Christian Petzold mit Friedrich Wilhelm Murnau Filmpreis ausgezeichnet

Die Gesellschaft zur Verleihung des Bielefelder Friedrich Wilhelm Murnau Filmpreises hat ihre Auszeichnung 2017 an Christian Petzold verliehen.

Der international renommierte Film- und Fernsehregisseur nahm den einstimmig von der Jury vergebenen Preis am 2. Juli entgegen. Die Preisverleihung im Bielefelder Theater am Alten Markt vor geladenen Gästen mit einem Empfang stand unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters der Stadt Bielefeld, Pit Clausen. Der Preisträger Christian Petzold trug sich in das Goldene Buch der Stadt; sein Film "Wolfsburg" wurde vorgeführt.

Christian Petzold, 1960 in Hilden geboren und aufgewachsen in Haan bei Düsseldorf, gilt als einer der eigenwilligsten Autorenfilmer und genießt weit über Deutschland hinaus hohes Renommee. 14 Filme – darunter sieben für das Fernsehen – und 21 Preise markieren ein Werk, das in vielen Gattungen zu Hause ist und nicht nur damit Petzolds filmischem Vorbild Friedrich Wilhelm Murnau nahekommt.

Mit dem Fernsehfilm "Pilotinnen" begann 1995 Petzolds Karriere nach einem Studium an der dffb, Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin. Sein erster Kinofilm "Die innere Sicherheit" aus dem Jahr 2002 trug ihm den Preis der Deutschen Filmkritik ein. Dieser ursprünglich mit "Gespenster" betitelte Film wurde zum ersten Teil der als Gespenster- Trilogie bekannten Reihe, dem 2005 "Gespenster" und 2007 "Yella" folgten. Die Konstellationen der Figuren, die von "Gespenstern" aus der Vergangenheit wie Schachfiguren geschoben werden, erinnern an Murnaus Materialisationen des Unbewussten in Filmen wie "Nosferatu" und "Phantom".

Dass Petzold das "Gespenster"-Phänomen nicht loslässt, bezeugt sein 2014 gedrehter Film "Phoenix" mit Nina Hoss in der Hauptrolle als Wiedergängerin. Mit seinen filmischen Anleihen an Hitchcocks "Vertigo – Aus dem Reich der Toten" und Georges Franjus "Le yeux sans visage" zeigt sich Petzold als Bewunderer und Kenner der US-amerikanischen wie der europäischen Filmgeschichte. "Phoenix" war seine letzte gemeinsame Arbeit mit dem Regisseur und Autor Harun Farocki bis zu dessen plötzlichem Tod 2014. Mit ihm, seinem ehemaligen Lehrer an der dffb, hatte Petzold über 20 Jahre eng zusammengearbeitet. Petzold verankert seine Untersuchungen der Psyche in den sich verändernden politischen Konstellationen Deutschlands, im Historischen und im Unbewussten. Als ebenbürtige schauspielerische Partnerin übernahm Nina Hoss in sechs Filmen die Hauptrolle. "Nirgendwo bin ich zuhause" schrieb der Namensgeber des Bielefelder Filmpreises Friedrich Wilhelm Murnau seiner Mutter in Deutschland aus der Südsee. Nicht mehr ankommen zu können ist auch Thema Petzolds in seinem Film "Jerichow" aus dem Jahr 2008, in dem ein aus Afghanistan heimkehrender Soldat seine Heimat als Fremde erfährt. Mit "Barbara" und "Phoenix" begibt sich Petzold in den Jahren 2012 und 2014 auf die Reise in die DDR- und Nazi-Vergangenheit. Statt glattpolierter Oberflächlichkeit geht es ihm immer um die intellektuelle Tiefenbohrung.

Im Jahr 1988, zum hundertsten Geburtstag des in Bielefeld geborenen Filmregisseurs von Weltruf Friedrich Wilhelm Murnau, erstmals vergeben, ging der Friedrich Wilhelm Murnau Filmpreis zunächst an Eric Rohmer, Wim Wenders, Henri Alekan, Herbert Achternbusch, Jacques Rivette und Werner Herzog. Nach einer Pause ermöglichten die Partner der Kanzlei Streitbörger Speckmann im Jahr 2010 einen Neustart. Erste, gemeinsame Träger des dann wieder vergebenen Preises waren die Kamerafrau und Filmemacherin Elfi Mikesch und der Film- und Opernregisseur Werner Schroeter. Im Jahr 2012 ging die Auszeichnung an den finnischen Regisseur Aki Kaurismäki, 2014 erhielt sie die belgische Filmemacherin Chantal Akerman.

Quelle: www.murnaufilmpreis.de