Inhalt
Der Kriegsberichterstatter Georg Laschen ist im Libanon im Einsatz. Jede Nacht ist er mit seinem Fotografen in den Ruinen von Beirut unterwegs. In seiner Arbeit ist der abgeklärte Laschen hin- und hergerissen zwischen latenter Todessehnsucht und der Faszination für das brodelnde Leben in der orientalischen Metropole. Eines Tages lernt er Ariane kennen, eine arabische Angestellte der deutschen Botschaft. Durch sie verändert sich sein Blick auf das Land, aber auch auf sein Leben und seine Arbeit.
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Wobei er sich zunächst auf die Seite der christlichen Falangisten begibt vor dem Hintergrund, die Grausamkeiten ihrer Bürgerkriegsführung zu schildern und sie damit vor der – naturgemäß ebenfalls christlichen - deutschen Öffentlichkeit bloßzustellen. Insgeheim hält er es mit den Palästinensern. Aber als er Augenzeuge eines furchtbaren Massakers wird, bei dem sich Libanesen wahllos selbst zerfleischen, verliert Laschen nicht nur den Glauben an das Gute im Menschen, sondern überhaupt das Bewusstsein für Gut und Böse. Hier in Beirut geht es nicht um Christen und Muslime, nicht um Religion und Staat, sondern um das Töten um des Tötens willen.
Parallel zu dieser Haupthandlung verläuft eine Liebesgeschichte zwischen Laschen und Ariane Nassar, einer arabischen Sekretärin der deutschen Botschaft. Sie zeigt paradigmatisch auf, wie man sich mitten im so sinn- wie ausweglos erscheinenden apokalyptischen Chaos einrichten kann, wie ein bürgerliches Dasein mitten im Bürgerkrieg mit seinen zumeist unsichtbaren Fronten möglich ist. Laschen schreibt an seine Frau Greta, aber schickt den Abschiedsbrief nicht ab. Nachdem er gewahr geworden ist, dass Ariane auch noch mit anderen Männern schläft, steht sein Entschluss fest, die Zelte in Nahost abzubrechen und nach Deutschland zurückzukehren - in die Redaktion und in sein idyllisch gelegenes Bauernhaus...
„Die Fälschung“ – ein Kriegsfilm. Genauer gesagt: ein Bürgerkriegsfilm. Gedreht vor Ort in der libanesischen Hauptstadt Beirut, die einst als „Paris des Nahen Ostens“ gefeiert worden ist und nun im Chaos unterzugehen droht, verursacht durch ein undurchsichtiges Interessengeflecht zwischen Syrern, Christen und von Israel vertriebenen Palästinensern. Es geht vordergründig um die Vorherrschaft in der Zedern-Republik, um Ideologie und Religion, letztlich aber um nackte, rauschhafte Gewalt.
Und da reiht sich Schlöndorffs Film durchaus ein in die zu Recht höchst umstrittenen Großproduktionen dieses keine vierzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder in Mode gekommenen Genres von „Steiner – das Eiserne Kreuz“, einer reinen Kommerzproduktion internationaler Abschreibungsfonds, bis hin zur kolossalen Buchheim-Verfilmung „Das Boot“. Verkohlte Leichen, brennende Menschen, brutale Erschießungen – wie sich die Bilder gleichen. Und die Rechtfertigungen der Mörder-Kameradschaften – ob Falangisten oder Moslems im Libanon, Wehrmachtssoldaten im U-Boot-Krieg oder Vietnamesen im Freiheitskampf gegen die Amerikaner.
„Die Fälschung“ – ein Journalistenfilm. Was einst mit der Verfilmung der publizistischen Aufdeckung des „Watergate“-Skandals begann, ist inzwischen zur TV-Serie verkommen, siehe „Lou Grant“. Und Deutschland, das (noch) keine solch’ mächtigen Medienkonzerne kennt, begnügt sich einige Hausnummern kleiner mit der im übrigen stets notwendigen Schelte am krebsgeschwürartig wuchernden Boulevardjournalismus, siehe Heinrich Bölls „Katharina Blum“. Hier betritt Volker Schlöndorff Neuland, indem er durchaus kritisch-distanziert die Arbeit der Journalisten vor Ort schildert. Die von alltäglicher Routine ebenso geprägt ist wie vom immensen Druck durch die Heimatredaktionen, neue schlagzeilenträchtige Stories zu liefern und entsprechend authentisch zu bebildern. Was dazu führt, dass sich die Bürgerkriegsparteien gezielt mit Journalisten verabreden, um denen ein Massaker mit Ansage zu liefern. In einer industrialisierten Warenwelt, zeigt Schlöndorff, ist auch der Mensch nur eine Ware – im Libanon wie in Hamburg, wo die Blattmacher in der Redaktionskonferenz über den publizistischen Stellenwert einer Laschen-Strory so debattieren, als ginge es um einen Autotest oder ein Politikerinterview.
„Die Fälschung“ – eine Privatangelegenheit. Georg Laschen steckt mitten in der midlife crisis und verlässt ohne mit der Wimper zu zucken Frau und Kinder, um in Beirut mit einer Botschaftsangehörigen zusammenzuleben. Erst als er bemerkt, dass auch diese „fremdgeht“, kehrt er reumütig auf seinen romantischen Bauernhof in der Nähe Hamburgs zurück. Und die Gattin verzeiht mit einem verständigen Lächeln.
Der letzte Aspekt, im Roman wesentlich stärker akzentuiert, tritt im Film zugunsten des ersten zurück: Igor Luther liefert unter die Haut gehende Schreckensbilder aus Beirut. Wenn er nicht Bruno Ganz ins rechte Licht rückt mit Ganz-Nah-Einstellungen im gefühlten Fünf-Minuten-Rhythmus. Die aber ganz im Plakativen verharren: Vom Innenleben eines von Mutlosigkeit, von Gefühlsarmut und Perspektivlosigkeit befallenen Helden bekommt der Zuschauer kaum eine Ahnung.
Pitt Herrmann