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Veröffentlicht auf filmportal.de (https://www.filmportal.de)

Otto Hunte

Weitere Namen
Otto Joachim Gottlieb Hunte (Geburtsname)
Date of Birth
01/09/1881 - 12:00
Geburtsort
Hamburg
Sterbedatum
12/28/1960 - 12:00
Sterbeort
Potsdam-Babelsberg
Biografie

Otto Hunte wurde am 9. Januar 1881 als Sohn eines Bildhauers in Hamburg geboren. Er besuchte die Hamburger Kunstgewerbe-Schule und arbeitete anschließend ab 1900 zunächst als Theaterdekorationsmaler für die Berliner Firma Hartwig & Co. Seine erste Arbeit als Filmarchitekt waren die Bauten für "Die Spinnen" (1919) des Regisseurs Fritz Lang.

Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem Hunte von 1914 bis 1918 Frontdienst leistete, arbeitete er in Festanstellung für die Produktionsfirma von Regisseur Joe May. Im Zuge dieser Zusammenarbeit fertigte er die Bauten für Mays Siebenteiler "Die Herrin der Welt" (1921) und für den Zweiteiler "Das indische Grabmal" (1921) an. Zudem war Hunte einer der Gründer der Filmstadt Woltersdorf bei Berlin, die im Auftrag von Joe May unter der künstlerischen Leitung von Martin Jacoby-Boy entstand.

Zeitgleich, von 1919 bis 1929, war Hunte auch regelmäßiger Mitarbeiter im Ufa-Team des Regisseurs Fritz Lang und entwarf die Bauten zu "Das wandernde Bild" (1920), "Dr. Mabuse, der Spieler" (1921/1922), "Die Nibelungen" (1924), "Metropolis" (1926), "Spione" (1928) und "Frau im Mond" (1929). Für die imaginäre Welt bei "Die Nibelungen" (1922-24) entwarf er unter anderem einen künstlichen Wald mit neun Meter hohen Bäumen und einen 21 Meter langen, beweglichen Drachen. Bei den einzelnen Umgebungen innerhalb der Geschichte ließ Hunte sich von diversen architektonischen Stilen verschiedenster Epochen inspirieren.

Bei "Metropolis" war er der Leiter des kreativen Arbeitsteams. Für die Realisierung der Kulisse der gigantischen Zukunftsstadt bediente sich Hunte des sogenannten Schüfftan-Verfahrens, ein Kamera-Spiegeltrick, der es ermöglicht, reale Personen und Objekte mit Modellen zu kombinieren. Der im Film 500 Meter hohe "neue Turm Babel" konnte dadurch als Miniaturmodell angefertigt und mittels Tricktechnik zusammen mit weiteren Gebäudekulissen hinter den real groß dargestellten Verkehr gesetzt werden. Für die Szene einer Wasserkatastrophe wurde ein von Hunte gebautes, 1600 Kubikmeter fassendes Staubecken eingesetzt.

"Metropolis" steht in gewisser Weise exemplarisch für Huntes gestalterischen Stil, der sich durch Opulenz, atmosphärische Raumwirkungen und dynamisierte Licht- und Schattensetzungen auszeichnete, aber auch durch stets wiederkehrende Motive wie Treppen, Torbögen, Säulen und Türme.

1929 markierte Josef von Sternbergs "Der blaue Engel" den ersten Tonfilm in Huntes Karriere. Die Herausforderung bestand dabei vor allem aus der neu zu beachtenden Akustik der Kulisse und der Dekorationen. Sternberg wollte anfänglich Hunte nicht als Architekten beschäftigen, woraufhin die Ufa-Leitung ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur in Frage stellte – was nicht zuletzt Huntes herausgehobener Stellung bei der Ufa geschuldet war.

Um den neuen Anforderungen der Akustik gerecht zu werden, arbeitete Hunte beim noch jungen Tonfilm teilweise mit gezielt schalldämpfenden Materialien sowie andererseits auch mit massiven, statt kulissenhaften Bauten. Bei "Die drei von der Tankstelle" führte diese Herangehensweise zum Nachbau einer transportfähigen Tankstelle. Sie wurde zunächst zur ungestörten Aufnahme der Dialogszenen im Filmstudio aufgebaut und anschließend für die Außenaufnahmen zu einer Landstraße transportiert. Für Karl Hartls Film "Gold" (1934) entwarf Hunte eine futuristische Maschine, die Jahre später von den Alliierten zunächst für eine atomare Anlage gehalten wurde.

Während der NS-Zeit war Otto Hunte, der ab 1938 auch an der Deutschen Filmakademie lehrte, bei insgesamt 30 Filmen für das Szenenbild verantwortlich. Acht davon wurden mit in Kraft treten der alliierten Militärzensur im Jahr 1945 verboten. Der antisemitische Propagandafilm "Jud Süß" von Veit Harlan und der englandfeindliche Propagandafilm "Anschlag auf Baku" (1942) von Fritz Kirchhoff sind bis heute als Vorbehaltsfilme eingestuft und dürfen nur unter bestimmten Auflagen zur Aufführung kommen.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde Hunte vielfach für seine Beteiligung an Propagandafilmen des Regimes kritisiert, deren hetzerische Inhalte und Aussagen ihn nicht zu tangieren schienen. Manchen Kritikern Huntes galt es dabei als Zeichen seines Opportunismus, dass er es in der Weimarer Republik, während der NS-Zeit und in der Nachkriegszeit gleichermaßen gut verstand, sich an die politischen Gegebenheiten anzupassen und nahtlos weiterzuarbeiten. Als Hunte 1946 in einer Zeitung über seine Bauten für den ersten deutschen Nachkriegsfilm, Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns", berichtete, sprach er lediglich die Materialfrage im zerstörten Deutschland an und blendete die inhaltlichen Aspekte des NS-kritischen Films komplett aus. Der Filmwissenschaftler Alfons Arns beschrieb Hunte in diesem Zusammenhang als zu stark fokussiert auf sein kreatives Arbeiten, ohne das jeweilige Filmwerk in seinen gesellschaftlichen Bedeutungen zu reflektieren.

Der Berliner Schwarzmarkt-Krimi "Razzia" (1947) unter der Regie von Werner Klingler wurde schließlich Huntes letzte Arbeit für den Film. 1947 zog er sich aus dem Filmgeschäft zurück. Am 28. Dezember 1960 starb Otto Hunte im Alter von 79 Jahren in Babelsberg/Steinstücken. Auf Grund seiner Arbeiten für Fritz Lang gilt er heute als der vielleicht bedeutendste Architekt der Ufa in den zwanziger und dreißiger Jahren.

Im Jahr 1990 erwarb das Deutsche Filmmuseum Frankfurt ein Konvolut von 104 Originalentwürfen Huntes. 1997 widmete ihm das Filmmuseum gemeinsam mit dem Szenenbildner Hans Poelzig und dem Architekten und Drehbuchautoren Walter Reimann eine Sonderausstellung mit dem Titel: "Hunte, Poelzig, Reimann – klassische deutsche Filmarchitektur".

Autorin: Sonia Hamann

Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.

 
Filmography
1946/1947
Razzia
  • Bauten
1946
Die Mörder sind unter uns
  • Bauten
  • Bauten Sonstiges
1945
Der Scheiterhaufen
  • Bauten
1944/1945
Der Mann, dem man den Namen stahl
  • Bauten
1944/1948
Eine alltägliche Geschichte
  • Bauten
1943
Ein glücklicher Mensch
  • Bauten
1943
Herr Sanders lebt gefährlich
  • Bauten
1942/1943
Altes Herz wird wieder jung
  • Bauten
1940-1942
Anschlag auf Baku
  • Bauten
1942
Die Entlassung
  • Bauten
1940/1941
...reitet für Deutschland
  • Bauten
1940
Jud Süß
  • Bauten
1937-1939
Streit um den Knaben Jo
  • Bauten
1938/1939
Mann für Mann
  • Bauten
1939
Fräulein
  • Bauten
1939
Das Lied der Wüste
  • Bauten
1937/1938
L'Étrange M. Victor
  • Bauten
1937/1938
Frau Sylvelin
  • Bauten
1938
Am seidenen Faden
  • Bauten
1937
Der Mann, der Sherlock Holmes war
  • Bauten
1936/1937
Die Kronzeugin
  • Bauten
1936/1937
Die Kreutzersonate
  • Bauten
1936
Stadt Anatol
  • Bauten
1935/1936
Donogoo
  • Bauten
1936
Boccaccio
  • Bauten
1936
Puits en flammes
  • Bauten
1935/1936
Donogoo Tonka. Die geheimnisvolle Stadt
  • Bauten
1935
Mach' mich glücklich
  • Bauten
1935
Le domino vert
  • Bauten
1935
Der grüne Domino
  • Bauten
1935
Les epoux célibataires
  • Bauten
1934
Liebe, Tod und Teufel
  • Bauten
1934
Die englische Heirat
  • Bauten
1934
Herr Kobin geht auf Abenteuer
  • Bauten
1933/1934
Gold
  • Bauten
1934
Le diable en bouteille
  • Bauten
1934
L'Or
  • Bauten
1934
Ich sing mich in Dein Herz hinein
  • Bauten
1933
Der Stern von Valencia
  • Bauten
1933
Heideschulmeister Uwe Karsten
  • Bauten
1933
L'étoile de Valencia
  • Bauten
1932/1933
Eine Tür geht auf
  • Bauten
1932
Ich bei Tag und Du bei Nacht
  • Bauten
1932
Der Orlow
  • Bauten
1932
Moderne Mitgift
  • Bauten
1931/1932
L'amour en vitesse
  • Bauten
1931/1932
Unter falscher Flagge
  • Bauten
1932
Early to Bed
  • Bauten
1932
A moi le jour, à toi la nuit
  • Bauten
1932
Das Mädel vom Montparnasse
  • Bauten
1931/1932
Die Vier vom Bob 13
  • Bauten
1930/1931
Dactylo
  • Bauten
1931
...und das ist die Hauptsache
  • Bauten
1931
Hurrah - ein Junge!
  • Bauten
1931
Um eine Nasenlänge
  • Bauten
1930/1931
Die Privatsekretärin
  • Bauten
1930
Die Drei von der Tankstelle
  • Bauten
1929/1930
The Blue Angel
  • Bauten
1929/1930
Der blaue Engel
  • Bauten
1930
Le chemin du paradis
  • Bauten
1928/1929
Frau im Mond
  • Bauten
1927/1928
Spione
  • Bauten
1927
Die Liebe der Jeanne Ney
  • Bauten
1925/1926
Metropolis
  • Bauten
1922-1924
Die Nibelungen. 2. Teil: Kriemhilds Rache
  • Bauten
1922-1924
Die Nibelungen (2 Teile)
  • Bauten
1922-1924
Die Nibelungen. 1. Teil: Siegfried
  • Bauten
1921/1922
Dr. Mabuse, der Spieler II: Inferno. Ein Spiel von Menschen unserer Zeit
  • Bauten
1921/1922
Dr. Mabuse, der Spieler (2 Teile)
  • Bauten
1921/1922
Dr. Mabuse, der Spieler I: Der große Spieler. Ein Bild der Zeit
  • Bauten
1921
Das indische Grabmal, Teil 2 - Der Tiger von Eschnapur
  • Bauten
1921
Das indische Grabmal (2 Teile)
  • Bauten
1921
Das indische Grabmal, Teil 1 - Die Sendung des Yoghi
  • Bauten
1920/1921
Der Leidensweg der Inge Krafft
  • Bauten
1920/1921
Junge Mama. 5 lustige Akte
  • Bauten
1920-1921
Die Frauen vom Gnadenstein
  • Bauten
1920
Das wandernde Bild
  • Bauten
1919/1920
Die Spinnen (2 Teile)
  • Bauten
1919/1920
Die Spinnen. 2. Teil: Das Brillantenschiff
  • Bauten
1919/1920
Die Herrin der Welt, Teil 8 - Die Rache der Maud Fergusson
  • Bauten
1919/1920
Die Herrin der Welt, Teil 7 - Die Wohltäterin der Menschheit
  • Bauten
1919/1920
Die Herrin der Welt, Teil 6 - Die Frau mit den Milliarden
  • Bauten
1919/1920
Die Herrin der Welt, Teil 5 - Ophir, die Stadt der Vergangenheit
  • Bauten
1919
Die Herrin der Welt, Teil 4 - König Makombe
  • Bauten
1919
Die Herrin der Welt, Teil 3 - Der Rabbi von Kuan-Fu
  • Bauten
1919
Die Herrin der Welt, Teil 2 - Die Geschichte der Maud Gregaards
  • Bauten
1919
Die Herrin der Welt, Teil 1 - Die Freundin des gelben Mannes
  • Bauten
1919
Die Spinnen. 1. Teil: Der goldene See
  • Bauten
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