Inhalt
Sommer 1788 in Rudolstadt. Der aufrührerische Dichter Friedrich Schiller und zwei mittellose Schwestern aus dem thüringischen Adel verbringen eine unvergessliche Zeit, die sie für immer aneinander binden wird. Die unglücklich verheiratete Caroline von Beulwitz und ihre schüchterne Schwester Charlotte von Lengefeld nehmen ihren Schwur ernst, alles miteinander zu teilen, auch den Autor der "Räuber". Charlotte geht die Ehe mit Schiller ein, sodass die ménage à trois unter dem Deckmantel der Konvention fortgesetzt werden kann. Caroline, deren Roman Schiller anonym publiziert, verlässt ihren Mann. Als sie schwanger wird, zerbricht das fragile Gleichgewicht des Liebesdreiecks. Doch Schiller ringt um beide Schwestern.
Dominik Graf stellt in seinem ersten abendfüllenden Kinofilm seit acht Jahren nicht den wilden Starautor Friedrich Schiller in den Mittelpunkt, sondern die ewig aktuelle Frage: Kann man eine ungewöhnliche Liebe leben? Das kulturelle Zentrum Weimar, die Entwicklung des Buchdrucks und die Französische Revolution liefern den Hintergrund zu der leidenschaftlichen Liebesgeschichte. Ein Film mit heller, leichter Kamera, nah an seinen Figuren, modern im Denken, Handeln und Fühlen.
Quelle: 64. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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„Die geliebten Schwestern“ ist in vielfacher Weise ungewöhnlich, auf spektakuläre Weise leise und aus der Zeit gefallen: Graf setzt ein Zeichen in der nicht gerade von Mut gekennzeichneten deutschen Filmlandschaft. Auf der einen Seite ein Schiller-Biopic, gedreht an Originalschauplätzen in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Bei dem Goethe in einer einzigen Szene an der Saale nur als Schattenriss kurz ins Bild gerückt wird. Die letzte Einstellung zeigt das Schiller-Haus im heutigen Weimar – neben Goethes Gartenhaus und seiner Residenz am Frauenplan „das“ touristische Highlight der schon zu DDR-Zeiten sorgsam restaurierten Klassiker-Stadt. Die in den brillanten, satten Farben und der beinahe hautnahen Präsenz des erlesenen Ensembles zum Sehnsuchtsort auch eines jüngeren Kinopublikums werden könnte Dank der Aufnahmetechnik des 21. Jahrhunderts und der detailverliebten Ausstattung.
Zum anderen ist es ein Liebesfilm vor wahrem Hintergrund, wobei naturgemäß nicht jedes Detail verbürgt ist und die erste Liebesnacht Schillers mit der verheirateten Caroline schon gar nicht. Was aber überhaupt nichts macht: Dominik Graf führt uns in eine Zeit zurück, und das mit ganz heutigem, sinnenfrohem Blick, in der noch mit Feder und Tinte geschrieben wurde, in der versiegelte Briefe von Hand ausgetragen oder weitergereicht wurden, aber nach Achsbruch der Postkutsche auch schon 'mal im Schlamm der Chaussee landeten statt in den Händen des geliebten Adressaten. Für die Facebook- und Twitter-Generation schier unfassbar: Kommunikation hat einmal etwas mit Poesie zu tun gehabt – und mit Kalligraphie.
Schließlich ist die Rückkehr Dominik Grafs nach fast zehn Jahren auf die große Leinwand für Action-Kino-Fans eine Herausforderung: Der allzu häufig kammerspielartigen Ästhetik merkt man die TV-Koproduktion an. Und der vom Regisseur selbst aus dem Off gesprochene Erzähler-Kommentar, der distanzierend wirken soll, ist zumindest in der ersten Stunde nicht nur fürchterlich altklug, sondern auch erschreckend altbacken. Nicht zuletzt werden die leider immer wieder arg weichgespülten Dialoge mit einer ebensolchen Musiksauce unterlegt.
„Die geliebten Schwestern“, am 8. Februar 2014 bei der 64. Berlinale in einer 170-minütigen Director's-Cut-Version uraufgeführt, ist ein Amphibienfilm, der am 31. Juli 2014 in einer zweistündigen Fassung in die Kinos gekommen ist und am 22. Juni 2016 von Arte als 190-minütiger Zweiteiler erstausgestrahlt wurde. Dominik Graf: „Die Bewegungen der Figuren des Films durch die historischen Räume und zu den Orten ihrer Biographie sind langsamer, zeitraubender als die Bewegungen und Ortsveränderungen heutiger Menschen. Das hat die Inszenierung beeinflusst, das heißt, es hat den Szenen an vielen Stellen einen konkret anderen Rhythmus verpasst als geplant. Ich habe diesen Rhythmus beim Drehen genossen, weil ich das Gefühl hatte, es gibt den nicht immer einfachen Emotionen der Hauptfiguren Zeit zur Entwicklung.“
Pitt Herrmann