Der nackte Mann auf dem Sportplatz

DDR 1973/1974 Spielfilm

Inhalt

Ein Film über den eigensinnigen Bildhauer Kemmel, seine Auffassung von Kunst und das Kunstverständnis der Betrachter. Ein Relief für ein Dorf war in einer Scheune gelandet, da niemand etwas damit anfangen konnte. Zwischen einem Arbeiter, der ihm nach viel Zureden für eine Porträtplastik Modell sitzt, und Kemmel entwickelt sich während der langen Sitzungen nach und nach eine eher spröde Beziehung, doch mit der Zeit versteht jeder etwas mehr von der anfangs sehr fremden Welt des anderen. Der Auftrag, eine Skulptur für einen Sportplatz in seinem Heimatdorf zu gestalten, schafft erneut Probleme. Kemmel gestaltet einen nackten Läufer, während das Dorf sich einen – natürlich bekleideten – Fußballer vorgestellt hatte.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Kemmel (Paraderolle für den Berliner Bühnen-Star Kurt Böwe) ist Künstler, Bildhauer. Und einer, der es weder sich noch anderen leicht macht. Etwa seiner Frau Gisi, obwohl die keinen geringeren, aber halt stilleren Anteil an der Künstlerehe hat. Oder dem Stuckateur Wilhelm, der in seiner Freizeit Holzfiguren schnitzt, die er dem „Profi“ Kemmel nicht ohne Stolz zeigt. Kemmel tut sich auch deshalb so schwer, weil er nun auf die Vierzig zugeht und damit allmählich in ein Alter kommt, dass man im Westen Midlife Crisis nennt. Wo man(n) gemeinhin Bilanz zieht – beruflich und privat.

Kemmel knabbert sehr daran, dass einige seiner Arbeiten keine Anerkennung finden. So ist ein Relief, das er im Auftrag eines Dorfes angefertigt hat, kurz vor dem offiziellen Einweihungstermin sang- und klanglos in einem Abstellraum verschwunden. Nachdem, wie die Vorsitzende der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft unumwunden zugibt, Parteikader aus dem Bezirk von fehlendem Schwung und Optimismus des Kunstwerks gesprochen haben.

Nun sucht Kemmel ein Modell für eine Porträtplastik, doch der ins Auge gefasste Hannes zeigt kein Interesse. Als er es sich dann doch noch anders überlegt, werden die stundenlangen Sitzungen im Atelier für beide, den Künstler wie sein Modell, einem Arbeiter, zum gegenseitig befruchtenden Erlebnis: Jeder erfährt etwas aus der ihm bisher fremden Welt des anderen. Dass darüber letztlich die bildhauerische Arbeit misslingt, spielt beinahe keine Rolle.

Kemmel erhält in Berlin Besuch aus seinem Heimatort. Eine Delegation bespricht mit ihm das Projekt eines Ehrenmals für „das“ Idol des heimischen Sportvereins, einen Torwart aus freilich vorsozialistischer Zeit. Kemmel nimmt den Auftrag, eine Skulptur für den Sportplatz zu schaffen, an. Die Überraschung nicht nur der Orts-Honoratioren, ist groß, als Kemmel sein Werk enthüllt: Die Figur stellt eher einen Leichtathleten als einen Fußballer dar – und ist auch noch gänzlich nackt!

Nach einer ersten Phase peinlicher Stille auf allen Seiten machen sich die Kritiker des Kunstwerks lauthals Luft. Aber Kemmel ist ein Dickschädel, gibt so leicht nicht auf, zumal nach den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit: Erst 'mal muss man sich an eine neue Sache gewöhnen, dann wirds schon gehen. Die Menschen, hat Kemmel erkannt, müssen sehen lernen. Und siehe da, das Verständnis wächst – übrigens auf allen Seiten. Am Ende geben ihm Bilder junger Menschen, die lachend am Denkmal des nackten Mannes posieren, recht...

Wolfgang Kohlhaase hat bei seinem für die Erich Honecker-DDR auch Mitte der 1970er Jahre noch brisanten Drehbuch zum Thema Kunst und Gesellschaft den Thüringer Bildhauer Werner Stötzer vor Augen gehabt, was sicherlich dazu beigetragen hat, das Skript zu erden – jenseits von sentimentaler Larmoyanz eines Unverstandenen oder gar einer intellektuell-überheblichen Künstler-Attitüde.

Und mehr noch: Die Rolle eines jungen, dynamischen Pfarrers, der in einer Gedenkrede an das verstorbene Fußballidol des Dorfes vom „religiösen Spielfeld“ spricht und damit zwischen den Zeilen den schmalen Freiraum anspricht, den der SED-Staat den Kirchen zubilligte, ist schon sehr bemerkenswert.

Konrad Wolf hat die Vorlage in eine episodisch-lockere und dabei höchst selbstironische Form gebracht, hochkarätig besetzt u.a. mit Ute Lubosch, Vera Oelschlegel, Katharina Thalbach, Ursula Werner sowie Thomas Langhoff und Dieter Mann.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Assistenz-Regie

Szenarium

Dramaturgie

Bau-Ausführung

Außenrequisite

Kostüme

Schnitt

Musik-Bearbeitung

Produktionsleitung

Länge:
2766 m, 101 min
Format:
Breitwand
Bild/Ton:
Eastman-Color, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 04.04.1974, Berlin, International

Titel

  • Originaltitel (DD) Der nackte Mann auf dem Sportplatz

Fassungen

Original

Länge:
2766 m, 101 min
Format:
Breitwand
Bild/Ton:
Eastman-Color, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 04.04.1974, Berlin, International