Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm

Deutschland Belgien 2017/2018 Spielfilm

Inhalt

Wer kennt nicht Brechts "Die Moritat von Mackie Messer" mit der Musik von Kurt Weill: "Und der Haifisch, der hat Zähne…". Nach der Uraufführung 1928 war der deutsche Meisterdichter ganz obenauf und beschloss, sich auf eine Verfilmung einzulassen. Später wurde sein scharfes und radikales Drehbuch abgelehnt, und Georg Wilhelm Pabst verfilmte 1931 erstmals das Meisterstück nach einem Drehbuch von Béla Balázs und anderen. Brecht wehrte sich juristisch dagegen.

Der Film schildert seine Bemühungen, zunächst dieses Projekt ohne Kompromisse zu Stande zu bringen, stets im wortgewaltigen Kampf mit denen in Hollywood. Zugleich mittendrin in der Dreigroschenoper, mit großem Aufwand und in Starbesetzung. Zwei Welten prallen aufeinander. Bertolt Brecht hockt in der Bar, die berühmte Zigarre im Mund, und erklärt allen, wie die Kunst sein muss. Er weiß, dass er ein Star ist und genießt es. Zugleich ist er seine eigene Figur, Mittelpunkt der eigenen Inszenierung. Ein opulenter Film, der versucht, auch in der eigenen Form "brechtisch" zu sein und auf keinen Fall so, wie die in Hollywood sich das von ihm gewünscht haben: sich dumm stellend gegenüber dem Gemachtsein von Kunst. Ein Film zum Eintauchen in die Welt des Bertolt Brecht.

Quelle: 14. Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Stinki Mueller
Mackie Messer Brechts Dreigroschenfilm
Stinki Mueller meint: Hinterher mache ich mir folgende Notizen: Wenn man als letzter in die Pressevorführung kommt, weiss man hinterher genau, wie viele Leute drin sitzen. Ich trage mich unter Nummer 19 in die Gästeliste ein. Als ich die zweite Tür des Kinosaales, Grosses Kino genannt, passiert habe, schallt mir schon der Haifisch entgegen, der Zähne hat, was ja eigentlich nichts besonderes ist, weil jeder Haifisch Zähne hat. Warum sollte der von Brecht keine haben? Naja. Schon an der Zahl der im Film versammelten Schauspieler und Statisten kann man erkennen: Es handelt sich hier um einen teuren, deutschen Förderfilm, bei dem sofort wieder die immer gestellte Frage auftaucht: Was ist nun besser? Die Bühnenfassung? Oder der Film? Es ist wie bei der Geburt eines Kaninchens. Was das kleine Kaninchen zuerst sieht, hält es für seine Mutter. So auch der Brecht Zuschauer. Wenn sie zuerst den Roman gelesen haben, nach dem dieses Buch verfilmt wurde, dann finden sie den Roman besser. Nun hat Brecht kaum Romane geschrieben, so der Einwand. Und schon ist der deutsche Schulmeister wieder da. Diesmal kommt der Brecht Schauspieler, also der, der den Brecht spielt, Lars Eidinger, dran. Er darf den Filmproduzenten Seymour Nebenzahl, gespielt von Godehard Giese, darüber aufklären, dass ein Bühnenstück natürlich etwas anderes sei, als ein Film. Ich beobachte mich dabei, wie ich immer mehr auf die richtigen Anschlüsse und weniger auf den Film achte. Das muss etwas mit dem Film zu tun haben. Ich bemerke, das mit den richtigen Anschlüssen, das ist bei der Produktion dieses Streifens besonders schwierig gewesen. Muss doch der Schauspieler, der den Brecht spielt, immer eine brennende Zigarre im Mund haben. Ich bemerke, sie haben einen Trick angewandt, den ich, in gleicher Situation auch angewendet hätte, damit der Zuschauer keine Längenfehler der Zigarre bei den Anschlüssen bemerkt. Auch der Kameramann, David Slama, wird in diesen Trick eingebunden. Er zeigt Lars Eidinger, wenn er eine Zigarre raucht, immer nur von vorne und nicht von der Seite. Bei Drei D Filmen kämen sie damit nicht durch, aber hier gelingt es. Es sind ihnen keine Anschlussfehler nachzuweisen. Der Schnitt tut sein Übriges, in dem er dafür sorgt, dass auf ein Bild mit brennender Zigarre immer ein anderes ohne Zigarre kommt. Ein Bild ohne den Brecht Schauspieler. Bravo! Nein, richtig langweilig ist der Film nicht. Zumal uns auch hier die deutsche Volkshochschule mit Titeln und Zeitansage vortäuscht, dass die hier gezeigte Szene tatsächlich so stattgefunden habe, wie sie hier dargestellt wird. Und dass, obwohl damals schon Filmaufnahmen im Gerichtssaal während der Verhandlung verboten waren. Oder irre ich? Da passen die Originalaufnahmen vom Mai 1929, die in den Film eingeschnitten wurden, der im CinemaScope Format daher kommt, nicht so recht rein. Vielleicht war dies dem Regisseur Wolfgang Fischer, der sich, nach Angaben im Presseheft, seit Jahren mit dem Künstler Brecht beschäftigt, nicht bekannt, dass die eingeschnittenen Originalaufnahmen im alten Stummfilmformat von 1: 1,33 aufgenommen worden waren und nicht im CS Format von 1:2,35 und wie sie hier, völlig verzerrt und in der falschen Geschwindigkeit, vorgeführt werden. Merkwürdig auch, dass Quelle und Ort der Original Aufnahmen von 1929 nicht genannt werden. * Wird das Publikum diese Mogelpackung annehmen? Ich glaube nicht. Und stelle später, bei Überprüfung der Zuschauerzahlen fest: Ich habe mich geirrt. 242.648 Zuschauer Stand: Februar 2019 werden von der FFA gezählt. Auch die Tatsache, das jemand Joachim Król singen läßt, scheint das zahlreiche Publikum nicht zu stören. Einen richtigen Verriß dieses Filmes habe ich unter den deutschen Filmkritiken nicht gefunden. Und meine Beschreibung ist ja auch nur ein Rummäkeln geworden. Dafür ist das Thema Brecht Verfilmung in Deutschland viel zu heikel. Zum Schluss noch mal ein Lob für den Kameramann David Slama, den ich die Freude hatte, in der dffb in Berlin, während unseres gemeinsamen Studiums kennenzulernen.* Anmerkung: Der Film kam unter verschiedenen Titeln heraus: >Blutmai 1929< und >1. Mai - Weltfeiertag der Arbeiterklasse< waren zwei davon.) Die Länge wird meist mit 222 m/35 mm, das Format mit 1:1,33 angegeben, s/w, stumm. Regie führte Piel (Phil) Jutzi (Mutter Krausens Fahrt ins Glück). Der Kameramann war Erich Heintze und der Produzent Willy Münzenberg.

Heinz17herne
Heinz17herne
„Im Grunde warte ich schon seit über zwanzig Jahren auf den großen Brecht-Film“ bekennt Joachim Król, der in Joachim A. Langs Kinofilmdebüt die Rolle des Bettlerkönigs Peachum verkörpert, im Wild Bunch-Presseheft: „Ich finde, Joachim Langs Blick auf diesen besonderen Teil von Brechts Biographie großartig. Da musste ich gar nicht lange überlegen. Außerdem ist der Peachum wirklich eine schöne Rolle. Ein Pfund. Darüber hinaus waren es meine Partnerinnen Claudia Michelsen und Hannah Herzsprung. Überhaupt, ein traumhaftes Ensemble.“

Erstere spielt Peachums unglückliche, weil ungeliebte und auf ihr Kind eifersüchtige Gattin, Letztere die gefeierte Schauspielerin Carola Neher in der Rolle beider Tochter Polly. Das eher zurückhaltende, schüchterne junge Ding, das der erfolgreiche, aber nun etwas müde Geschäftsmann Peachum als eine letzte Stütze für sein Alter sieht, schmeißt sich ausgerechnet dem frauenverschlingenden Strolch Mackie Messer an den Hals. Da gibt es eine Menge zu tun für Peachum, um aus dem Londoner Ganoven einen erfolgreichen Banker namens Macheath zu machen: „Was ist schlimmer? Eine Bank auszurauben oder eine zu gründen?“

Eine Frage, die auch 90 Jahre nach der Premiere von Bertolt Brechts und Kurt Weills weltweitem Mega-Bühnenhit „Die Dreigroschenoper“ an Aktualität nichts verloren hat. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral? Joachim A. Lang, der auch das Drehbuch geschrieben hat auf Grundlage des Brechtschen Dreigroschenfilm-Exposés „Die Beule“, erzählt den gescheiterten Versuch des Filmproduzenten Seymour Nebenzahl, den am 31. August 1928 im Berliner Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführten Bühnenhit für die Leinwand zu adaptieren. Der junge, wilde, ironische und widersprüchliche Brecht und der kunstsinnig-genialische Weill wollen einen radikal-kompromisslosen, politisch-pointierten „Dreigroschenfilm“, der vor dem Hintergrund des aufziehenden Nationalsozialismus die Gesellschaftskritik konsequenter betont als das Stück. Der Haifisch soll wieder Zähne bekommen, während es den Filmemachern der Nero Aktiengesellschaft nur um den durch keine Zensoren gefährdeten Kassenerfolg geht.

Lang lässt, und das ist nur eine Besonderheit dieses konsequent mit illusionistischen Sehgewohnheiten brechenden Films, den Dichter ausschließlich in seinen eigenen Worten sprechen. Alles, was der Ausnahmeschauspieler Lars Eidinger im Film sagt, beruht auf Zitaten aus Brechts Werk und Leben: „Wie soll Kunst die Menschen bewegen, wenn sie selber nicht von den Schicksalen der Menschen bewegt wird?“ Der Film bezieht zudem die bis dahin beispiellose, von Brecht selbst als „ein soziologisches Experiment“ bezeichnete juristische Auseinandersetzung („Dreigroschenprozess“) zwischen einem (Drehbuch-) Autor und einem Filmproduzenten in die vielschichtige Handlung ein, die mit unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts verschmilzt: Polly kauft das Geldinstitut und ernennt den noch hinter Gittern schmorenden Macheath zum Direktor. Aus den Gangstern werden Banker, die sich Geschäftsleute an der Spitze des Staates wünschen...

Alle Schauspieler singen selbst in der nicht einfachen Tonlage Kurt Weills: Zum hervorragenden Cast gehören noch Britta Hammelstein als Weills Gattin Lotte Lenja und Jenny, Peri Baumeister als Brechts Muse und wichtigste Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann, Christian Redl als Tiger Brown, Meike Droste als Brecht-Gattin Helene Weigel und Max Raabe als Moritatensänger. Free-TV-Premiere war am 3. Januar 2020 auf Arte.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Kamera

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Continuity

Drehbuch

Dramaturgie

Kamera

Kameraführung

Kamera-Assistenz

Steadicam

Visuelle Effekte

Optische Spezialeffekte

Kamera-Bühne

Szenenbild

Außenrequisite

Innenrequisite

Kostüme

Schnitt-Assistenz

Ton-Design

Geräusche

Choreografie

Darsteller

Executive Producer

Produktionsleitung

Geschäftsführung

Dreharbeiten

    • 03.03.2017 - 15.05.2017: Baden-Württemberg, Berlin, Belgien, Gent, Heilbronn, Schloss Rastatt, Stadtbibliothek Stuttgart
Länge:
130 min
Format:
DCP, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 10.07.2017, 172562-a, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 29.06.2018, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 13.09.2018

Titel

  • Weiterer Titel (DE) Brechts Dreigroschenfilm
  • Originaltitel (DE) Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm
  • Weiterer Titel (DE) Mackie Messer - Brechts 3Groschenfilm
  • Weiterer Titel Mack the Knife – Brecht's Threepenny Film

Fassungen

Original

Länge:
130 min
Format:
DCP, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 10.07.2017, 172562-a, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 29.06.2018, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 13.09.2018

Prüffassung

Länge:
136 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 10.10.2017, 172562, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Auszeichnungen

FBW 2018
  • Prädikat: besonders wertvoll