Winterschläfer

Deutschland 1996/1997 Spielfilm

Inhalt

Die Schicksale von vier Personen um die 30 verweben sich kurz nach Weihnachten, "zwischen den Jahren": In einer alten Villa einer verschneiten Kleinstadt in den bayerischen Alpen erwartet Rebecca Marco, einen Skilehrer mit mehr als einer Geliebten. Bald werden Rebecca und Marco auf Laura, die Besitzerin der Villa, und René, den Vorführer im örtlichen Kleinkino treffen. Die Unterschiede zwischen allen Vieren – nicht nur zwischen dem Sportwagenfahrer Marco und dem introvertierten René, der wegen Gedächtnisstörungen sein Leben mit Fotoapparat und Tonband dokumentiert – rücken immer mehr ins Zentrum. Sie drohen die Liebespaare zusehends zu spalten, als ein folgenschweres Unglück geschieht: Durch Marcos Sportwagen wird auf der eisglatten Straße die Tochter des Bergbauern Theo lebensgefährlich verletzt.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Theo ist ein verarmter Bauer, der mit Frau Edith und drei Kindern auf einem Hof lebt, der nicht mehr genug abwirft zum Überleben. Als letztes Mittel soll das Pferd verkauft werden. Theos zehnjährige Tochter Marita ahnt, dass der als Grund angegebene Besuch beim Tierarzt nur eine Ausrede ist und schmuggelt sich, um den geliebten Vierbeiner nicht zu verlieren, in den Pferdeanhänger.

Sie kommt an den Folgen eines Unfalls auf tragische Weise ums Leben. Dieser Unfall ist von Theo selbst verursacht worden, weil er, von seinen beiden Söhnen angefunkt, sich nicht auf die Straße konzentriert hat. Dennoch schiebt er die Schuld dem zunächst unbekannten Fahrzeuglenker in die Schuhe. Der Verdacht fällt auf den Skilehrer Marco, doch dieser Hallodri liegt zum Zeitpunkt des tragischen Vorfalls auf schneebedeckter, eisglatter Fahrbahn mit der attraktiven Blondine Rebecca in den Federn.

Marco gehört nur das Fahrzeug, ein kleiner sportlicher Flitzer. Den hat sich der Kino-Filmvorführer René, selbst Besitzer nur eines klapprigen VW Käfers, kurzentschlossen „ausgeliehen“ – und sich in euphorischer Stimmung ans Steuer gesetzt. René hat aus seiner Wehrdienstzeit eine markante Kopfverletzung davongetragen, die zum Verlust des Kurzzeitgedächtnisses führt. So ist René zum „Lomoisten“ geworden: Täglich macht er mit seiner kleinen russischen Einfach-Kamera Schnappschüsse, welche er sorgfältig in ein Album klebt. So versucht er, sich an sein Leben zu erinnern.

Doch beim Unfall hapert es. Das Auto hat René in einen Schneehügel gesetzt und seinen Weg nach Hause zu Fuß fortgesetzt. Zwar kommt er am Unfallfahrzeug vorbei, erblickt den hinter dem Steuer eingeklemmten und offenbar bewusstlosen Bauern Theo, unternimmt aber nichts. Der wird erst später von einem Autofahrer entdeckt und aus dem Fahrzeug gezogen.

Theo muss sein schwer verletztes Pferd erschießen – und kann seine eher zufällig entdeckte, da in den Straßengraben geschleuderte Tochter nur noch den ärztlichen Künsten anvertrauen, die jedoch versagen. Das Kind, liebevoll betreut von der Krankenschwester Laura, erwacht ein einziges Mal aus dem wochenlangen Koma, bevor das Herz aussetzt. Derweil hat Theo auch seinen Hof verloren und zieht mit Familie und karger Habe auf einen Einödhof in die Berge.

Nur das Publikum weiß, dass alle handelnden Personen wie ein Spinnennetz schicksalhaft miteinander verwoben sind. Die Krankenschwester Laura lebt in ihrem ererbten Häuschen zusammen mit der Übersetzerin Rebecca, die ein vor allem sexuelles Verhältnis mit dem selbstüberheblichen Womanizer Marco hat. Der meldet sein Fahrzeug als vermisst, freilich ohne Resonanz beim Dorfpolizisten (der Wiener Burgtheater-Star Robert Meyer in einer winzigen Episodenrolle), zumal es völlig eingeschneit im Straßengraben liegt. Und der Unglücksfahrer René, der sich trotz mehrerer Lomo-Schnappschüsse an nichts mehr erinnern kann, bändelt mit der vom Leben an sich und von ihrer Leistung als Hobby-Schauspielerin im Besonderen ziemlich frustrierten Laura an.

Zum Show-Down-Finale in den bayerischen Alpen kommt es, nachdem der verzweifelte Theo das Unfallfahrzeug unter dem nun tauenden Schnee entdeckt und den Fahrzeughalter, den er für den Unfallverursacher hält, ermittelt hat. Er steigt dem Skilehrer auf einen gewaltigen Gletscher nach, wo er Marco selbst in verzweifelter Lage antrifft: Nina, eine Skischülerin, mit der er naturgemäß auch ein Verhältnis hat, ist im Nebel vermutlich abgestürzt. Marco macht sich bittere Vorwürfe und sieht in Theo zunächst den Vater seiner Schutzbefohlenen – er nimmt sich das Leben. Theo hat seine Rache und die verschollene Schülerin ist so wohlauf, dass sie sich in Theos Einödhof retten kann – um später im Zug Rebecca gegenüberzusitzen – unbekannterweise...

Diese über gut zwei Stunden spannende, vielfach verzweigte Schicksalsstory ist auf der großen Leinwand Kino pur und einer der herausragenden deutschen Filme am Ende der 1990er Jahre. Ein Breitwand-Epos mit phantastischen Aufnahmen aus dem Berchtesgadener Land, aufgenommen mit der subjektiven Kamera Frank Griebes, der hier auf den Spuren Joseph Vilsmaiers wandelt. „Winterschläfer“ ist sowohl Liebesgeschichte als auch Thriller und Heimatepos, ein nachdenklicher, durch die Soundspur Tom Tykwers auch melancholischer Film.

Er basiert auf dem Roman „Die Vergeudung“ von Anne-Françoise Pyszora, wurde aber von der Autorin zusammen mit dem Regisseur erweitert: Die im Sommer am Meer spielende Geschichte zweier völlig unterschiedlicher Paarbeziehungen wurde in die winterliche Alpenlandschaft verlegt und die Figur des Bauern Theo und seines nach dem Unfall im Koma liegenden Kindes samt Querverbindung zu Laura hinzuerfunden. „Winterschläfer“, nach „Die tödliche Maria“ der zweite Langfilm Tom Tykwers, wurde am 8. September 1997 beim Int. Filmfestival Toronto uraufgeführt und am 2. April 2001 von Arte als Free-TV-Premiere ausgestrahlt.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie

Kamera

Kamera-Assistenz

Innenrequisite

Titel

Garderobe

Ton-Schnitt

Geräusche-Schnitt

Ton-Assistenz

Mischung

Stunt-Koordination

Darsteller

Produzent

Ausführender Produzent

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • Januar 1996 - März 1996: Berchtesgarden, Berlin
Länge:
3341 m, 122 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 21.07.1997, 77808, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): August 1997, Montréal, IFF;
Erstaufführung (DE): 27.10.1997, Hof, Internationale Filmtage;
Kinostart (DE): 30.10.1997;
TV-Erstsendung (DE): 04.01.1999, Premiere

Titel

  • Arbeitstitel Wintertraum
  • Originaltitel (DE) Winterschläfer

Fassungen

Original

Länge:
3341 m, 122 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 21.07.1997, 77808, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): August 1997, Montréal, IFF;
Erstaufführung (DE): 27.10.1997, Hof, Internationale Filmtage;
Kinostart (DE): 30.10.1997;
TV-Erstsendung (DE): 04.01.1999, Premiere

Auszeichnungen

Deutscher Filmpreis 1998
  • Filmband in Silber, Bester Film
  • Filmband in Gold, Beste Kamera