Darsteller, Regie, Regie-Assistenz, Drehbuch
Hamburg Berlin

Biografie

Erich Engel wurde am 14. Februar 1891 in Hamburg geboren. Nach einer einjährigen Lehre in einer Kaffeegroßhandlung besuchte der Kaufmannssohn die Hamburger Kunstgewerbeschule und war nach seinem Abschluss kurz als Journalist tätig. Von 1909 bis 1911 absolvierte er die Schauspielschule von Leopold Jessner am Thalia Theater, gefolgt von Engagements an verschiedenen Wanderbühnen. Während des Ersten Weltkriegs wurde er 1914 zum Kriegsdienst einberufen, wo man ihn zu Schreibstubendienst im Militärlazarett einteilte (aufgrund einer früheren Krankheit wurde Engel als untauglich für den Felddienst eingestuft).  

Nach dem Ende seiner Soldatenzeit im Jahr 1917 bekam er eine Stelle als Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus Hamburg; 1918 wechselte er an die Hamburger Kammerspiele, wo er bis 1921 als Dramaturg und Regisseur tätig war. 1921 zog er nach München, wo er die Bekanntschaft von Bertolt Brecht und Caspar Neher machte, und Erfolge unter anderem mit der Uraufführung von Brechts "Im Dickicht" feierte. Auch sein Debüt als Filmregisseur gab er 1923 in München: gemeinsam mit Brecht realisierte er die Karl-Valentin-Groteske "Die Mysterien eines Frisiersalons", die heute als Klassiker gilt.  

1924 ging Engel nach Berlin ans Deutsche Theater. Zwar inszenierte er fürs Kino gemeinsam mit Georg Bluen "Die Liebe ist der Frauen Macht" (1924), mit dem damaligen Star Fern Andra in der Hauptrolle, danach aber konzentrierte er sich für einige Jahre ganz aufs Theater. Er brachte zahlreiche Klassiker auf die Bühne, wurde jedoch vor allem einer der bedeutendsten Brecht-Regisseure. Oft besetzte er Fritz Kortner, Eugen Klöpfer und Gustaf Gründgens in den Hauptrollen; Caspar Neher war sein bevorzugter Bühnenbildner. Schnell avancierte Engel zu einem der wichtigsten Vertreter eines modernen Theaters. Ein besonders großer Erfolg war 1928 die Uraufführung von Brecht/Weills "Die Dreigroschenoper" am Theater am Schiffbauerdamm.

Erst nach Einführung des Tonfilms begann Erich Engel sich für die künstlerischen Möglichkeiten des Films zu interessieren. Die Revue "Wie werde ich reich und glücklich" (1930) war seine vorerst letzte Bühneninszenierung. Von 1931 bis 1935 führte er ausschließlich Filmregie. Bei der Dostojewski-Adaption "Der Mörder Dimitri Karamasoff" (1931) übernahm er zunächst die Dialogregie, danach drehte er eine Vielzahl eigener Filme. Sein bevorzugtes Genre war die Komödie, sein bevorzugter Star Jenny Jugo, mit der er bis 1942 elf Filme drehte, darunter "Wer nimmt die Liebe ernst?" (1931), "Mädchenjahre einer Königin" (1936) und "Viel Lärm um Nixi" (1942) – bei letzterem inszenierte er als "Enrico Engel" zusätzlich eine italienische Version mit dem Titel "Non mi sposo più" (1942, Regie zusammen mit Giuseppe Amato).  

Zwischen diesen meist leichten Jugo-Filmen entstanden auch Filme zu ernsteren Themen und mit anderen Hauptdarsteller:innen. So etwa das Liebes- und Spionagedrama "Hotel Sacher" (1939) mit Sybille Schmitz und Willy Birgel. Erich Engel war einer der erfolgreichsten Regisseure der Nazizeit, der es gleichwohl verstand, sich den Kontrollmechanismen des Propagandaministeriums zu entziehen. Der in Wien produzierte, in der Zeit des Rokokos angesiedelte "…nur ein Komödiant" (AT 1935) zum Beispiel trat offen gegen Militarismus und Autoritarismus ein – vermutlich wegen des historischen Rahmens war diese politische Aussage nicht offensichtlich erkennbar, sodass der Film sowohl der österreichischen als auch der deutschen Zensur entging. Auch zeigten Engels Figuren – entgegen dem Wertesystem des Regimes – häufig ein großes Maß an Individualismus und Eigensinn, und trotz mancher Zugeständnisse an die Nazi-Zensur gelang es ihm immer wieder, sein Lieblingsthema in seine Filme einzubinden: die Veränderbarkeit des Menschen und der Verhältnisse.

Gegen Ende der 30er Jahre wendete er sich auch wieder dem Theater zu. Vor allem seine Shakespeare-Inszenierungen am Deutschen Theater Berlin sorgten stets für Aufsehen. Sein letztes Filmprojekt unter dem Nazi-Regime war die Komödie "Wo ist Herr Belling?" (1944/45); auf Grund der Kriegssituation blieb der Film jedoch unvollendet. Es war zugleich die letzte Filmrolle vom Emil Jannings, mit dem Engel zuvor bereits "Altes Herz wird wieder jung" gedreht hatte (und der dessen letzter vollendeter Film blieb).

Nach Kriegsende und der Befreiung Deutschlands war Engel von 1945-47 Intendant der Münchner Kammerspiele. Anschließend ging er nach Berlin, wo er gemeinsam mit Brecht am Deutschen Theater in Berlin als Regisseur arbeitete (1948/49). Engels erster Film im Nachkriegsdeutschland war 1948 die DEFA-Produktion "Affaire Blum", nach einem Drehbuch von Robert A. Stemmle. Anhand eines tatsächlichen Justizskandals, über einen zu Unrecht des Mordes angeklagten jüdischen Kaufmann, zeichnete der Film ein realistisches Bild vom Deutschland der 20er Jahre unter dem Schatten des aufkommenden Faschismus.  

Nach seinem zweiten DEFA-Projekt "Der Biberpelz" (ebenfalls nach einem Stemmle-Drehbuch) scheiterte eine Verfilmung von Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder" an Differenzen zwischen ihm und Brecht. Auch Engels erstes Farbfilm-Projekt, eine Verfilmung des Hauff-Märchens "Das kalte Herz", kam nicht zustande (1950 wurde sie von Paul Verhoeven realisiert).  

Nachdem Engel bei der DEFA keinen Film mehr realisieren konnte, arbeitete er ab Beginn der 50er Jahre in Westdeutschland. Als deutsch-italienischen Koproduktion begann er "Land der Sehnsucht" (1950), eine Mischung aus Liebesfilm und Krimi, in der Jenny Jugo die Hauptrolle übernahm. Doch auf Grund von Finanzproblemen der italienischen Koproduzenten wurden die Dreharbeiten im Oktober 1950 abgebrochen. Der Film blieb unvollendet und war die letzte Rolle von Jenny Jugo.

Bei "Das seltsame Leben des Herrn Bruggs" (1951) griff Engel die Geschichte seines unvollendeten "Wo ist Herr Belling?" auf. Nach der Zuckmayer-Adaption "Der fröhliche Weinberg" (1952) übernahm er die Künstlerische Oberleitung bei der Kästner-Verfilmung "Pünktchen und Anton" (1953), die sein Sohn Thomas Engel inszenierte. In den nächsten Jahren realisierte Erich Engel Komödien, Krimis und Musikfilme.

Nach Brechts Tod 1956 führte er am Berliner Ensemble in Ost-Berlin dessen Inszenierung von "Leben des Galilei" fort, in der unter anderem die Bewaffnung der Welt mit Atombomben thematisiert wurde. Nach dem Erfolg des Stücks arbeitete Engel – in West-Berlin lebend – ausschließlich in der DDR. Dort drehte er 1958 auch seinen letzten Kinofilm "Geschwader Fledermaus" (1958) nach einem Bühnenstück von Rolf Honold. Der im Söldnermilieu spielende Abenteuerfilm handelte von einem amerikanischen Piloten, dem während des Indochinakriegs Zweifel an seinen Missionen für die französische Armee kommen.

Am Theater konnte Engel mit seiner Neuinszenierung der "Dreigroschenoper" (1960) einen überragenden Erfolg feiern. Ebenfalls 1960 wurde er Professor an der Akademie der Künste, der er bereits seit zehn Jahren angehörte.

Am 10. Mai 1966 starb Erich Engel in Berlin.