Heiner-Carow-Preis 2020 geht an Natalija Yefimkina für "Garagenvolk"

Der mit 5.000 Euro dotierte Heiner-Carow-Preis wird 2020 zum achten Mal im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin verliehen.

 

Erstmals wird der Preis in der Sektion Perspektive Deutsches Kino ausgelobt. Der Preis dient der Förderung der deutschen Filmkunst, gewürdigt wird ein deutscher Spiel-, Dokumentar- oder Essayfilm. Über die Vergabe entschied eine dreiköpfige Jury, bestehend aus Annekatrin Hendel (Filmemacherin und zweifache Heiner-Carow-Preisträgerin), Anne Möller (DEFA-Stiftung) und Jan Speckenbach (Filmemacher). Die Preisverleihung findet am heutigen 27. Februar 2020 um 17:00 Uhr im Kino International (Karl-Marx-Allee 33, 10178 Berlin) statt.

Begründung der Jury:

"'Der Gullideckel ist meine Tür, aber ich bin glücklich. Mein Leben ist schön', sagt eine der Figuren des Filmes. Die Entscheidung für diesen Preis ist uns sehr schwer gefallen in diesem starken Jahrgang der Perspektive Deutsches Kino. Wir haben uns für "Garagenvolk" von Natalija Yefimkina entschieden. Großes Kino.

Die Regisseurin lässt uns in einen Mikro-Kosmos schauen, der uns wie eine Parallelwelt erscheint. Die komplexe Welt einer morbiden Garagenanlage eines Bergarbeiter-Ortes im Norden Russlands erinnert an eine Kleingartenkolonie ohne Garten. In jeder einzelnen dieser kleinen Garagen entsteht, je länger der Film sich Zeit nimmt hinzuschauen, ein eigenes Universum. Anfangs skurril scheinende Charaktere werden zu Reflektoren der Gesellschaft. Liebe, Freundschaft und Alkohol, Träume von Wohlstand und Zukunft sowie das kleine Glück finden hier Behausung.

Die Zukunft all dieser Menschen ist JETZT. Und wenn das rastlose Handeln, ob es die Schrottsuche ist, der Kellerbau, die schiefen Töne der Punkbandprobe, die Prügelei oder die geschnitzten Ikonen, wenn dieses Handeln zum Erliegen kommt, dann stockt auch der Lebensfluss, dann gibt es keine Zukunft mehr. Wenn einer der Protagonisten sich unterhalb seiner Garage fünf Stockwerke in die Tiefe gräbt, eine Sisyphusarbeit ohne Ziel, außer der Beglückung des Moments, findet der Film Bilder von metaphorischer Dimension, die über die reine Beobachtung hinausreichen. Die Absurdität der Handlungen in der allgemeinen Chancenlosigkeit der Figuren lässt die Garagenwelt immer mehr zur Realität werden. Nicht die Figuren des Filmes leben in einer Parallelwelt, sondern wir."

Nach der diesjährigen Preisverleihung wird Heiner Carows DEFA-Spielfilmdebüt "Sheriff Teddy" (1957) gezeigt. Die Vorführung erfolgt mit Audiodeskription und Untertiteln für Hörgeschädigte. Die Veranstaltung wird barrierefrei mit Gebärdensprach- und Schriftdolmetschung ausgerichtet.

In den vergangenen Jahren erhielten die Auszeichnung u. a. Annekatrin Hendel für "Schönheit & Vergänglichkeit" (2019) und "Fünf Sterne" (2017), Wolfgang Fischer für "Styx" (2018), Doris Dörrie für "Grüße aus Fukushima" (2016) sowie Jörg A. Hoppe, Klaus Maeck und Heiko Lange für "B–Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979-1989" (2015).

Mit dem Preis erinnert die DEFA-Stiftung an den Regisseur Heiner Carow (1929-1997), der in den Babelsberger DEFA-Studios unter anderem Filme wie "Sie nannten ihn Amigo" (1958), "Die Russen kommen" (1968/87), "Die Legende von Paul und Paula" (1973), "Ikarus" (1975), "Bis dass der Tod Euch scheidet" (1978) und "Coming out" (1988/89) inszenierte. Für "Coming out" erhielt er im Februar 1990 den Silbernen Bären im Berlinale-Wettbewerb.   

Quelle: www.defa-stiftung.de