Inhalt
Die Lebenswege zweier Schwestern in der nahen Zukunft: Während sowohl die Weltwirtschaft und Weltpolitik als auch die Situation in Deutschland zusehends instabil werden und die Gesellschaft auseinanderzubrechen droht, erlebt Laura Kuper ihre große Liebe: Mit Hans, der seinen Anwaltsberuf aufgegeben hat, will sie eine Familie gründen. Da die beiden aber keine gemeinsamen Kinder haben können, muss sie sich zwischen ihrem Kinderwunsch und der Liebe zu Hans entscheiden. Ihre Schwester Cecilia ist unglücklich in Konstantin verliebt, durch den sie in den neu aufkommenden Terrorismus verwickelt wird. Als Mitglied der Gruppe "Schwarze Stürme" soll sie aktiv an der Vernichtung des bestehenden Systems mitarbeiten.
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Was auch damit etwas zu tun hat, dass sie sich mit drakonischen militärischen Maßnahmen zu schützen sucht gegen einen immer stärker anschwellenden Flüchtlingsstrom aus Afrika. Das südliche Europa hat man bereits aufgegeben, sich bis zu den Alpen zurückgezogen und dort einen Wall errichtet mit haushohen Grenzmauern, so etwas wie die Vereinigung aus Adolf Hitlers Phantasie einer „Alpenfestung“ und dem über Jahrzehnte sehr realen Mauerstreifen, der die beiden Nachkriegs-Deutschlands trennte. Die junge Frau beabsichtigt allen Ernstes, mit ihrem kleinen Kind die Festung zu verlassen – und lässt sich eine kleine Eisentür öffnen...
So beginnt Lars Kraumes episch breite Untergangsfiktion, eine ziemlich krude Mischung aus Familien- und Terroristengeschichte, bei der alles wie am Reißbrett ausgedacht erscheint und doch sehr wenig zusammenpasst. Vor allem: Auf der Cinemascope-Kinoleinwand wird nur allzu deutlich, dass es sich im Grunde um eine Fernsehproduktion handelt.
Rückblick, acht Jahre zuvor in Berlin. Wir lernen die junge Frau aus dem Prolog als Laura Kuper kennen, die an der Universität die gleiche Vorlesung besucht wie Konstantin Richter, der Freund ihrer Schwester Cecilia. Welcher sich einer Aktivistengruppe angeschlossen hat, die Jagd auf den in der Hauptstadt weilenden saudischen Ölminister machen will. Auch Cecilia, die eigentlich mit Politik nichts am Hut hat, macht bei diesem „Flashmob“ mit – und muss sich anschließend von ihrem Vater aus der U-Haft befreien lassen. Ausgerechnet vom Rechtsanwalt Walter Kuper, dessen Kanzlei gute Geschäfte mit Saudi-Arabien macht.
Aber damit leider noch nicht genug: Lars Kraume hat eine völlig überflüssige Nebenhandlung hinzuerfunden, nach der die Vaterschaft des jüngsten Kindes von Martha Kuper, Philip, ungeklärt ist. Erst ein Vaterschaftstest bringt Klarheit, aber zu diesem Zeitpunkt ist bei Philip, so jedenfalls liest sich Lars Kraumes Film, bereits so viel zerstört worden, dass er sich der Bundeswehr anschließt und freiwillig in den Krieg zieht.
Zurück zu Laura, die offenbar schon länger ein Auge auf den jungen Anwalt Hans Krämer geworfen hat, ihn aber erst näher kennen und lieben lernt, als dieser seine Stelle in der Kanzlei ihres Vaters aufgegeben hat. Hans leidet unter einer seltenen, unheilbaren Makulastörung und hat beschlossen, die letzten Jahre vor der unausweichlichen Erblindung auf dem Land zu leben und sich als Hobby-Ornithologie ganz den bedrohten Vogelarten zu widmen. Aber damit leider immer noch nicht genug: Lauras sehnlichster Wunsch nach einem Kind erfüllt sich nicht, weil ihre Gene und die von Hans inkompatibel sind. Am Hochzeitstag, kurz vor dem Ja-Wort, erleidet Laura eine Frühgeburt. Sie verliert ihr Kind – und hält es dennoch bald wieder in ihren Armen, zum Abschiednehmen - medizinische Verordnung der Oberärztin.
Zurück zu Konstantin und Cecilia. Die haben sich der Terrororganisation „Schwarze Stürme“ des charismatischen Franzosen Vincent angeschlossen, die via Internet mit Computerviren und Protestaufrufen die „Erste Welt“ in ein Chaos stürzen will – aus Rache für die chaotischen Verhältnisse in der „Dritten“. Er operiert von Paris aus, sie übernimmt zur Tarnung ein Berliner Edelrestaurant, wo jeden Abend die dekadente Upper Class offenbar aus der ganzen westlichen Welt die Sau 'rauslässt. Während den schwer bewachten Berliner Supermärkten die Lebensmittel ausgehen und immer mehr Obdachlose in den Parks der Hauptstadt campieren...
Wird so in wenigen Jahren unsere Welt aussehen? Ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen, was uns Lars Kraume in seiner Zeitreise, die von unserer Gegenwart in eine sehr nahe Zukunft führt, offenbart. Doch diese, so der Autor und Regisseur selbst, „naturalistische Science-Fiction“ kennt nur Schwarz und Weiß: Die westliche Zivilisation geht an ihren eigenen Polizeistaat-Methoden unter. Sie wird sich bald vom Draußen, dem nackten Chaos außerhalb der alpinen Festungsmauer, nicht mehr unterscheiden.
Die ganze Welt ist dem Untergang geweiht – bis auf ein Öko-Idyll hoch in den Bergen, wo der inzwischen halb erblindete Hans mit seinen seltenen, vom Aussterben bedrohten exotischen Vögeln lebt. Eine Arche, die Vögel bevölkern stets paarweise die Volieren, inmitten der Apokalypse - samt Weinvorrat und bewaffnetem Beschützer (ein farbiger Kindersoldat aus Afrika!). Die Hütte ist Lauras Ziel, zu dem sie durch das beherzte Passieren besagter kleiner Eisentür gelangt. Mit dem kleinen Johann auf dem Arm, Frucht einer kurzen, intensiven Liaison mit Konstantin. TV-Premiere war am 7. September 2012 auf Arte.
Pitt Herrmann