Inhalt
Nach einer ausgelassenen Karnevalsfeier verbringt die junge, attraktive und alleinstehende Haushälterin Katharina Blum die Nacht mit einer Zufallsbekanntschaft. Am nächsten Morgen stürmt ein SEK der Polizei ihre Wohnung, auf der Suche nach dem Mann, der als mutmaßlicher Terrorist gesucht wird – doch der Gesuchte ist bereits verschwunden. Durch diesen Vorfall gerät Katharina Blum ins Visier von Polizei und Medien. Der ermittelnde Kommissar nimmt sie in die Mangel, sie verliert ihre Arbeit, wird von Nachbarn angefeindet, und der zynische Reporter eines großen deutschen Boulevardblattes zieht ihr gesamtes Leben in den Schmutz. Als der psychische und menschliche Druck aus Vorurteilen, Verunglimpfungen und offenem Hass immer unerträglicher wird, greift Katharina zur Waffe, um den letzten Rest ihrer Ehre zu retten.
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Schlöndorffs Adaption steht auf eigenen Beinen und kann, obwohl der Literatur-Nobelpreisträger Heinrich Böll eng am Drehbuch mitgewirkt hat, auch gänzlich losgelöst vom Roman bestehen. Während Böll ganz im Bann aktueller „Terroristeneinsätze“ einen mahnenden Appell an alle Demokraten richtete, nicht die Maßstäbe zu verlieren, nach denen der Schutz der Einzelpersönlichkeit dem Interesse des Staates untergeordnet ist, wirkt der Film eher verallgemeinernd, abwägend, sachlich-distanziert beobachtend. Und kann daher von den nachfolgenden Generationen, die mit den Vorgängen der „Siebziger“ kaum noch vertraut sind, viel unbefangener aufgenommen werden.
Dass dennoch der Film gegenüber dem Roman nichts an Brisanz, an Appellcharakter verloren hat, liegt vor allem an der Titeldarstellerin Angela Winkler. Wenn ihr Blick den des Zuschauers streift, fühlt dieser sich unmittelbar betroffen – als Bürger dieses Staates, als Schutzbefohlener dieser Polizei, als Leser dieser Zeitung. Es ist das Verdienst Volker Schlöndorffs, dass der Film weit weniger polarisiert als der Roman. So spielt Mario Adorf den Polizeikommissar mehr als kleines Rädchen im Getriebe des Staatsapparates, auch dann noch, als dieser Beizmenne geheime Informationen an den Boulevardjournalisten weitergibt. Und der Reporter selbst ist im Film, anders als in Bölls Vorlage, nicht nur ein buchstäblich über Leichen gehender Täter, sondern auch ein Opfer seines Jobs, der gnadenlosen Hetzjagd um sensationelle, verkaufsfördernde Stories – und eine letztlich bemitleidenswerte Schmierentheaterfigur im gelben Protz-Porsche.
So hat Volker Schlöndorff Akzente gesetzt, die seinen Film in erster Linie zu einer persönlichen Tragödie der Katharina Blum macht: Einerseits wird die wohl härteste Szene des Buches, in der der Reporter praktisch für den Tod von Katharinas Mutter verantwortlich gemacht wird, deutlich abgeschwächt. Andererseits ist Ludwig Götten kein kleiner Gauner wie im Roman, sondern tatsächlich ein hinterhältiger Terrorist – und Mörder. Schließlich ist Katharina Blums blutige Rache am Reporter nicht wie bei Böll allein Ausdruck und Ergebnis gesellschaftlicher Missstände, die einer rücksichtslosen Boulevardpresse Praktiken durchgehen lässt, welche quasi automatisch in psychischen Terror münden. Hier klagen vor allem ihre Augen an...
Pitt Herrmann