Bernhard Wicki
Bernhard Wicki, geboren am 28. Oktober 1919 in St. Pölten, Österreich, und aufgewachsen in Wien, gehörte ab seinem 12. Lebensjahr einer linksorientierten Gruppe der "Bündischen Jugend" an. 1938 absolvierte er sein Abitur im schlesischen Bad Warmbrunn und besuchte im Anschluss die Schauspielschule des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin. Aufgrund seiner Aktivitäten in der Jugend-Malklasse am Bauhaus Dessau wurde er denunziert und saß 1938/39 im KZ Sachsenhausen ein. Nach seiner Entlassung erhielt er Stadtverbot für Berlin.
1939 besuchte er mit seinen gerade mal 19 Jahren das Max-Reinhardt-Seminar in Wien und gab ein Jahr später sein Bühnendebüt am Schönbrunner Schlosstheater. Ebenfalls 1940 spielte er seine erste, winzige Filmrolle als Statist in Gustav Ucickys "Der Postmeister". In den folgenden Jahren spielte und inszenierte er an Theatern in Bremen, Zürich und Basel sowie 1943 bei den Salzburger Festspielen. Während seiner Zeit in Zürich lernte Wicki den Dramatiker Friedrich Dürrenmatt kennen – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. 1950 erhielt er ein Engagement an den Staatstheatern München, wo er auch erfolgreich als Fotograf tätig war.
Sein Debüt als Filmschauspieler gab Wicki 1950 mit einer Rolle in "Der fallende Stern" von Harald Braun. In den 1950er Jahren avancierte er zu einem der großen Charakterdarsteller des deutschen Kinos. Zu seinen wichtigsten Filmen dieser Zeit gehören unter anderen Helmut Käutners "Die letzte Brücke" (1954), in dem er als jugoslawischer Partisanenführer zu sehen ist, Rudolf Jugerts Fontane-Verfilmung "Rosen im Herbst (1955) und G. W. Pabsts "Es geschah am 20.Juli" (1955), in dem er den Hitler-Attentäter Stauffenberg verkörperte.
Nach einem Regie-Volontariat bei Helmut Käutners "Monpti" (1957) gab Wicki 1958 sein Regie-Debüt mit "Warum sind sie gegen uns?". Das Jugenddrama wurde 1959 mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch als Regisseur gelang ihm 1959 mit dem vielfach ausgezeichneten, Bundesfilmpreis- und Golden-Globe-prämierten sowie Oscar-nominierten Antikriegsfilm "Die Brücke". In für seine Zeit ungewöhnlich kompromissloser Weise, in schonungslos realistischen Bildern erzählt der Film vom Schicksal einer Gruppe von Schülern, die in den letzten Kriegstagen eine unbedeutende Brücke gegen die heranrückenden Amerikaner verteidigen sollen.
Auch seine nächste Regiearbeit, die Wirtschaftswunder-Satire "Das Wunder des Malachias" (1961) wurde unter anderem mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet. Mit den deutschen Episoden des monumentalen Kriegsfilms "Der längste Tag" (1962) über die Landung der Alliierten in der Normandie am "D-Day" 1944, der Dürrenmatt-Adaption "Der Besuch" (1964) und dem Agentenfilm "Morituri" (1965) inszenierte er danach auch internationale (Ko-)Produktionen, bei denen er mit Stars wie Anthony Quinn und Marlon Brando zusammenarbeitete.
In den 1970er Jahren realisierte Wicki die Fernsehfilme "Karpfs Karriere" (1971), "Das falsche Gewicht" (1971) und die Dokumentation "Curd Jürgens – Der Filmstar, der vom Theater kam" (1977). Sein einziger Kinofilm dieser Dekade war "Die Eroberung der Zitadelle"(1975-77), eine Verfilmung der Novelle von Günter Herburger, die ebenfalls einen Bundesfilmpreis erhielt. 1976 erhielt Wicki ein Filmband in Gold für sein "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film".
Neben seiner Regietätigkeit arbeitete Wicki weiterhin als Schauspieler in Filmen unter anderen von Peter Schamoni, Rainer Werner Fassbinder, Hans W. Geissendörfer, Andrzej Wajda und Wim Wenders. Außerdem fungierte als Sprecher und Regisseur bei der Synchronisation ausländischer Filme – so zeichnete er 1973 für die meisterhafte Synchronisation von William Friedkins "Der Exorzist" verantwortlich (die allerdings für den "Director's Cut" im Jahr 2001 ersetzt wurde).
Nach dem ebenfalls Bundesfilmpreis-gekrönten Kinofilm "Die Grünstein-Variante" (1985) inszenierte Wicki den TV-Film "Sansibar oder Der letzte Grund" (1987) nach Alfred Andersch. Die antifaschistische Joseph-Roth-Verfilmung "Das Spinnennetz" (1989; Bundesfilmpreis 1990) war Bernhard Wickis letzte Regiearbeit.
Am 5. Januar 2000 starb Bernhard Wicki in seiner Wahlheimat München. Ein Jahr später wurde in München der Bernhard Wicki Gedächtnis Fonds gegründet, der seit 2002 den Bernhard-Wicki-Filmpreis – Die Brücke als "Friedenspreis des deutschen Films" vergibt. Ein weiterer Bernhard-Wicki-Filmpreis wird bereits seit 2000 im ostfriesischen Emden verliehen. Bernhard Wicki unterstützte von Beginn an das 1990 erstmals veranstaltete Internationale Filmfest Emden-Norderney.