Verband zur Wahrung gemeinsamer Interessen der Kinematographie und verwandter Branchen zu Berlin. Geschäftsbericht für 1918 (1919)
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Quelle: Jeanpaul Goergen |
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Im April 1914 gegründet, wollte der "Verband zur Wahrung gemeinsamer Interessen der Kinematographie und verwandter Branchen zu Berlin" laut Satzung seine Belange "gegenüber der Regierung, den Parlamenten und der Öffentlichkeit durch Eingaben und geeignete Propaganda" wahren und fördern. Am 4. September 1914 erfolgte der Eintrag in das Vereinsregister; vermutlich aufgrund interner Streitigkeiten wurde der Verband Anfang 1919 wieder aufgelöst.
Der im Druck erschienene "Geschäftsbericht für 1918", vorgelegt am 15. Januar 1919, spricht neben den "bewegten politischen Zeiten" (S. 3) auch die verbandsinternen Turbulenzen an. Vor allem durch den Kriegsausbruch habe die Arbeitsfähigkeit stark gelitten. Man sei aber stolz, gegen Kriegsende einen Verband zu haben, "der bei allen maßgebenden Stellen als einzige Vertretung der Gesamtbranche" (S. 4) gelte.
Der Tätigkeitsbericht des Verbands für das Jahr 1918 benennt zentrale Problemfelder der Filmwirtschaft. Abgewehrt wurde etwa der Vorschlag, Filmfabriken zusammenzulegen, um dem kriegsbedingten Mangel an Kohlen und Arbeitskräften zu begegnen. Stattdessen erreichte der Verband, dass die Betriebsdauer eingeschränkt und "die männlichen Arbeitskräfte in weitestem Umfange durch weibliche ersetzt" wurden.
Der Verband engagierte sich auch in Fragen der Filmausfuhr und -einfuhr etwa nach Belgien und in die Ukraine. Bezüglich der Filmzensur kritisierte er die Belastung durch die Filmgebührenordnung; so musste offenbar die Filmindustrie die Gehälter der Filmzensoren in vollem Ausmaß tragen. Es gelang aber nicht, für die Expressbeförderung von Filmen die Gepäckwagen der Schnellzüge zu nutzen. Dagegen erreichte man die Freigabe von 7.500 Kilogramm Stahl und Eisenblech, um die "herabgewirtschafteten Apparate" zu reparieren. Der Verband verhinderte zudem die Schließung von Kinos auf Grund der Kohlenknappheit: "Geringe Einschränkung der Spielzeit musste mit in Kauf genommen werden." (S. 9)
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Quelle: Jeanpaul Goergen |
Verbandsstempel. (BArch N_1275_491_0105) |
Mehrfach beschäftigte sich der Verband auch mit der Ufa und veröffentlichte eine Entschließung, die vor einer möglichen Bevorzugung des Unternehmens durch behördliche Stellen warnte. Er positionierte sich auch bei Fragen des Feuerschutzes, der Lustbarkeitssteuer und des Jugendschutzes, zu dem es unterschiedliche Bestimmungen gab. Eine Neureglung gab es auch bezüglich des Verbandsorgans "Der Film"; viele Diskussionen drehten sich um Satzungsänderungen und die Neuorganisation des Verbands.
Für die zahlreichen neuen Mitglieder enthält der Geschäftsbericht 1919 eine für die filmwissenschaftliche Forschung hilfreiche Übersicht über die Verbandsaktivitäten der Jahre 1914 bis 1917. Für das Jahr 1918 rechnete der Verband sich abschließend an, die mehrfach drohende Schließung der Kinos verhindert zu haben. Nicht zuletzt habe er einen großen Anteil an der "Anerkennung der Kinematographie, als einer Macht in der Öffentlichkeit, die eine günstige, ja glänzende Geschäftslage in allen durch den Verband vertretenen Gruppen herbeiführte." (S. 35)
Literatur:
Satzungen des Verbandes zur Wahrung gemeinsamer Interessen der Kinematographie und verwandter Branchen zu Berlin e.V., 4.9.1914 (BArch N 1275/58)
Einladung zur Sitzung des Gesamtausschusses, 28.1.1919 (BArch N 1275/491, Bl. 25)
Jeanpaul Goergen (Juni 2025)
Verband zur Wahrung gemeinsamer Interessen der Kinematographie und verwandter Branchen e.V. (Hg.): Geschäftsbericht 1918. Berlin: Reinhold Kühn 1919, 35 Seiten
Traub/Lavies: 1821
Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf: T 647/1918