Darsteller, Regie, Drehbuch, Bauten, Produzent, Produktionsleitung
Berlin München

Biografie

Peter Lilienthal, geboren am 27. November 1927 in Berlin, emigrierte mit seiner jüdischen Mutter 1939 aus Nazi-Deutschland nach Uruguay. An der Universität Montevideo nahm er ein Kunstgeschichts- und Jurastudium auf, welches er durch einen Job als Bankangestellter finanzierte. Im Universitäts-Filmclub entdeckte er seine Liebe zum Kino und beteiligte sich an der Produktion von sozialkritischen Kurzfilmen. 1954 kehrte Lilienthal nach Berlin zurück und erhielt zwei Jahre später ein Stipendium für ein Studium am Institut des Hautes Etudes Cinématographiques (IDHEC) in Paris. Schließlich wechselte er an die Hochschule für bildende Künste in Berlin, wo er zunächst Malerei und Formgestaltung, dann experimentelle Fotografie und Film studierte. Im Jahr 1958 realisierte er mit Kommilitonen den experimentellen Zeichentrickfilm "Studie 23", ein Jahr später für den SFB die TV-Dokumentation "Im Handumdrehen verdient", in der er einen Drehorgelspieler und Filmvorführer porträtierte.

Ab 1959 arbeitete Lilienthal als Regie- und Produktionsassistent beim Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden, wo er 1960 seine erste eigene Regiearbeit "Der Kirschgarten" realisierte und 1961 eine Festanstellung als Regisseur bekam. 1964 zog er nach West-Berlin und war als freier Regisseur überwiegend für den Sender Freies Berlin (SFB) tätig. Hier wurde er vor allem durch TV-Adaptionen absurder Theaterstücke ("Picknick im Felde" und "Guernica" nach Ferdinand Arrabal; "Striptease" und "Das Martyrium des Peter O'Hey" nach Slawomir Mrozek) bekannt, die er betont artifiziell inszenierte und die wiederholt mit Fernsehpreisen ausgezeichnet wurden.

Sein Kinodebüt gab Peter Lilienthal 1970 mit "Malatesta": Das Drama über den gleichnamigen italienischen Anarchisten und Revolutionär wurde mit zwei Filmbändern in Gold (für Regie und Produktion) ausgezeichnet. 1971 gehörte Lilienthal zu den Gründern des Filmverlags der Autoren, aus dem er jedoch 1974 wieder ausschied. 1972 realisierte er mehrere TV-Dokumentationen, darunter "Shirley Chisholm for President", über den Wahlkampf des ersten weiblichen Mitglieds des amerikanischen Kongresses.

In den folgenden Jahren wendete Lilienthal sich einem Themenkomplex zu, der ihn im Lauf seiner Karriere immer wieder beschäftigte: dem politischen Geschehen in Lateinamerika. Im Mittelpunkt von "La Victoria", in Chile während der Parlamentswahlen 1973 gedreht, steht eine junge Frau, die ihre unpolitische Haltung aufgibt und sich für eine Kandidatin von Allendes Unidad Popular engagiert. Die Mischung aus Fiktion und realistischen Elementen vermittelte den Eindruck von Authentizität und machte begreiflich, wie jeder Einzelne Teil eines geschichtlichen Prozesses ist. Thematisch an "La Victoria" anknüpfend, thematisierte "Es herrscht Ruhe im Land" (1975) die Folgen des chilenischen Militärputschs im September 1973. Obwohl Lilienthal die Geschichte in einem fiktiven Staat ansiedelte, sind die Bezüge eindeutig. Der Film wurde mit dem Preis der Deutschen Filmkritik sowie der "Goldenen Schale" des Deutschen Filmpreises ausgezeichnet.

"Der Aufstand" (1980), ausgezeichnet mit dem Filmband in Silber, entstand kurz nach dem Sieg der sandinistischen Revolution in Nicaragua. Im Zentrum steht erneut der Prozess einer politischen Bewusstwerdung: Ein Soldat der Nationalgarde von Diktator Somoza schließt sich den Sandinisten an.

In anderen Filmen dieser Zeit befasste sich Lilienthal mit dezidiert deutschen Themen: "Hauptlehrer Hofer" (1974) etwa, angesiedelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, schilderte die Bemühungen eines Lehrers um eine Veränderung der archaischen Strukturen in einem elsässischen Dorf. "David" (1979) erzählte die Geschichte eines jüdischen Jungen im Berlin der Nazi-Ära, der den Holocaust vor allem als Verlust seiner Familie erfährt. Bei der Berlinale 1979, wo "David" im Wettbewerb lief, erhielt Lilienthal den Goldenen Bären, beim Deutschen Filmpreis ein Filmband in Silber.

Mit Beginn der 1980er Jahre lässt sich eine thematische Verschiebung in Lilienthals Werk beobachten. Seine Protagonisten sehen sich nicht mehr mit großen historischen Ereignissen konfrontiert, sondern haben vielmehr mit der alltäglichen gesellschaftlichen und sozialen Gewalt zu kämpfen. In dem Drama "Dear Mr. Wonderful" (1982) beispielsweise verliert ein New Yorker Schausteller seine Bowlingbahn an Bauspekulanten – verliert aber trotzdem nicht den Mut, neue Zukunftspläne zu schmieden. Für seine Regieleistung bei diesem Film erhielt Lilienthal 1983 ein Filmband in Gold. Auch "Das Autogramm" (1984; Filmband in Silber), in dem Lilienthal sich einmal mehr dem Themenkomplex Lateinamerika widmete, stellt Hoffnung als ein optimistisches Resultat des Scheiterns dar.

Zu Lilienthals regelmäßigen Mitarbeitern gehörte seit Beginn seiner Karriere der Kameramann Michael Ballhaus, er selbst trat gelegentlich auch in Filmen von Kollegen als Schauspieler auf, so etwa als Gangster in Wim Wenders' "Der amerikanische Freund" (1977).

Ab 1985 fungierte Lilienthal (bis 1996) als Direktor der Abteilung Film und Medien an der Akademie der Künste in Berlin. Im gleichen Jahr inszenierte er "Das Schweigen des Dichters" (1986), ein Drama über einen verstummten Schriftsteller, der in der Auseinandersetzung mit seinem behinderten Sohn seine Blockade überwindet; "Der Radfahrer von San Christobal" (1988) entstand wie die meisten der Lateinamerika-Filme in enger Zusammenarbeit mit dem Autor Antonio Skármeta; "Don Giovanni oder Der bestrafte Wüstling" (1991) war eine TV-Dokumentation über die Mozart-Oper. "Angesichts der Wälder" (1995), eine Parabel über den israelisch-arabischen Konflikt, entstand in Co-Produktion mit Israel. Lilienthals letzte Regiearbeit behandelte ein sehr aktuelles Thema: "Camilo – Der lange Weg zum Ungehorsam" aus dem Jahr 2007 porträtierte einen amerikanischen Kriegsdienstverweigerer sowie den Vater eines im Irak getöteten US-Soldaten.

2009 erhielt Peter Lilienthal beim Filmfest München den One-Future-Ehrenpreis. 2011 verlieh der Bundesverband Regie ihm einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk. 2020 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Bis ins hohe Alter lehrte Peter Lilienthal an der Kunsthochschule für Medien in Köln und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Sein Archiv befindet sich seit 2019 im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.

Peter Lilienthal starb am 28. April 2023 in München.

FILMOGRAFIE

2007
  • Regie
  • Drehbuch
  • Übersetzung
2002-2005
  • Mitwirkung
2001
  • Mitwirkung
  • Sprecher
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kommentar
  • Interviews
1994/1995
  • Mitwirkung
1993-1995
  • Regie
  • Drehbuch
1987/1988
  • Regie
  • Drehbuch
1985/1986
  • Regie
  • Drehbuch
1983/1984
  • Regie
  • Drehbuch
  • Ausstattung
1982/1983
  • Mitwirkung
1981/1982
  • Regie
  • Drehbuch
1980
  • Mitwirkung
1979/1980
  • Produktionsleitung
1979/1980
  • Regie
  • Drehbuch
  • Ausstattung
1978/1979
  • Regie
  • Drehbuch
1976/1977
  • Darsteller
1976/1977
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1975
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1974/1975
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1973
  • Regie
  • Drehbuch
1972
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1971
  • Regie
  • Drehbuch
1971
  • Regie
  • Produzent
1970/1971
  • Regie
  • Drehbuch
1971
  • Regie
  • Drehbuch
1969
  • Regie
  • Drehbuch
1968/1969
  • Drehbuch
1967/1968
  • Regie
  • Drehbuch
1966
  • Regie
  • Drehbuch
1966/1967
  • Darsteller
1965/1966
  • Regie
1967
  • Regie
  • Drehbuch
1966
  • Regie
  • Drehbuch
1965/1966
  • Regie
1958
  • Regie