Winterreise

Deutschland Österreich 2005/2006 Spielfilm

Inhalt

Winter in Bayern. Franz Brenninger, Besitzer einer Eisenwarenhandlung, hat es zu Ansehen und Vermögen gebracht. Seine beiden Kinder sind längst erwachsen, seine Frau Martha steht ihm treu zur Seite. Aber Brenninger plagt eine innere Unrast. Er hat Phasen: himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Ist er gut darauf, wischt er die Realitäten vom Tisch, legt sich mit jedem an, schmeißt das Geld zum Fenster hinaus. So bekommt er immer mehr "Arschlochpost": Rechnungen, Mahnungen, Forderungen. Brenningers Firma steht vor der Pleite. Zum Glück kommt Post aus Afrika. Geschäfts leute aus Kenia schlagen ein "Geschäft" vor: Sie wollen 15 Millionen Dollar auf seinem Konto "parken", dafür wird er eine stattliche Provision erhalten.

 

Brenninger braucht Geld für das Geschäft und für eine dringende Augenoperation seiner Frau. In einer seiner Hochphasen schlägt er alle Warnungen in den Wind. Statt eine Provision zu bekommen, muss er jetzt 50.000 Euro als Sicherheit hinterlegen. Geld, das er von der Bank für die Operation bekommt, steckt er wider besseren Wissens in das faule Geschäft. Er verliert alles. Doch Brenninger wäre nicht Brenninger, wenn er es nicht richten könnte. Mit der jungen Kurdin Laila, die für ihn dolmetscht, fährt er nach Afrika, um das Geld zurückzuholen. Doch weiß er von Schuberts Liederzyklus "Winterreise": "Eine Straße muss ich gehen, / Die noch keiner ging zurück."

Nach "Hierankl" setzt Hans Steinbichler mit "Winterreise" seine Reihe von Bayern-Porträts fort.

Quelle: 57. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

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Heinz17herne
(Kein Betreff)
„Das ist eine Schubertmesse und keine Schneckenmesse!“ brüllt der manisch-depressive Eisenwarenhändler Franz Brenninger vernehmlich durch die kleine bayerische Dorfkirche, bevor er polternd und türeschlagend aus der hl. Messe in die Winterlandschaft flüchtet. Der immer häufiger zu cholerischen Ausbrüchen neigende und auch vor körperlicher Gewalt keineswegs zurückschreckende Inhaber eines kleinen metallverarbeitenden Betriebes hat an mehreren Fronten zu kämpfen. Seit die Kinder Xaver und Paula erwachsen sind und auf eigenen Beinen stehen, müsste Brenninger sich intensiver um seine kranke, immer stärker erblindende und daher sehr zurückgezogen lebende Gattin Martha kümmern. Doch nur wenn es ihm ganz schlecht geht, er sich daheim im abgedunkelten Zimmer ins Bett verkriecht, kommt die sanft Leidende an ihn heran.

In Brenningers Hochphasen dagegen kann ihm niemand Einhalt gebieten, und Martha schon gar nicht. Dann lässt er es sich bei Jacqueline und ihren Kolleginnen im Bordell gut gehen, hört daheim ohrenbetäubend laut Musik oder tritt nackt hinaus ins Freie, auch wenn Schnee liegt. Der „Arschlochpost“ dagegen schenkt er keine Beachtung: Rechnungen, Lieferanten-Forderungen und Mahnungen bleiben ungeöffnet. Seine Firma steht kurz vor der Pleite, Material gibt es nur noch gegen Vorkasse. So dreht mancher LKW-Fahrer am Eingangstor den Truck mit voller Ladung um: Banker Holger Mankewski hat die Kreditlinie auf Null heruntergefahren.

Zufällig lernt Brenninger die junge Kurdin Leyla kennen, die Ethnologie studiert: „Ich will wissen, was passiert, wenn ein Volk einfach verschwindet.“ Das imponiert ihm und als er völlig überraschend Post aus Kenia erhält, beauftragt er Leyla mit der Übersetzung und Fortführung der Korrespondenz. Ein gewisser Tom Kanabe schlägt Brenninger einen so gewinnbringenden Deal vor, dass er mit einem Schlag aller seiner finanziellen Sorgen ledig wäre: Auf dem Firmenkonto sollen 15 Millionen Dollar Schwarzgeld geparkt, d.h. gewaschen werden – gegen eine millionenschwere Provision.

Schon bald wird Brenninger klar, dass er es mit abgekochten Partnern zu tun hat: Er soll 50.000 Euro als Sicherheit hinterlegen. Eine für ihn astronomische Summe. An die er dennoch herankommt: Sohn Xaver und der mit ihm befreundete Banker Mankewski stellen den Betrag für eine dringend benötigte, aber von der Krankenkasse nicht finanzierte Augenoperation

Als statt der vereinbarten Provision weitere Zahlungsaufforderungen aus Kenia kommen, wird Brenninger klar, dass er betrogen worden ist. Kurzentschlossen fliegt er zusammen mit Leyla nach Afrika, um sich sein Geld auf eigene Faust zurückzuholen. Was wörtlich zu nehmen ist, aber nicht unbedingt im ursprünglichen Sinn. In das schier hoffnungslose Unterfangen bringt Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ Bewegung. Die Musik hatte Brenninger einst im Autoradio gehört – und seither nicht mehr losgelassen: „Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück.“

„Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh‘ ich wieder aus“: Abends im Hotel in Nairobi intoniert der niedergeschlagene Brenninger Lieder aus der „Winterreise“, sich selbst am Klavier begleitend. Was nicht nur Leyla tief berührt, sondern auch einen deutschen Geschäftsmann Friedländer. Und der ist in der Lage, einen entscheidenden Hinweis zu geben…

Hans Steinbichler ist nach „Hierankl“ mit „Winterreise“ – und nicht zuletzt mit der gleichen Kamerafrau Bella Halben – ein erneut großartiger Film gelungen, der ganz mit Josef „Sepp“ Bierbichler steht und fällt. Der wurde mit dem Deutschen Filmpreis 2007 als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Was sicherlich auch mit der Musikalität des 1948 auf einem Bauernhof am Starnberger See geborenen Grimme-Preisträgers („Gold“ für „Hierankl“) zu tun hat.

„Mein Vater wollte eigentlich Sänger werden, aber dass ging natürlich nicht wegen unserer Land- und Gastwirtschaft, er hat uns aber, in unseren Privaträumen, schon als Kinder ständig mit klassischer Musik beschallt. Das hat seine Wirkung getan. Mit zwölf Jahren konnte ich die Florestan-Arie aus dem Fidelio auswendig. Nach einer bestimmten Beschallungszeit funktioniert das. Daher ist das Drehbuch mir sehr nahe gewesen. Das wusste der Autor natürlich nicht – ist eher ein Zufall, dass das auf mich zutraf. Aber dann hab‘ ich sehr schnell darauf bestanden, wo es Sinn macht, den Schubert selbst zu singen“, so Josef Bierbichler im X-Verleih-Presseheft.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera

Kostüme

Schnitt

Ton-Assistenz

Mischung

Darsteller

Produktionsfirma

in Zusammenarbeit mit

Herstellungsleitung

Erstverleih

Dreharbeiten

    • 08.02.2005 - 31.03.2005: Wasserburg am Inn, Nairobi und Umgebung (Kenia)
Länge:
2710 m, 99 min
Format:
35mm, Cinemascope
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung: 11.07.2006, 106763, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Voraufführung (FR): 20.05.2006, Cannes, IFF - Filmmarkt;
Uraufführung: 05.07.2006, Karlovy Vary, IFF;
Erstaufführung (DE): 15.07.2006, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 23.11.2006;
TV-Erstsendung (DE FR): 30.04.2009, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE AT) Winterreise

Fassungen

Original

Länge:
2710 m, 99 min
Format:
35mm, Cinemascope
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung: 11.07.2006, 106763, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Voraufführung (FR): 20.05.2006, Cannes, IFF - Filmmarkt;
Uraufführung: 05.07.2006, Karlovy Vary, IFF;
Erstaufführung (DE): 15.07.2006, München, Filmfest;
Kinostart (DE): 23.11.2006;
TV-Erstsendung (DE FR): 30.04.2009, Arte

Digitalisierte Fassung

Länge:
100 min
Format:
DCP 2k, 1:2,35 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SR

Auszeichnungen

Deutscher Filmpreis 2007
  • Lola, Bester Hauptdarsteller