Der Rote Kakadu

Deutschland 2004-2006 Spielfilm

Inhalt

Dresden, Frühjahr 1961. Der 20-jährige Siggi kommt in die Stadt, um am Theater als Bühnenmaler zu arbeiten. Dort verliebt er sich in die junge, verheiratete Dichterin Luise, die ihn in die faszinierende Welt des berühmt-berüchtigten Tanzlokals "Roter Kakadu" einführt. Während Siggi verzweifelt versucht, gegen seine immer stärker werdenden Gefühle für Luise anzukämpfen, wird die freigeistige Szene des "Roten Kakadus" zusehends von Agenten der Staatssicherheit in die Zange genommen.

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Heinz17herne
Heinz17herne
5. April 1961, vier Monate vor dem Mauerbau. Juri Gagarin hat als erster Mensch im Weltall einen großen Sieg für den Sozialismus errungen. An diesem Tag kommt Siggi, der zeichnen kann und Bühnenbildner werden will, nach Dresden. Um dem Traum von einem Studium an der Theaterhochschule ein Stück näher zu rücken, ist er zu seiner Tante Hedy gezogen. Die ist Schauspielerin an dem Theater, wo er jetzt – zunächst als Kulissenmaler - arbeiten kann.

12. April 1961, ein sonniger Frühlingsnachmittag. Siggi wird zufällig Zeuge einer offenbar illegalen, ironisch „Kosmonauten-Rock-Party“ genannten Open-Air-Session in einer Parkanlage, die brutal von der Volkspolizei und Stasi-Leuten in Zivil aufgelöst wird. Kofferplattenspieler, die West-Platten, alles geht unter den Stiefeln der Vopos zu Bruch. Siggi kann knapp entkommen, und mit ihm die etwas abseits stehende Luise.

Siggi ist auf Anhieb in die junge (Hobby-) Dichterin verliebt, deren Gedichte als „dekadent“ gelten, weshalb sie nicht in die offiziöse „Arbeitsgemeinschaft Junger Autoren“ aufgenommen wird, sondern sich erst einmal „in der Produktion bewähren“ soll – als Arbeiterin ausgerechnet in einer Schnapsfabrik.

Luise ist außerdem mit Wolle verheiratet. Der hat zwar weder Sinn für Kreativität noch hält er eheliche Treue für notwendig, aber Luise fühlt sich bei ihm geborgen – und das bereits seit gemeinsamen Sandkasten-Tagen. Siggi bleibt nichts anderes übrig, als auch mit Wolle Freundschaft zu schließen. Denn mit Luise verbindet ihn bald mehr: Sein zeichnerisches Talent und ihre Poesie, das könnte was werden.

Trotz ihrer politischen Überzeugung? Während Siggi wie viele andere Gleichaltrige daran denkt, das Land zu verlassen, verteidigt Luise als überzeugte Sozialistin die DDR als das gerechtere System gegenüber Westdeutschland, wo Kriegsverbrecher und alte Nazis das Sagen haben: „Willst Du Sarotti-Schokolade oder willst Du was aufbauen?“ sagt sie einmal zum schwer beeindruckten Siggi.

Die Freunde treffen sich mit anderen jungen Leuten, die das Blauhemd der staatlichen Organisation „Freie Deutsche Jugend“ allenfalls bei offiziellen Anlässen zu tragen bereit sind, im „Roten Kakadu“, „dem“ Tanzlokal in Dresden. Dort wird die Musik des Klassenfeindes gespielt und recht freizügig gelebt. Aber man kommt überhaupt nur in einem gewissen Outfit hinein, was Siggi gleich am ersten Abend schmerzhaft erfahren muss. Weshalb er sich über den Umweg einer Figur aus Meißner Porzellan, die er bei Tante Hedy mitgehen lässt und einer Spritztour zum Antiquitätenhändler auf dem Kudamm in West-Berlin, mit entsprechenden Klamotten versorgt.

Doch die unbeschwerten Abende in dieser für Siggi völlig neuen, faszinierenden Welt sind gezählt: Die Partei der Arbeiter- und Bauernklasse nimmt an diesem unorthodoxen (Jugend-) Treff Anstoß. Wolle wird als einer der Rädelsführer verhaftet und plötzlich muss Siggi um Luise, die ihre Gedichte nicht veröffentlichen darf, ebenso kämpfen wie um seine eigene Zukunft am Dresdener Theater. Dort gibt jetzt der linientreue Dramaturg Hurwitz den Ton an und bei ihm liegt die Entscheidung, ob Siggi an die Theaterhochschule delegiert wird...

Lebenshunger, Liebe, Rock’n Roll: Es ist eine (Dreiecks-) Liebesgeschichte, die im Mittelpunkt steht. Aber der Film, Free-TV-Premiere war am 26. Juli 2008 auf Pro Sieben, will und ist mehr: die authentische und voller Leidenschaft erzählte Schilderung des Lebensgefühls einer Jugend in der nicht mehr ganz so jungen und, so kurz vor dem Mauerbau 1961, längst nicht mehr unschuldigen DDR, berücksichtigt man nur die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes am 17. Juni 1953.

Siggi hat, um Luise endgültig auf seine Seite zu ziehen, ihre Gedichte in einem hübschen, mit eigenen Zeichnungen illustrierten Band drucken lassen – auf eigene Kosten. Das wird ihm nun zum Verhängnis: Siggi wird verhaftet. Dabei scheint auch die umtriebige Hurwitz-Sekretärin Männchen ihre Hände im Spiel zu haben. Siggi soll für die Staatssicherheit arbeiten, was er jedoch ablehnt. Im letzten Augenblick und mitten in der Nacht kann er zusammen mit dem Fabrikanten Lewerenz, so etwas wie der väterliche Freund der unorthodoxen „Kakadu“-Truppe, nach West-Berlin fliehen. In der Lobby eines Nobelhotels treffen sie auf den „kleinen Lewerenz“. Hat der Sohn des großbürgerlichen Gönners etwas mit seiner Verhaftung zu tun? Als Siggi diesem Verdacht nachgehen will, schlägt die Nachricht vom Beginn des Mauerbaus wie eine Bombe ein...

Dominik Graf über die Lebensfreude der jungen „Kakadu-Bar“-Besucher im X-Verleih-Presseheft: „Ich glaube, einerseits ist es eine Lebensfreude aus Verzweiflung, weil man ahnt, in diesem Staat kommt womöglich nichts besseres nach als das bisschen Freiheit, was man jetzt gerade erlebt. Andererseits dachten manche der jungen Leute sicher auch noch eine Weile, ’wir kriegen das schon noch in den Griff’. Alle fühlen sich zunächst noch wie in einem Internat, wo man den Lehrern noch auf der Nase herumtanzen kann. Die SED-Leute im Lokal sind zu Beginn eher Witzfiguren. Aber das ändert sich dann gewaltig.“

Die legendäre „Kakadu-Bar“ hat es tatsächlich im großbürgerlichen Stadtteil „Weißer Hirsch“ am nordöstlichen Rand Dresdens gegeben. Sie gehörte zum 1914 eröffneten Parkhotel, hier feierten Stars wie Heinz Rühmann und Zarah Leander in den 1930er Jahren rauschende Feste. Nach dem Krieg bezog die Rote Armee Quartier im renommierten Villenviertel, sodass das Hotel erst 1952 wieder öffnen konnte – und damit die Bar. Mit einem Programm, das neben DDR-typischer Unterhaltungsmusik auch Jazz, Blues und Rock’n Roll berücksichtigte, erlangte die „Kakadu-Bar“ einen legendären Ruf. DDR-Stars wie Veronika Fischer, Nina Hagen und die Gruppe „Elektra“ standen hier immer wieder auf der Bühne. Seit 1992 ist das Parkhotel wieder im Besitz der Alteigentümer, Nachfahren des Erbauers Jacques Bettenhausen.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Steadicam

Standfotos

Titelgrafik

Kostüme

Schnitt

Geräusche-Schnitt

Ton-Assistenz

Mischung

Spezialeffekte

Stunt-Koordination

Darsteller

Produzent

Redaktion

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Erstverleih

Dreharbeiten

    • 27.07.2004 - 20.09.2004: Dresden, Leipzig, Berlin
Länge:
3507 m, 128 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 10.02.2006, 105191, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung: 14.02.2006, Berlin, IFF - Panorama;
Kinostart (DE): 16.02.2006

Titel

  • Originaltitel (DE) Der Rote Kakadu

Fassungen

Original

Länge:
3507 m, 128 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 10.02.2006, 105191, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung: 14.02.2006, Berlin, IFF - Panorama;
Kinostart (DE): 16.02.2006

Auszeichnungen

IFF Marrakesch 2006
  • Darstellerpreis
  • Golden Star Grand Prix
FBW 2006
  • Prädikat: wertvoll
Bayerischer Filmpreis 2006
  • Bester Nachwuchsdarsteller