Marika Rökk
Marie Karoline Rökk wurde am 3. November 1913 in Kairo geboren, fernab der ungarischen Heimat ihrer Eltern Eduard Rökk und Maria Karoline Charlotte geb. Karoly. In Budapest, wo Marika aufwuchs, erkannte der Vater, ein umtriebiger Architekt und Bauunternehmer, früh das Talent seiner Tochter für die Bühne. Im Alter von vier Jahren wurde sie zur Tänzerin ausgebildet und hatte erste Auftritte vor heimischem Publikum.
1924 zog die Familie Rökk nach Paris, wo Marika als Elfjährige bereits Mitglied der Ballett-Truppe 'Hoffman Girls' wurde, die nicht nur in Europa sondern Ende 1925 auch in New York auftrat, wo Rökk am Broadway als "Königin der Pirouette" gefeiert wurde. Trotz ihres besonderen Talents bemerkte die ambitionierte Tänzerin jedoch schnell, dass Sie in der Unterhaltungsmetropole nur eine unter vielen war und kehrte nach Europa zurück.
1929 trat sie im Pariser Moulin Rouge auf, wo sie den akrobatischen Stil verfeinerte, der ihre späteren Filme auszeichnen sollte. Darüber hinaus begeisterte sie als Tänzerin und nun auch Sängerin ihr Publikum auf den Varietébühnen von Hamburg, Cannes und London. In England drehte sie auch ihre ersten beiden Filme "Why Sailors Leave Home" und "Kiss Me Sergeant" (beide 1930). Als der große Durchbruch jedoch ausblieb, kehrte sie in die ungarische Heimat zurück. In Budapest angekommen, trat sie im Royal Orfeum in der Revue "A cirkusz csillaga" ("Der Star des Zirkus" ) auf. Das ungarische Publikum zeigte sich vom "tanzenden Wunder" ebenso beindruckt wie einheimische Filmproduzenten. In den folgenden beiden Jahren kamen daher zwei ungarische Filme mit Rökk in die Kinos, "Csókolj meg, édes!" ("Küss mich, Süßer" , 1932) und "Kísértetek vonata" ("Geisterzug", 1933).
Während eines Auftritts in Wien wurden der Regisseur Gustav Ucicky und Ernst Hugo Correll, seines Zeichens Produktionsdirektor bei der Ufa, auf das Showtalent aufmerksam, die neben ihrem energischen Tanz auch über eine gute Gesangsstimme verfügte. 1934 bekam Marika Rökk ihren ersten Ufa-Vertrag und wurde in den Babelsberger Studios gleich von Anbeginn dem Revuefilm zugeordnet. Ihre frühen Hauptrollen finden sich in der Zirkuskomödie "Leichte Kavallerie" (1935) sowie in "Heißes Blut" (1936). Den Durchbruch als Publikumsliebling und das Fundament für ihren anhaltenden Ruhm sicherte sie sich aber erst an der Seite von Frauenschwarm Johannes Heesters; gemeinsam sind sie in "Der Bettelstudent" (1936), "Gasparone" (1937) beide unter Regie von Georg Jacoby und schlussendlich "Hallo Janine" (1939) zu sehen.
Doch im Laufe der Zeit veränderte sich die Gewichtung der Charaktere innerhalb der Filmhandlung: einige Regisseure schnitten ihre Filme nun zunehmend auf den weiblichen Jungstar Marika Rökk zu. Allen voran Georg Jacoby, der sie am stärksten protegierte, mit dem sie im Laufe ihrer Karriere 18 ihrer 32 Filme drehen und den sie 1940 schließlich heiraten sollte. Doch trotz des zunehmenden Erfolgs beim Publikum, welchen das tanzende und singende Traumpaar Rökk-Heesters genoss, kündigte Heesters bei der Ufa, weil er keine "Rökk-Filme" mehr drehen wollte.
Die drastische Maßnahme schien die Produktionsfirma nur wenig zu schmerzen, denn Propagandaminister Goebbels war entschlossen, die junge Darstellerin zum Star des Musik- und Revuefilms aufzubauen, wenn nötig auch mit wechselnden Filmpartnern. Ziel der Ufa war es, die amerikanischen Musicalproduktionen aus den deutschen Kinos zu verdrängen und durch eigene Produktionen zu ersetzen. Als Ausländerin mit ungarischem Akzent sollte die junge Rökk dem deutschen Film einen Hauch von Frische und Exotik verleihen, die ihm durch die massenhafte Ausweisung, Vertreibung und Flucht jüdischer und nationalsozialistisch nonkonformer Filmschauspieler und Filmschauspielerinnen abhandengekommen waren. Ein sinnbildlicher Film für diesen Notstand an kreativem Potenzial ist der Film "Kora Terry" (1940). Erneut spielt die Geschichte im Varieté-Milieu und auch hier ist die Rökk der Star, die niemanden neben sich zu dulden scheint, denn sie spielt in einer Doppelrolle mit sich selbst. Zum einen gibt sie das liebe Mädel zum anderen die teuflische Verführerin. Der Film kann als Gleichnis für die verdeckte Frivolität und nach außen getragenem Spießbürgertum des nationalsozialistischen Deutschlands gelesen werden.
Während des Zweiten Weltkriegs sind es Filme wie "Frauen sind doch bessere Diplomaten", der erste deutsche Farbspielfilm, in dem Rökk an der Seite von Willy Fritsch spielt, und "Die Frau meiner Träume" (1944), die mit ihren schwelgerischen Bildern und eskapistischen Geschichten die Kriegswirklichkeit und die Gräuel der Nationalsozialisten übertünchten und so das unmenschliche Regime unterstützten. Noch acht Monate vor Kriegsende spielte Rökk in "Die Frau meiner Träume" eine Figur, die sich in verschiedenen Milieus gegen schwierige Umstände behaupten muss, und unterstützte so moralisch die kriegsverzagte Öffentlichkeit den Wahnsinn des Kriegs weiter mitzutragen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Marika Rökk und ihrem Mann Georg Jacoby in Deutschland die Arbeitserlaubnis entzogen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Gabriele, genannt Gaby, die am 13. April 1944 geboren worden war, gingen sie nach Österreich, wo Rökk von einer Wiener Tageszeitung der nationalsozialistischen Spionage verdächtigt wurde. Gegen diese Verleumdung zog sie vor Gericht und gewann den Prozess. Bereits 1947 wurde die Rökk von einem österreichischen Ehrengericht rehabilitiert und leitete ihr Comeback mit dem Film "Fregola" ein. In den 1950er-Jahren sah sie das Publikum wieder in den Filmen ihres Mannes: den Anfang machte "Kind der Donau" (1950), gefolgt von "Die Csardasfürstin" (1951), welcher nach 12 Jahren die erste Zusammenarbeit mit Johannes Heesters darstellte. Sie sollten noch zwei weitere Filme miteinander drehen: "Die geschiedene Frau" (1953) und "Bühne frei für Marika" (1958), beide unter der Regie Jacobys.
1959 drehte sie den letzten Film mit ihrem Mann, "Die Nacht vor der Premiere". In den nächsten drei Jahren arbeitete Marika Rökk mit verschiedenen Regisseuren zusammen und war meist in gefälligen Komödien zu sehen, die nur wenig Zeit zum Tanzen einräumten aber umso mehr Klamauk boten, etwa "Mein Mann das Wirtschaftswunder" (1961) mit Heinz Erhardt und ihr vorerst letzter Film "Hochzeitsnacht im Paradies" (AT 1962) an der Seite von Peter Alexander. Hier gibt sie die hysterisch schreiende, intrigante Operetten-Diva, die ihrem jüngeren Kollegen nachstellt, ihn aber an eine hübsche Industriellentochter verliert. Nach diesen Karikaturen ihres Leinwand-Images war sie für die nächsten 25 Jahre in keinem neuen Film im Kino zu sehen, was der Auftrittstätigkeit der rastlosen Schauspielerin aber keinen Abbruch tat.
Nachdem Georg Jacoby 1964 gestorben war, heiratete Marika Rökk 1968 den Schauspieler Fred Raul, mit dem sie bereits in den Jacoby-Filmen "Nachts im Grünen Kakadu" (1957) und "Bühne frei für Marika" (1958) vor der Kamera gestanden hatte. Im selben Jahr kehrte sie zurück auf die Theaterbühnen Österreichs und Deutschlands wo das Multitalent immer noch beachtliche Erfolge feierte. So war sie in der Rolle der Dolly Levi in "Hello Dolly!" in Hamburg zu sehen oder als Rozsi Sandor in der eigens für sie geschriebenen Operette "Die Gräfin vom Naschmarkt" (1980) im Theater an der Wien. Diese Auftritte wurden zum Teil im Fernsehen übertragen wodurch sie auch dem Wohnzimmerpublikum erhalten blieb. Gegen Ende ihrer Karriere wurde Rökk für ihr Werk mit Preisen von verschiedenen Seiten bedacht, so erhielt sie 1981 das Filmband in Gold beim Bundesfilmpreis und 1983 die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold. Dazu gesellten sich gleich mehrere Bambis.
Ihren letzten Auftritt in einem Kinospielfilm hatte Marika Rökk in "Schloss Königswald" (1987) von Peter Schamoni. In der Geschichte des Films versucht eine Gruppe von betagten adligen Damen, welche auf dem titelgebenden Schloss zu Hause sind, die Wirren der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs zu überstehen. Schamoni inszeniert seinen Film als eine Hommage an die Filmdiven der Ufa-Filme indem er sie selbst auftreten lässt. Unter ihnen sind Camilla Horn, Marianne Hoppe sowie Carola Höhn zu finden und natürlich Marika Rökk, die sich selbst, einen Revuestar spielt, der auch im Alter von 74 Jahren immer noch nicht vor flotten Tanzschritten und Salti zurückschreckt. Das Ensemble der Darstellerinnen wurde für die Leistung mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet.
Aktiv bis ins hohe Alter, starb Marika Rökk mit 90 Jahren am 16. Mai 2004 in Baden, Niederösterreich, an einem Herzinfarkt.
Autor: Stefan Strien
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.