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Neuverfilmung des gleichnamigen Jugendromans, der erstmals 1977 mit großem Erfolg fürs Fernsehen adaptiert worden war. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Kinderbande der "Vorstadtkrokodile". Um endlich in die coole Gang aufgenommen zu werden, lässt der zehnjährige Hannes sich auf eine riskante Mutprobe ein. Als er dabei in Lebensgefahr gerät, wird er von dem gleichaltrigen Kai gerettet, der auch gerne zu der Bande gehören würde, auf Grund seiner Querschnittslähmung jedoch ein Außenseiter ist und von den anderen Kindern als vermeintlich hilfloser "Spasti" gehänselt wird. Erst als Kai eines nachts eine Einbrecherbande beobachtet, fangen die Vorstadtkrokodile an, sich für ihn zu interessieren, schließlich wäre es ein riesiger Coup, wenn es ihnen gelingen würde, die Ganoven dingfest zu machen. Unter der Bedingung, dass er bei den detektivischen Recherchen dabei sein darf, führt Kai die anderen Jungs auf die Spur der Einbrecher – ein Abenteuer, das sich schon bald als ziemlich gefährlich erweist.
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Wilde Verfolgungsjagden mit Renn-Rolli und Motorrädern durch die Fußgängerzone, generalstabsmäßige Planung, die wie Legospielen aussieht, jede Menge flotte und manchmal auch altkluge Sprüche: Christian Ditters Film ist sehr dramatisch und dabei immer wieder auch (an-) rührend. Und zum Glück ganz anders als die „Wilden Kerle“ und die „Wilden Hühner“.
Den packenden, im Ruhrgebiet geerdeten und daher sehr realistischen Jugendbuch-Bestseller des Dortmunders Max von der Grün, Schullektüre des Regisseurs Christian Ditter, hat dieser mit einem tollen Schauspieler-Ensemble für die große Leinwand adaptiert, bei dem nur Martin Semmelrogge und Ralf Richter in ziemlich krassen Chargenrollen aus dem Rahmen fallen: Klischees, übrigens auch das vom besonders romantischen Revier an Ruhr und Emscher, wollen bedient werden. Wozu auch Jacob Matschenz. Axel Stein und Oktay Özdemir als Motorrad-Gang ausgiebig Gelegenheit erhalten.
„Vorstadtkrokodile" ist ein „Muss“ für die ganze Familie. Weil Roman wie Leinwandadaption hochspannend sind: Die Mutprobe auf dem Dach gleich zu Beginn des Films ist ein saustarker Einstieg. Weil die Kinder im Parkett ganz ohne erhobenen moralischen Zeigefinger mitbekommen, wie grausam ihre (Film-) Altersgenossen sein können, gegen Außenseiter aller Art, gegen Erwachsene – und vornehmlich gegen die eigenen Eltern.
Und weil die beiden Christians, Regisseur Ditter und Produzent Becker, ein so tolles Ensemble zusammenbekommen haben. Nick Romeo Reimann gibt den Hannes als einen auf den ersten Blick ganz gewöhnlichen Jungen. Und auf den zweiten als einen sich rührend um seine junge, attraktive und noch studierende alleinerziehende Mutter kümmernden Sohn, der ganz früh Verantwortung übernimmt, indem er den notabene chaotischen Haushalt wenn nötig auch ganz allein schmeißt.
Nora Tschirner verkörpert als Hannes' Mutter eine grazile junge Person, die die Katastrophen des Alltags förmlich magisch anzieht und dabei kurz vor dem so entscheidenden Uni-Examen steht. Als Gegensatzpaar agieren Maria Schrader und Smudo als Kais naturgemäß ständig besorgte und übervorsichtige Eltern. Leonie Tepe glänzt als Maria, dem einzigen Mädchen der „Krokodile“, aktuelle Romanlektüre: „Die Welle“. Als kollektives Pinkeln angesagt ist auf einem Schrotthaufen des Fabrikgeländes darf sie im Abseits ihr Geschäft verrichten. Aber Kai? Die begriffsstutzige „Bande“ muss sich erst von Maria vorführen lassen, bevor ihm jemand zu Hilfe kommt.
Schließlich Fabian Halbig als „Behindi“, „Spasti“, „Rolli“ Kai, der auch im Rollstuhl auf eigenen Beinen stehen will, weshalb er sich gegen seine Über-Mutter ebenso durchsetzen muss wie zunächst gegen die „Krokodile“ und dann mit ihnen. Am Ende ist das Thema „Förderschule für Behinderte“ keines mehr und Kai kommt nicht in die Kiste, sondern auf ein Hase-Spezialrad. Das wird mitten im Revier, auf Zeche Waltrop, produziert. Auch so kriegt der Kinofilm die Kurve vom Roman über Wolfgang Beckers WDR-Fernsehfilm aus den 1970er Jahren in unsere Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Vor der offiziellen Uraufführung in Köln gabs am Rand der Berlinale am 10. Februar 2009 eine Preview in der SPD-Parteizentrale Willy-Brandt-Haus, zu den Gästen gehörte der damalige SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering. Die Free-TV-Premiere erfolgte am 3. Januar 2012 auf Sat 1.
Pitt Herrmann