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Veröffentlicht auf filmportal.de (https://www.filmportal.de)

Kurt Böwe

Date of Birth
04/28/1929 - 12:00
Geburtsort
Reetz (Mark Brandenburg)
Sterbedatum
06/14/2000 - 12:00
Sterbeort
Berlin
Biografie

Kurt Böwe wurde am 28. April 1929 in Reetz, Mark Brandenburg, als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Er hatte sechs Geschwister, zwischen denen er wegen seines bereits mit sieben Jahren auftretenden Asthmas eine undankbare Position einnahm: "'Koodi japst wedder' als familiäre Dauer-Übermittlung über meinen Kopp weg", erzählte er später einmal, "ich also als im Familienverband mitzuschleppendes Objekt widriger Umstände, steckt mir noch heute in den Ohren."  

Womöglich auch wegen dieser Außenseiterrolle entwickelte Böwe als Jugendlicher ein großes Interesse am Theater und träumte von einer Schauspielkarriere. Der Vater erkannte die intellektuelle Begabung seines Sohnes und ermöglichte ihm den Besuch des Aufbaugymnasiums in Kyritz an der Knatter. Dort förderte sein Deutschlehrer die intensive Beschäftigung mit Literatur und Theater.

Nach dem Abitur bewarb Böwe sich 1949 für eine Schauspielausbildung am Deutschen Theater im damaligen Ost-Berlin (DDR) – studierte dann aber trotz Aufnahme lieber Germanistik und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität (1950-54). Direkt nach dem Staatsexamen arbeitete er bis 1960 als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Theaterwissenschaft, hielt Vorlesungen über Theatergeschichte und Dramaturgie und bereitete eine Dissertation über die soziale Stellung des Komödianten im 18. Jahrhundert vor. Daneben engagierte Böwe sich an der Studentenbühne, wo der Theatermacher Horst Schönemann sein schauspielerisches Talent erkannte. Tatsächlich erwachte Böwes Leidenschaft für die Schauspielerei erneut – und er brach seine akademische Laufbahn ab.

Schönemann engagierte ihn 1961 ans Berliner Maxim-Gorki-Theater, wo er nach seinem Debüt als Schufterle in Schillers "Die Räuber" vorwiegend in kleinen Rollen eingesetzt wurde. Daneben übernahm Böwe ab 1962 erste, meist kleinere Rollen in Fernseh- und Kinoproduktionen. Als Schönemann 1967 als Intendant zum Landestheater Halle wechselte, folgte Kurt Böwe ihm. In Halle stand er in zahlreichen Klassiker-Inszenierungen wie Gorkis "Die Kleinbürger", Goethes "Faust" und Brechts "Puntila" auf der Bühne.  

1973 kehrte Böwe mit Schönemann nach Berlin zurück, diesmal ans Deutsche Theater, in dessen Ensemble er zu einem der beliebtesten Schauspieler avancierte. Er spielte den Dr. Stockmann in Ibsens "Ein Volksfeind" (1975) und die Titelrollen in Kleists "Michael Kohlhaas" (1977) und Hauptmanns "Michael Kramer" (1978), um nur ein paar markante Rollen zu nennen. Besondere Aufmerksamkeit erregten auch seine Darstellungen in den Inszenierungen der experimentierfreudigen Regisseure Alexander Lang und Thomas Langhoff, etwa in Langhoffs "Maria Stuart" (1980) und Langs "Dantons Tod" (1981).

Zugleich kam Anfang der 70er-Jahre auch Böwes Film- und Fernsehkarriere richtig in Gang. Er spielte eine zentrale Rolle als Kriminalrat in dem Krimi "Leichensache Zernik" (DDR 1972) und hatte in Konrad Wolfs Künstlerporträt "Der nackte Mann auf dem Sportplatz" (1974) die Hauptrolle des bodenständigen, sensiblen Bildhauers Kemmel – ein Part, der ihn auch international bekannt machte. "Das war eine ziemlich schwere Rolle, diese Art von Zurückhaltung, Introvertiertheit", so Böwe in einem Interview 1989, "Das war die Position von Wolf selber, die ja mehr in der Reflexion lag als in der lauten Aktion. Aber das war auch für mich eine glückliche Möglichkeit, (...) meinen eigenen Kunst-Über-Willen zu bändigen, zu kanalisieren. Schauspieler müssen auch mal zur Disziplin gezwungen werden."  

In den nächsten Jahren verkörperte er oft historische Persönlichkeiten, etwa den dänischen Astronomen Tycho Brahe in "Johannes Kepler" (DDR 1974), den antifaschistischen Schriftsteller Erich Weinert in "Zwischen Nacht und Tag" (DDR 1975) oder den Berliner Zeichner Heinrich Zille in dem Fernsehspiel "Pinselheinrich" (DDR 1979). Böwe übernahm auch Rollen in den ersten Filmen von Ulrich Weiß, "Tambari" (DDR 1976) und "Blauvogel" (DDR 1979), die sich an ein junges Publikum richteten, wobei sie sich mit ihrer intensiven Filmsprache von den üblichen DEFA-Kinderfilmen abhoben.

In Rainer Simons Gesellschaftssatire "Zünd an, es kommt die Feuerwehr" (1978) gab er einen Gastwirt, in "Jadup und Boel" (1981) den jovialen Jadup, Bürgermeister einer altmärkischen Kleinstadt, der sich des Verlusts seiner Ideale bewusst wird. Der Film wurde zunächst verboten und kam erst 1988 zur Aufführung.

1982 hatte Böwe in Roland Gräfs "Märkische Forschungen" eine Hauptrolle als verschlagen-karrieresüchtiger Literaturprofessor, wobei es Böwe gelang, sogar dieser negativen Figur ambivalent-sympathische Züge zu verleihen. Der Film gilt bis heute als eine der interessantesten DEFA-Produktionen der 1980er Jahre und brachte den Hauptdarstellern Böwe und Hermann Beyer mehrere Auszeichnungen ein. In der skurrilen Satire "Automärchen" (1983) brillierte Böwe gar in einer Doppelrolle: als robust-bodenständiger Kfz-Mechaniker und als fahriges Gespenst namens "Automobil-Unglück", das Unfälle verursacht, welcher der Mechaniker zu verhindern versucht. In dem Coming-of-Age-Film "Ab heute erwachsen" (DDR 1985) war er der freundliche Vermieter der jungen Hauptfigur, in dem Kinderfilm "Der Junge mit dem großen schwarzen Hund" (DDR 1986) ein verschrobener Einsiedler, der einem Jungen und seinem Hund ein guter Freund wird.

Trotz solcher Kinoerfolge sah man Böwe – neben der Theaterarbeit im Ensemble des Deutschen Theaters – ab Mitte der 1980er-Jahre vor allem in Fernsehproduktionen. In dem 1987 ausgestrahlten Sechsteiler "Ankunft im Paradies" war er ein väterlicher Außenseiter, der für die Probleme der in einen Neubaublock eingezogenen Kinder Verständnis hat. In dem Fernsehspiel "Späte Ankunft" (DDR 1988) verkörperte er einen Arzt, der der Großstadt den Rücken gekehrt hat und in einer märkischen Kleinstadt das Vertrauen der einfachen Leute gewinnen muss.  

Eine bedeutende Kinorolle spielte er erst wieder nach dem Ende der DDR: In "Stilles Land", dem Kinodebüt von Andreas Dresen (1992) gab er den opportunistischen Intendanten eines DDR-Provinztheaters, der sich 1989 mit den sich verändernden politischen Verhältnissen konfrontiert sieht. Heute gilt "Stilles Land" als einer der besten "Wendefilme". Roland Gräf besetzte Böwe in dem Abenteuerfilm "Die Spur des Bernsteinzimmers" (1992) als pensionierten Kommissar und ehemaligen KZ-Häftling, der einen NS-Verbrecher aus der Schweiz nach Deutschland locken will.

In der Krimireihe "Polizeiruf 110" bildete Kurt Böwe ab 1994 (bis zu seinem Tod) zusammen mit Uwe Steimle ein Ermittlerduo in Schwerin: Böwe als ruhig-bodenständiger und schelmisch-humorvoller Kommissar Kurt Groth, der sich auf seine Erfahrungen und seine Menschenkenntnis verlässt, Steimle als sein junger, fahriger und technikgläubiger Vorgesetzter. Daneben übernahm Böwe praktisch keine anderen Rollen mehr, lediglich 1998 gehörte er zum Ensemble des Kinder-Vierteilers "Spuk aus der Gruft". Seine Rolle in "Polizeiruf 110" gab er schließlich aus gesundheitlichen Gründen an Henry Hübchen ab. Seine letzte Folge trug den Titel "Ihr größter Fall" (2000).

Am 14. Juni 2000 starb Kurt Böwe nach langer, schwerer Krankheit in Berlin; er wurde im märkischen Krumbeck/Priegnitz, wo er neben Berlin einen Wohnsitz hatte, beigesetzt. Seine Töchter Susanne (*1964) und Winnie (*1973), aus der Ehe mit der Hörspiel-Dramaturgin Heide Böwe, wurden ebenfalls Schauspielerinnen.

Filmography
1999/2000
Ihr größter Fall
  • Darsteller
1998/1999
Über den Dächern von Schwerin
  • Darsteller
1998/1999
Rasputin
  • Darsteller
1997/1998
Katz und Kater
  • Darsteller
1997/1998
Live in den Tod
  • Darsteller
1997/1998
Spuk aus der Gruft
  • Darsteller
1998
Die Brandenburger. Chronik eines Landes
  • Sprecher
1996
Über den Tod hinaus
  • Darsteller
1996
Der Fremde
  • Darsteller
1996
Die Gazelle
  • Darsteller
1995/1996
Gefährliche Küsse
  • Darsteller
1995
Alte Freunde
  • Darsteller
1994/1995
Taxi zur Bank
  • Darsteller
1994/1995
Über Bande
  • Darsteller
1993/1994
Kiwi und Ratte
  • Darsteller
1993/1994
Bullerjahn
  • Darsteller
1993
Der Biberpelz
  • Darsteller
1991/1992
Die Spur des Bernsteinzimmers
  • Darsteller
1991/1992
Stilles Land
  • Darsteller
1991
Die Sprache der Vögel
  • Darsteller
1991
Die verschwundene Miniatur
  • Darsteller
1988-1990
Marie Grubbe
  • Darsteller
1989/1990
In Berlin 16.10.89-4.11.89
  • Sprecher
1988/1989
Ein brauchbarer Mann
  • Darsteller
1988/1989
Verflixtes Mißgeschick!
  • Darsteller
1987/1988
Späte Ankunft
  • Darsteller
1965/1990
Berlin um die Ecke
  • Darsteller
1985/1986
Das Buschgespenst
  • Darsteller
1985/1986
Der Junge mit dem großen schwarzen Hund
  • Darsteller
1985/1986
Blonder Tango
  • Synchronsprecher
1985/1986
Ab heute erwachsen
  • Darsteller
1985
Die Zeit die bleibt. Ein Film über Konrad Wolf
  • Mitwirkung
1984/1985
Besuch bei Van Gogh - Ein utopischer Film
  • Darsteller
1984/1985
Gritta von Rattenzuhausbeiuns
  • Sprecher
1983/1984
Na, dann schickt ihn mal zum starken Gottlieb
  • Sprecher
1983
Rublak. Die Legende vom vermessenen Land
  • Darsteller
1984
Die vertauschte Königin
  • Darsteller
1984
Erinnerung an ein Gespräch
  • Sprecher
1982/1983
Es geht einer vor die Hunde
  • Darsteller
1982/1983
Automärchen
  • Darsteller
1982/1983
Das Luftschiff
  • Darsteller
1983
Film-Salabim
  • Mitwirkung
1982
Melanie van der Straaten
  • Darsteller
1981/1982
Märkische Forschungen
  • Darsteller
1980-1982
Hotel Polan und seine Gäste
  • Synchronsprecher
1981
Der Morgen
  • Sprecher
1980/1981
Asta, mein Engelchen
  • Darsteller
1980/1988
Jadup und Boel
  • Darsteller
1980/1981
Pugowitza
  • Darsteller
  • Synchronsprecher
1981
Der die Zeit beim Worte nahm - Martin Luther auf der Wartburg
  • Sprecher
1980
Puppen für die Nacht
  • Darsteller
1979/1980
Levins Mühle
  • Darsteller
1979
Als wär es eine Märchenstadt
  • Sprecher
1978/1979
Blauvogel
  • Darsteller
1978/1979
Tödliche Illusion
  • Darsteller
1977/1978
Der Übergang
  • Darsteller
1977/1978
Zünd an, es kommt die Feuerwehr
  • Darsteller
1976/1977
Tambari
  • Darsteller
1976/1977
Ottokar der Weltverbesserer
  • Darsteller
1976
Vorurteil?
  • Darsteller
1975/1976
Das Licht auf dem Galgen
  • Synchronsprecher
1976
Der Augenzeuge [Jg. 1976 / Nr. 020]: 30 Jahre DEFA / 30 Jahre Filmkunst im Auftrag der Arbeiterklasse (Erinnerungen an Filme und Filmschöpfer)
  • Mitwirkung
1973-1975
Sei sauber, wenn Du ankommst
  • Darsteller
1973-1975
Glück auf - Glück ab
  • Darsteller
1973-1975
Der Tischherr
  • Darsteller
1974/1975
Zwischen Nacht und Tag
  • Darsteller
1973/1974
Johannes Kepler
  • Darsteller
1973/1974
Mensch und Ozean
  • Sprecher
1973/1974
Der nackte Mann auf dem Sportplatz
  • Darsteller
1972/1973
Den Wolken ein Stück näher
  • Darsteller
1971/1972
Leichensache Zernik
  • Darsteller
1970/1971
Goya
  • Synchronsprecher
1969/1970
Der Königsmacher
  • Darsteller
1969/1970
Der gemachte Mann
  • Darsteller
1970
Leichensache Zernik
  • Darsteller
1968
Die Toten bleiben jung
  • Darsteller
1968
Leichenfund im Jagen 14
  • Darsteller
1967/1968
Ich war neunzehn
  • Darsteller
1964
Pension Boulanka
  • Darsteller
1964
Der Neue. Teil II
  • Darsteller
1963
Sonntagsfahrer
  • Darsteller
1962
Tote reden nicht
  • Darsteller
URL: https://www.filmportal.de/person/kurt-boewe_caa1f9fa9ed34d6d944dda1a88766833