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Unter den Frisören Berlins ist Tom Herzner ein regelrechter Star. Jeder Mann, der etwas auf sich hält, lässt sein Haupthaar von dem offen schwulen Haarkünstler stylen. Auch Toms Haarproduktlinie für Männer ist ein riesiger Erfolg. Allein für die Frisuren und die Pflegebedürfnisse der Damenwelt hat er kein echtes Gespür. Um das zu ändern, nimmt er anonym einen Job bei der bodenständigen Kiezfrisörin Heidi an. Und tatsächlich kann er von der selbstbewussten Powerfrau eine Menge lernen. Heidi wiederum findet auch privat gefallen an ihrem neuen Mitarbeiter – und siehe da: Auch Tom fühlt sich zu seiner großen Überraschung zu seiner attraktiven Chefin hingezogen. Dabei ist er doch schwul! Oder vielleicht doch nicht? Toms Freund ist von den Gefühlswirren seines Partners wenig erfreut und beschließt, dem Versteckspiel ein Ende zu machen.
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Ausgerechnet Tom soll eine Produktlinie speziell für Frauen entwickeln. Dabei kennt er sich mit dem anderen Geschlecht überhaupt nicht aus. Selbst seine Mutter hat er seit seinem Outing mit Siebzehn nicht mehr gesehen. Was tun? Robert und der smarte Ami haben sich eine PR-Aktion ausgedacht, die standesgemäß und sozusagen um die Ecke im Warenhaus „Galeries Lafayette“ an der Friedrichstraße beginnt. „Neukölln? Warum nicht gleich Afghanistan!“: Zum zweiten Teil der Kampagne muss sich Tom von seinem ausnahmsweise überhaupt nicht schwulen Fahrer Bassam quer durch die Stadt chauffieren lassen. Ziel ist der Neuköllner Kiez-Salon „Bel Hair“, was der Inhaberin Heidi nicht wirklich in den Kram passt. Denn der ganze Rummel hält nur ihr ohnehin stark frequentiertes Geschäft auf, in dem sich die sündhaft teuren Herzner-Produkte doch nur als Ladenhüter entpuppen werden.
Sie hat nur zugestimmt, um ihrer „kleinen“ Schwester Maja, die von einer Model-Karriere träumt und bei Tom Eindruck machen will, einen Gefallen zu tun. Und dann kneift die auch noch, meldet sich krank. So passierts halt: Heidi tritt in alle möglichen und unmöglichen Fettnäpfchen und rutscht auf dem ungewohnt glatten Parkett aus. Kleiner Unfall, große Wirkung. Anderntags mit dicken Schlagzeilen und noch größeren Fotos in der Boulevardpresse: Tom und Heidi sind Stadtgespräch. Zumindest in den einschlägigen Communities.
Einmal entschlossen, einen Duft für Frauen zu kreieren, begibt sich Tom in die Höhle der erstaunlich selbstbewussten, eloquenten Löwin Heidi: als Undercover-Praktikant. Er lernt schnell, was Frauen wünschen – von der schnäbbeligen Schwäbin bis hin zur aufreizenden Mona. Und er lernt, den handfest-herzlichen Umgang Heidis mit ihren Stammkunden zu schätzen – und wie rührend sie sich um ihren Großvater Erich kümmert, zumal ihre Oma Maria derzeit im Krankenhaus liegt. Und das, obwohl ihr Couchpotatoe daheim, Didi, als fanatischer „Eisern Union“-Fan alles andere als eine Hilfe ist.
Aber auch Tom hat in den eigenen vier Wänden keine Unterstützung, im Gegenteil. Während Robert mit Sam in den USA die Vertragsmodalitäten unter Dach und Fach zu bringen trachtet, basteln seine Freunde Salvatore und Harry gerade an einem Aufmacher für ihr Schwulen-Magazin „andersrum“ - mit Tom als prominentem Mitstreiter für die Rechte der Homosexuellen. Da können sie alles andere als eine Hetero-Verirrung Toms brauchen, der ganz offenbar immer mehr Gefallen an der coolen Neuköllner Szene findet - und an Heidi.
Während Tom sich bei Heidis Großeltern nicht nur um ein neues Outfit auf dem Kopf kümmert, überlegen seine Freunde ernsthafte Gegenmaßnahmen. Sein 30. Geburtstag soll groß gefeiert werden und die Wende bringen - doch gegen Heidis Duftexperimente und die gemeinsame Leidenschaft fürs Motorradfahren ist kein Kraut gewachsen. „Auf die Leidenschaft!“ ist ein trefflicher Trinkspruch, den Heidi nach einer verquasten Shakespeare-Aufführung, in welcher der bisher erfolglose Schauspieler Adrian aus Toms Schwulen-Clique den Romeo gab, beherzt ausspricht. Ihre offenen, ehrlichen Worte sind der letzte Tropfen zum Fass der Glücksseligkeit...
„Und wie sagen wir‘s den Kindern?“: „Coming In“ ist endlich 'mal eine rundum gelungene deutsche Kino-Komödie. Für die Marco Kreuzpaintner eine punktgenaue und dabei noch hochkarätige Besetzung gefunden hat. Ja, man weiß schnell, wie der Hase läuft, aber bis er dann endlich ans Laufen kommt, fiebern wir einhundert Minuten mit den beiden Protagonisten mit. Naturgemäß kommen die Autoren nicht ohne Klischees aus, und manche werden recht drastisch ausgewalzt. Aber mit Delikatesse statt mit dem Holzhammer: man spürt in jeder Einstellung die Liebe des Drehbuchgespanns zu ihren Figuren – was auch für die Schauspieler gilt. Verglichen mit dem Blockbuster „Männerhort“ ist „Coming In“ der eindeutig bessere Streifen. In dem nicht zufällig eine „Romeo und Julia“-Aufführung als Theater im Film zu sehen ist. Free-TV-Premiere war am 23. Mai 2017 auf Sat 1.
Pitt Herrmann