Niklaus Schilling verstorben

Am 6. Mai ist der Regisseur, Kameramann und Autor Niklaus Schilling überraschend im Alter von 72 Jahren in Berlin verstorben.

Niklaus Schilling zählte zu den wichtigsten deutschen Filmemachern der 1970er bis 1990er Jahre. Geboren am 23. April 1944 in Basel als Sohn eines Bankbeamten, besuchte er zunächst eine Kunstgewerbeschule und absolvierte in einem Kaufhaus eine Lehre zum Dekorateur. In dieser Zeit drehte der begeisterte Kinogänger bereits erste eigene experimentelle Kurzfilme. Nach einer Anstellung bei einer Industrie- und Werbefilm-Produktion und der Mitarbeit als Kameraassistent und Kameramann bei diversen Fernsehreportagen zog Schilling 1965 nach München, wo er zur so genannten "Münchner Gruppe" stieß. Bei zahlreichen Werken von Klaus Lemke, Rudolf Thome, Marran Gosov, May Spils und Jean-Marie Straub war er in den folgenden Jahren für die Bildgestaltung zuständig, meist gemeinsam mit Hubs Hagen. Schilling war dabei für die Lichtsetzung verantwortlich, Hagen für die Kameraführung, beispielsweise bei so bekannten Werken wie Lemkes "48 Stunden bis Acapulco" (1967), Thomes "Detektive" (1968) oder Spils' "Nicht fummeln, Liebling" (1970).

Sein Spielfilm-Debüt als Regisseur folgte 1971 mit der schwarzromantischen Phantasie "Nachtschatten", den die Schauspielerin Elke Haltaufderheide ohne jegliche Fördermittel produzierte und den Schilling selbst in den Verleih brachte. Elke Haltaufderheide produzierte mit ihrer Firma Visual Film auch alle folgenden Filme Schillings, war an der Stoffentwicklung beteiligt und trat immer wieder als Schauspielerin in ihnen auf, so in seinem zweiten Film "Die Vertreibung aus dem Paradies" (1977), der im Wettbewerb der Berlinale gezeigt wurde, und in seiner mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichneten Kombination aus Liebesdrama und Thriller "Rheingold" (1978). Auch seine Tragikomödie "Der Willi-Busch-Report" von 1979 über einen Verleger (Tilo Prückner), der seine provinzielle Zeitung mit aufgebauschten Meldungen vor dem Ruin retten will, wird preisgekrönt: 1980 erhält sie in Saarbrücken den Max-Ophüls-Preis.

Niklaus Schilling experimentierte ab 1981 intensiv mit den Möglichkeiten von Videotechnik für den Einsatz bei Kinofilmen. 1983 drehte er auf Video den Film "Die Frau ohne Körper und der Projektionist" (1984) und reflektierte darin auch inhaltlich das Verhältnis von "alten" und "neuen" Medien. Die Dreharbeiten dokumentierten Christian Bauer und Jörg Bundschuh in "Abschied vom Zelluloid".

Nach den Filmen "Dormire" (1985) über die schicksalhafte Begegnung zweier Frauen (Sunnyi Melles und Sabina Trooger) und dem vielschichtigen experimentellen Drama "Der Atem" (1989) nach einer Erzählung von Herbert W. Franke drehte Schilling mit "Deutschfieber" den "2. Teil des Willi-Busch-Reports", angesiedelt nach dem Fall der Mauer und abermals mit Tilo Prückner in der Hauptrolle. "Die blinde Kuh" (1996), sein letzter Spielfilm, erzählt die Geschichte einer Verschwörung um geheimnisvolle Störsignale im Fernsehen.

Niklaus Schilling starb vergangenen Freitag in der Berliner Charité.

Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filminstituts/Deutschen Filmmuseums in Frankfurt sagte: "Wir verlieren in ihm einen treuen Freund und Wegbegleiter, der unserem Haus seit Jahrzehnten verbunden war." Bereits in den neunziger Jahren übergab Niklaus Schilling Produktionsunterlagen, Akten, Requisiten sowie die Negative zu seinen Filmen zur Aufbewahrung und wissenschaftlichen Auswertung dem Archiv des Museums. In den letzten beiden Jahren wurden gemeinsam mit "Rheingold" und "Der Willi-Busch-Report" zwei seiner wichtigsten Werke digitalisiert. "In diesem Jahr", so Claudia Dillmann, "wollten wir mit Niklaus Schilling gemeinsam seinen Film 'Deutschfieber' digitalisieren. Seine Liebenswürdigkeit, sein Humor und sein kollegialer Rat werden uns fehlen."