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Alle Fotos (57)Biografie
Sandra Hüller wurde 1978 im thüringischen Suhl geboren. Zwischen 1996 und 2000 absolvierte sie eine Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin, von 1999 bis 2001 spielte sie am Theaterhaus Jena. Nach einem Engagement am Schauspielhaus Leipzig wechselte Hüller 2002 an das Theater Basel, wo sie u.a. in den Inszenierungen von "Faust I", "Romeo und Julia", "Wie es euch gefällt" und "Das goldene Vlies" mitwirkte. 2003 wurde Sandra Hüller von Theater Heute als "Nachwuchsschauspielerin des Jahres" ausgezeichnet.
Nach Auftritten in einigen Kurzfilmen – "Nicht auf den Mund" (Regie: Kathrin Feistl), "Kleine Schwester" (Regie: Thomas Adamicka) und "Kühe lächeln mit den Augen" (Regie: Johanna Icks) – markierte das auf einem realen Fall basierende Drama "Requiem" von Hans-Christian Schmid ihr Spielfilmdebüt. Für die Verkörperung der psychisch labilen Studentin Michaela, die das Opfer eines religiösen Exorzismus wird, erhielt Sandra Hüller 2006 den Bayerischen Filmpreis als Beste Nachwuchsdarstellerin, bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin wurde sie für die Rolle mit dem Silbernen Bären als Beste Darstellerin ausgezeichnet. Beim Deutschen Filmpreis 2006 erhielt Hüller schließlich auch den Preis als Beste Darstellerin.
Trotz dieser Erfolge konzentrierte Hüller sich in den folgenden Jahren vor allem auf ihre Theaterarbeit. Daneben trat sie jedoch immer wieder in ambitionierten Kurz- und Langfilmen auf. So etwa in dem preisgekrönten Familiendrama "Madonnen" (2007), der Filmbiografie "Fräulein Stinnes fährt um die Welt" (2008) oder dem Historienepos "Henri 4" (2010). In Nanouk Leopolds psychologischem Drama "Brownian Movement" (2010) sah man sie als Krankenhausärztin, die sich gezielt auf Affären mit ihren Patienten einlässt; in Jan Schomburgs Beziehungsstudie "Über uns das All" (2011) als Frau, deren Leben durch den völlig überraschenden Selbstmord ihres Partners aus den Fugen gerät. Für die letzteren beiden Rollen wurde Sandra Hüller mit einem Schauspiel-Sonderpreis beim Ludwigshafener Festival des deutschen Films 2011 ausgezeichnet. Weitere Auszeichnungen für "Über uns das All" folgten, darunter mehrere internationale Festivalpreise und der Preis der deutschen Filmkritik. 2012 erhielt sie für ihre darstellerische Leistung eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis.
Hüller, die ihre Arbeit vor der Kamera einmal als Flirt und Theater als ihre große Liebe bezeichnet hat, war zudem weiterhin auf der Bühne erfolgreich: Für ihre Rolle in Elfriede Jelineks "Die Straße. Die Stadt. Der Überfall." (2012), dem Jubiläumsstück der Münchner Kammerspiele, zu deren Ensemble sie von 2012 bis 2015 gehörte, erhielt sie den 3sat-Preis beim Berliner Theatertreffen 2012 und wurde außerdem 2013 von Theater Heute zur Schauspielerin des Jahres gekürt.
2013 war sie auch auf der Leinwand präsent: In Frauke Finsterwalders mehrfach ausgezeichnetem "Finsterworld" gab sie eine neurotische TV-Dokumentarfilmerin auf verzweifelter Suche nach Authentizität – und erhielt dafür den Deutschen Filmpreis für die Beste weibliche Nebenrolle. In der zweiteiligen Kinderbuchverfilmung "Pinocchio" (2013, TV) verkörperte sie den bösen Fuchs.
2013/14 arbeitete die Schauspielerin in "Vergiss mein Ich" erneut mit Jan Schomburg zusammen. Darin hatte sie eine tragende Rolle als Freundin einer Frau, die durch eine Erkrankung ihr Gedächtnis verliert. Außerdem spielte sie in Jessica Hausners "Amour Fou" mit, der 2014 in der Cannes-Reihe "Un Certain Regard" Premiere feierte.
Begeisterte Kritiken erhielt Hüller für ihre Hauptrolle in Maren Ades "Toni Erdmann" (2016). Sie spielte darin eine disziplinierte Unternehmensberaterin, die in Bukarest von ihrem kauzigen Vater besucht wird, der in einer skurrilen Aufmachung mit Perücke und falschem Gebiss ihr Karriereleben aus dem Gleichgewicht bringt. Im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes avancierte "Toni Erdmann" zum absoluten Publikums- und Kritikerliebling. Er wurde mit dem FIPRESCI-Preis als Bester Film im Wettbewerb ausgezeichnet und startete im Juli 2016 in den deutschen Kinos. Für ihre Rolle in dem in den folgenden Monaten noch vielfach preisgekröntem Film erhielt Hüller unter anderem den Bayerischen Filmpreis, den Preis der deutschen Filmkritik und den Kritikerpreis beim Toronto International Film Festival. Auch beim Deutschen Filmpreis 2017 wurde sie als Beste Darstellerin ausgezeichnet.
Nach einer weiteren komödiantischen Rolle im dritten Teil von Bora Dagtekins Kassenhit "Fack Ju Göhte" spielte Hüller in Thomas Stubers im Wettbewerb der Berlinale 2018 vorgestellten lakonischen Supermarkt-Drama "In den Gängen" eine Angestellte aus der Süßwarenabteilung, in die sich der von Franz Rogowski verkörperte Protagonist verliebt – und wurde für ihre Darstellung erneut für den Deutschen Filmpreis (Beste weibliche Nebenrolle) nominiert. In Markus Gollers Roadmovie-Komödie "25 hm/h" (2018) sah man sie als heimliche Jugendliebe eines trauernden Mannes (Bjarne Mädel).
Daneben blieb Hüller stets auch als Bühnenschauspielerin aktiv. Ab 2018 hatte sie regelmäßige Engagements am Schauspielhaus Bochum. Dort wurde sie 2019 für ihre Darstellung der Penthesilea in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute zur Schauspielerin des Jahres gewählt. Im gleichen Jahr erhielt sie den Gertrud-Eysoldt-Ring für ihre Titelrolle in "Hamlet". 2020 wurde sie mit dem Theaterpreis Berlin ausgezeichnet und mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.
Auf der Berlinale 2020 liefen gleich zwei Filme mit Sandra Hüller: Im Panorama das Mobbing- und Rassismus-Drama "Exil" von Visar Morina und in der Perspektive Deutsches Kino das Mystery-Psychodrama "Schlaf" von Michael Venus. Leichtere Kost war die skurrile Komödie "Das schwarze Quadrat", für die Hüller im Frühjahr/Sommer 2020 vor der Kamera stand: darin geht es um zwei Kunstdiebe, die im Auftrag eines mysteriösen Sammlers das berühmte Malewitsch-Gemälde "Das schwarze Quadrat" stehlen. Der Film startete im November 2021 in den Kinos.
Bereits vorher, im März 2021, sah man Hüller auf der Berlinale in einer Nebenrolle von Maria Schraders Science-Fiction-Dramakomödie "Ich bin dein Mensch", deren regulärer Start im Juli '21 erfolgte. Außerdem gehörte sie in kleineren Rollen zu den Ensembles von Christian Schwochows "Munich - The Edge of War" ("München – Im Angesicht des Krieges", GB 2021) und Annika Pinskes bitterbösem Gesellschaftsporträt "Alle reden übers Wetter" (2022). Eine weitere Kino-Hauptrolle spielte Hüller in Frauke Finsterwalders "Sisi & ich" (2022) als Irma Gräfin von Sztáray, eine Hofdame der legendären Kaiserin Elisabeth.
Für großes internationales Aufsehen sorgte Hüller 2023 mit Hauptrollen in zwei weiteren Filmen: als unter Mordverdacht stehende Schriftstellerin in der französischen Produktion "Anatomie d’une chute" ("Anatomie eines Falls") und als Hedwig Höß, Ehefrau des KZ-Kommandanten Rudolf Höß, in der internationalen Koproduktion "The Zone of Interest" (US/UK/PL) des Briten Jonathan Glazer. Beide Filme feierten im Wettbewerb von Cannes Premiere, "Anatomie eines Falls" wurde mit der Goldenen Palme ausgezeichnet, "The Zone of Interest" mit dem Großen Preis der Jury. Hüller selbst erhielt beim Europäischen Filmpreis Nominierungen für beide Rollen – eine solche Doppel-Nominierung hatte es zuvor noch nie gegeben. Am Ende erhielt sie die Auszeichnung für "Anatomie eines Falls"; Anfang 2024 folgte für diese Rolle auch eine Oscar-Nominierung.
In Frankreich wurde sie 2024 für den Part zudem mit dem César und dem Prix Lumières ausgezeichnet. Bei den British Academy Film Awards 2024 erhielt Hüller eine weitere Doppel-Nominierung, diesmal als beste Haupt- ("Anatomie eines Falls") und Nebendarstellerin ("The Zone of Interest").
Leichterer Stoff als diese beiden sehr ernsten und düsteren Filme war "Zwei zu eins" (2024), Natja Brunckhorsts Tragikomödie über drei Freund*innen aus der DDR, die kurz nach der Wende ein Versteck mit Millionen an Ost-Mark finden und diese eintauschen wollen.