsteller
1969/1970
Jeder stirbt für sich allein
  • Darsteller
1969
Und nie vergessen...
  • Sprecher
1968
Der Augenzeuge [Jg. 1968 / Nr. 050]
  • Mitwirkung
1968
Der Augenzeuge [Jg. 1968 / Nr. 021]
  • Mitwirkung
1967
Die Fahne von Kriwoj Rog
  • Darsteller
1965/1966
Liebesbriefe
  • Sprecher
1966/1967
Geschichten jener Nacht. EP 4: Der große und der kleine Willi
  • Darsteller
1966/1967
Ein Lord am Alexanderplatz
  • Darsteller
1967
Der Augenzeuge [Jg. 1967 / Nr. 045]
  • Mitwirkung
1967
Der Augenzeuge [Jg. 1967 / Nr. 021]
  • Mitwirkung
1967
Der Augenzeuge [Jg. 1967 / Nr. 013]
  • Mitwirkung
1965/1966
Für das Selbstbestimmungsrecht der Völker
  • Sprecher
1965/1966
Die Alliierten
  • Sprecher
1965
Tiefe Furchen
  • Darsteller
1965
Die Ermittlung - Oratorium in 11 Gesängen
  • Darsteller
1965
Der Augenzeuge [Jg. 1965 / Nr. 049]
  • Mitwirkung
1965
Der Augenzeuge [Jg. 1965 / Nr. 044]
  • Mitwirkung
1965
Der Augenzeuge [Jg. 1965 / Nr. 031]
  • Mitwirkung
1964
Asphalt-Story
  • Darsteller
1963
Karbid und Sauerampfer
  • Darsteller
1963
Der andere neben dir
  • Darsteller
1962/1963
Nackt unter Wölfen
  • Darsteller
1961/1962
Ach, du fröhliche...
  • Darsteller
1962
Wind von vorn
  • Darsteller
1962
Potsdamer Rundblick Folge 1
  • Mitwirkung
1961
Gewissen in Aufruhr
  • Darsteller
1959/1960
Fünf Patronenhülsen
  • Darsteller
1959/1960
Leute mit Flügeln
  • Darsteller
1959
Musterknaben
  • Darsteller
1959
Herzlichen Glückwunsch - 10 Jahre DDR
  • Darsteller
1958/1959
SAS 181 antwortet nicht
  • Darsteller
1958
Ohm contra Watt
  • Darsteller
1958
Der Lotterieschwede
  • Darsteller
1958
Die Geschichte vom armen Hassan
  • Darsteller
1957/1958
Sonnensucher
  • Darsteller
1958
Darf der das denn?
  • Darsteller
1957
Katzgraben
  • Darsteller
1956/1957
Schlösser und Katen. 1. Der krumme Anton. - 2. Annegrets Heimkehr
  • Darsteller
1956/1957
Die Abenteuer des Till Ulenspiegel
  • Darsteller
1956
Der Hauptmann von Köln
  • Darsteller
1955
Es geht um die Wurst
  • Darsteller
1955
Das Haushaltswunder
  • Darsteller
1955
Mutter Courage und ihre Kinder
  • Darsteller
1953/1954
Alarm im Zirkus
  • Darsteller
1953
Die Gewehre der Frau Carrar
  • Darsteller
1952/1953
Die Unbesiegbaren
  • Darsteller
1951/1952
Schatten über den Inseln
  • Darsteller
1950/1951
Das Beil von Wandsbek
  • Darsteller
1950
Das kalte Herz
  • Darsteller
1949
Der Biberpelz
  • Darsteller
1948/1949
Liebe 47
  • Darsteller
1948/1949
Die letzte Nacht
  • Darsteller
1949/1950
Hafenmelodie
  • Darsteller
1948
Finale
  • Darsteller
1946/1947
In jenen Tagen
  • Darsteller
1931/1932
Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?
  • Darsteller
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