Händler der vier Jahreszeiten

BR Deutschland 1971 Spielfilm

Inhalt

Hans Epp (Hans Hirschmüller) war in die Fremdenlegion gegangen, um der lieblosen Fürsorge seiner Mutter (Gusti Kreissl) zu entfliehen. Als er zurückkehrt, begrüßt sie ihn: "Die Besten bleiben draußen, so einer wie du kommt zurück." Hans geht zur Polizei, wird aber bald entlassen, weil er sich auf der Wache von einer Prostituierten hat verführen lassen. Er wird Obsthändler, verkauft seine Waren in Hinterhöfen. Seine "große Liebe" (Ingrid Caven) hat ihn nicht geheiratet, weil er sozial unter ihr steht. Seine Frau (Irm Hermann) liebt ihn nicht, quält ihn nur; er entzieht sich ihr durch häufigen Kneipenbesuch; zuhause schlägt er sie in hilfloser Wut.

Als sie sich von ihm scheiden lassen will, bekommt er einen Herzinfarkt. Er erholt sich wieder und das Ehepaar bleibt zusammen. Da Hans nicht mehr schwer arbeiten darf, engagiert er eine Hilfskraft, Anzell (Karl Scheydt), mit dem ihn seine Frau, während er im Krankenhaus war, einmal betrogen hatte. Um den lästigen Mitwisser loszuwerden, veranlasst sie Anzell, die Ware teurer zu verkaufen als mit Hans vereinbart. Hans, wie sie weiß, kommt ihm auf die Schliche, entlässt ihn, merkt aber, dass seine Frau ihn und Anzell in eine Falle gelockt hat. In einer Kneipe trifft Hans Harry (Klaus Löwitsch), mit dem er in der Fremdenlegion war. Harry tritt ins Geschäft ein, gewinnt das Vertrauen der Frau und das der kleinen Tochter (Andrea Schober), der er bei den Hausaufgaben hilft. Hans wird immer stiller; er merkt, dass er nicht mehr benötigt wird. Er macht Abschiedsbesuche bei seiner Familie. Von der Kaffeetafel aus geht er in seine Stammkneipe und säuft sich in Gegenwart Harrys, seiner Frau und anderer systematisch zu Tode. Nach der Beerdigung tun sich die Witwe und Harry zusammen.

Nutzung mit freundlicher Genehmigung von Wilhelm Roth.

 

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Falk Schwarz
Liebe ist ein Fremdwort
Die Luft ist knapp in diesen Hinterhöfen, in denen Hans (Hans Hirschmüller) sein Obst verkauft. Kaum ausreichend zum Durchatmen. Die Menschen, denen nur ein Fleckchen Sonnenlicht im Hinterhofmief bleibt, leben in ärmlichen Wohnungen, tragen ihre Konflikte mit körperlicher Gewalt aus, kennen keine Zurückhaltung. In diesem Milieu reizt Irmgard (Irm Hermann) ihren Mann, er prügelt sie, als er betrunken aus der Kneipe kommt. Die Kamera kommentiert nicht, sie zeichnet auf. Der Hans, gerade aus der Fremdenlegion zurück, merkt sehr schnell, dass er nicht mithalten kann mit dieser deutschen Gesellschaft. Er wird von allen betrogen, seine Frau wendet sich von ihm ab, seine kleine Tochter sieht ihn aus großen verständnislosen Augen an, weil von ihm keine Hilfe zu erwarten ist. Da verstummt er und ist nicht mehr ansprechbar. Es braucht eine Zeit, bis die selbst-distanzierende, gestelzte Art von Irm Hermann, die den Film trägt, verständlich wird. Als sich der Hans in der schäbigen Kneipe totsäuft und die „Stammtischbrüder“ wortlos zuschauen, keiner etwas tut, keiner sich ihm zuwendet, alle nur stumm dabei sitzen, da ist der Gipfel der Erbarmungslosigkeit erreicht. Das Milieu ist bedrängend genau geschildert, die Menschen darin werden zu Figuren, ihre Künstlichkeit, ihre Bewegungen bewirken einen Verfremdungseffekt, der uns - sehr ambivalent - abstösst und anzieht. Dann ist da die Schwester Anna (Hanna Schygulla), wie ein Star zurecht gemacht, die eigentlich nicht mehr in dieses Milieu passt, die eine Kälte ausstrahlt, die ins Erotische umschlägt. Sie sagt: „Schämt Ihr Euch nicht, ihr seid alle gegen den Hans“. Doch vom Schämen weiss keiner etwas zu sagen. Schon der erste Satz der Mutter zu ihrem heimkommenden Sohn: „So einer wie Du kommt zurück“, zeigt, hier ist mit einer Verklärung, einer Reue, einer Aussicht auf Besserung nicht zu rechnen. Alle Illusionen auf eine Lebensharmonie zerplatzen. Fassbinders Nihilismus schockiert.

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Script

Kamera-Assistenz

Standfotos

Ausstattung

Schnitt

Darsteller

Sprecher

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Erstverleih

Dreharbeiten

    • 11.08.1971 - 25.08.1971: München
Länge:
2420 m, 88 min
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 22.10.1971, 44086, ab 18 Jahre / feiertagsfrei;
FSK-Prüfung (DE): 15.06.1973, 44086 [2. FSK-Prüfung]

Titel

  • Originaltitel (DE) Händler der vier Jahreszeiten

Fassungen

Original

Länge:
2420 m, 88 min
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 22.10.1971, 44086, ab 18 Jahre / feiertagsfrei;
FSK-Prüfung (DE): 15.06.1973, 44086 [2. FSK-Prüfung]

Länge:
2414 m, 88 min
Format:
35mm, 1:1,37
Bild/Ton:
Eastmancolor, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 31.05.1991, 44086 [3. FSK-Prüfung]

Aufführung:

Uraufführung (FR): 10.02.1972, Paris, Cinémathèque

Auszeichnungen

Deutscher Filmpreis 1972
  • Filmband in Gold, Darstellerische Leistung
  • Filmband in Gold, Bester programmfüllender Spielfilm/Gestaltung
FBW 1971
  • Prädikat: besonders wertvoll