Der Vorleser

USA Deutschland 2008 Spielfilm

Inhalt

Die Bundesrepublik in den 50er Jahren. Der Schatten des Weltkriegs und der deutschen Greueltaten liegt über dem Land, doch kaum einer spricht darüber. Der 15-jährige Michael wächst in der Provinz auf. Eines Tages, als er von der Schule nach Hause fährt, wird ihm plötzlich übel. Eine Frau kümmert sich um ihn. Michael hat Scharlach. Erst nach Monaten kann er sich mit einem Blumenstrauß bei seiner Helferin bedanken. Beim zweiten Zusammentreffen knistert es zwischen Michael und der deutlich älteren Frau; bald verbindet beide eine leidenschaftliche Affäre. Hanna überrascht Michael mit einer großen Begeisterung für Bücher. Stundenlang lässt sie sich von ihm vorlesen. Michael merkt nicht, dass Hanna Analphabetin ist. Eines Tages jedoch ist sie spurlos verschwunden.

Einige Jahre später studiert Michael in Berlin Jura. Als Beobachter eines Prozesses, in dem sich fünf ehemalige Wärterinnen des Konzentrationslagers Auschwitz verantworten müssen, entdeckt er unter den Angeklagten Hanna. Ihnen wird 300-facher Mord vorgeworfen. Für die Menschen im Gerichtssaal ist Hanna Schmitz ein Monster. Doch Michael ist hin- und hergerissen zwischen seinem Entsetzen über Hannas Taten und der großen Liebe, die er einst für diese Frau empfunden hat – und anscheinend immer noch fühlt. Dann nimmt der Prozess eine Wendung, die Michael endgültig aus der Bahn wirft: Während alle anderen Angeklagten die Taten leugnen, gibt Hanna ehrlich Auskunft über die furchtbaren Ereignisse…

Nach der Vorlage von Bernhard Schlinks internationalem Bestseller, der seit seinem Erscheinen 1995 in 40 Sprachen übersetzt worden ist, entstand ein bewegendes und berührendes Filmdrama.

Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Nachkriegs-Deutschland in den 1950er Jahren. Als dem 15-jährigen Schüler Michael Berg auf dem Nachhauseweg schlecht wird, versorgt ihn die 36-jährige Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz. Solche liebevolle Zuneigung ist er daheim nicht gewohnt. Nachdem seine Scharlach-Erkrankung auskuriert ist, bedankt sich Michael artig bei der mehr als doppelt so alten, spröden und sich geradezu zurückweisend gebenden Frau mit einem Blumenstrauß. Woraus sich zur Überraschung beider eine Liebesgeschichte entwickelt, die das Leben des von Hanna nur „Jungchen“ genannten Michael beherrschen wird.

Sie lässt sich mit wachsender Begeisterung von ihm vorlesen, von der Schullektüre „Emilia Galotti“ über andere Klassiker bis hin zu Homers „Odyssee“. Sogar, freilich nur im Film, Comics wie „Tim und Struppi“. Eines Tages ist Hanna spurlos verschwunden. Michael studiert inzwischen Jura und protokolliert für sein Seminar den spektakulären Schwurgerichts-Prozess gegen Aufseherinnen des Konzentrationslagers Auschwitz. Und erkennt in der Hauptangeklagten seine einstige große Liebe Hanna.

Die sich offenbar keiner Schuld bewusst ist, nachdem sie sich als ganz junge Siemens-Arbeiterin in Berlin von der SS für den Wachdienst anwerben ließ. Auch nicht für den Hauptanklagepunkt: beim Todesmarsches der KZ-Insassen eines Außenlagers bei Krakau sind 300 Häftlinge in einer von Bomben getroffenen Kirche verbrannt, weil niemand die verriegelten Türen geöffnet hat. Erst als der Richter eine Schriftprobe von Hanna verlangt, nimmt diese alle Schuld auf sich. Michael allein weiß, warum, und behält sein Wissen für sich: Hanna ist Analphabetin. Und hat sich dessen immer geschämt. Dafür nimmt sie ohne erkennbare Anteilnahme auch das Urteil hin: Lebenslänglich…

Schon ein Jahr, nachdem der Jura-Professor Bernhard Schlink 1995 seinen semiautobiographischen Roman „Der Vorleser“ herausgebracht hatte, der schnell zu einem Welt-Bestseller wurde, sicherten sich Harvey Weinstein und Miramax die Filmrechte. Dennoch dauerte es mehr als zehn Jahre, bevor „The Reader“ am 10. Dezember 2008 in New York uraufgeführt wurde – beinahe eine unendliche Geschichte mit zahllosen Drehbuch-Anläufen. An diesem von David Hare, der zahlreiche Nebenpersonen des Romans wie Michaels Eltern und den Jura- Professors Rohl aufwertet und Michaels erstmaligen KZ-Besuch vom vergleichsweise unspektakulären Struthof-Natzweiler im Elsass nach Auschwitz verlegt, hat Bernhard Schlink mitgewirkt.

In einer Biergarten-Szene selbst kurz auf der Leinwand zu sehen, war Schlink sehr einverstanden damit, dass aus seinem chronologisch erzählten 200-Seiten-Roman eine über 124 Minuten spannende Adaption geworden ist, die auf der Zeitachse der 1950er bis 1990er Jahre hin und her springt. Und die die Person der Hanna Schmitz stärker in den Vordergrund rückt als die Titelfigur, die auf der Leinwand naturgemäß auch nicht mehr als Ich-Erzähler fungieren kann.

Es ist Stephen Daldry, der als Junge Deutsch gelernt und zeitweise in Berlin gelebt hat, gelungen, den „Horror der Banalität“ zu zeigen, indem er etwa in den Gerichtsszenen, die tatsächlichen Auschwitz-Prozessen detailgetreu nachempfunden sind, die KZ-Wärterinnen nicht als Monster, sondern als ganz durchschnittliche Menschen zeigt. Was keine Verharmlosung der Taten und keine Absolution für die Täter bedeutet, wie manche Kritiker beiderseits des Großen Teichs ätzten.

Die Wirkung des Films beruht neben seiner detailreich-authentischen Ausstattung (gedreht wurde das fiktive „Neustadt“ freilich nicht im Heidelberg des Romans, sondern in Görlitz) vor allem auf der Besetzung der beiden Hauptrollen, obwohl ursprünglich Nicole Kidman als Hanna Schmitz vorgesehen war. Den 2009 verliehenen „Oscar“ für die beste weibliche Hauptrolle hat sich Kate Winslet, zuvor schon mit dem „Golden Globe“ ausgezeichnet, jedenfalls redlich verdient: Erotik und Leidenschaft, mütterlicher Beschützerinstinkt und kalte Schroffheit sind ein weiter Bogen, den sie als so naive wie brutale KZ-Aufseherin zu spannen in der Lage ist, gerade auch in den spektakulären Nacktszenen mit dem vom deutschen Shooting-Star David Kross kongenial verkörperten 15-jährigen Schüler Michael Berg. Das hohe Selbstreflexionsniveau des Ich-Erzählers im Roman erreichen allerdings weder Ralph Fiennes als erwachsener Michael noch der Film insgesamt.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Schnitt

Musik

Darsteller

Alle Credits

Regie 2. Stab

Regie-Assistenz

Drehbuch

Kameraführung

Kamera-Assistenz

2. Kamera

Optische Spezialeffekte

Standfotos

Production Design

Art Director

Bauten

Set Design

Ausstattung

Innenrequisite

Kostüme

Schnitt

Ton-Design

Geräusche

Mischung

Stunts

Casting

Musik

Darsteller

in Zusammenarbeit mit

Ausführender Produzent

Produktionsleitung

Produktions-Assistenz

Post-Production

Dreharbeiten

    • 02.03.2008 - Juli 2008: Berlin, Köln, Görlitz, Lublin; Studio Babelsberg Potsdam-Babelsberg, MMC Studios Hürth
Länge:
3398 m, 124 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 19.02.2009, 117041, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (US): 10.12.2008;
Erstaufführung (DE): 06.02.2009, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 26.02.2009

Titel

  • Originaltitel (DE) Der Vorleser
  • Weiterer Titel (US) The Reader

Fassungen

Original

Länge:
3398 m, 124 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 19.02.2009, 117041, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (US): 10.12.2008;
Erstaufführung (DE): 06.02.2009, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 26.02.2009

Auszeichnungen

Jupiter Award 2010
  • Jupiter, Bester Darsteller
Europäischer Filmpreis 2009
  • Beste Schauspielerin
Academy Awards 2009
  • Oscar, Kategorie "Beste Darstellerin"
  • Nominierung in der Kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch"
  • Nominierung in der Kategorie "Beste Kamera"
  • Nominierung in der Kategorie "Beste Darstellerin"
  • Nominierung in der Kategorie "Bester Film"
  • Nominierung in der Kategorie "Beste Regie"
Golden Globe 2009
  • Beste Nebendarstellerin