Deine besten Jahre

Deutschland 1998/1999 TV-Spielfilm

Inhalt

Vera Kemp kann sich nicht beklagen: Als Firmenerbin hat sie finanziell für sich und ihre Familie ausgesorgt, als Kunsthistorikerin hat sie am öffentlichen Leben teil und als Ehefrau und Mutter hat sie auch im Privaten ihr Glück gefunden. An ihrem 36. Geburtstag behauptet eine jüngere Frau, die Geliebte ihres Mannes zu sein. Vera Kemp entschließt sich, zum ersten Mal in ihrem Leben zu kämpfen: Um ihren Mann. In einem spontan organisierten Urlaub renkt sich alles wieder ein, doch dann sterben Mann und Sohn durch einen Autounfall. Plötzlich ist ihr ganzes Leben durcheinandergebracht und auch ihre Familie rückt von ihr ab.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ scheint in allen Räumen der großzügigen Villa zu klingen schon am frühen Morgen: Vera feiert ihren 36. Geburtstag – in ganz großem Stil. Dafür hat ihr Mann, der Industrielle Manfred Kremp, gesorgt. Aber schon auf den zweiten Blick wird deutlich, dass das Geburtstagskind nicht wirklich im Mittelpunkt steht: Sohn Thomas (Frederic Welter), vom ehrgeizigen Vater zum Eishockeyspieler getrimmt, weiß sehr wohl, dass er die väterlichen Erwartungen nicht erfüllen kann. Er reist daher sehr widerwillig zu einem wichtigen auswärtigen Match. Und Gatte Manfred wird 'mal wieder in der Firma zu wichtigen Besprechungen erwartet.

So bleibt für Vera Zeit, zum Friedhof, ans Grab ihrer bei einem Autounfall gestorbenen Eltern zu gehen. Wo sie von einer jungen Frau angesprochen wird: Sie heiße Susanne Löser (Birge Schade), habe mit Manfred Kremp seit einem halben Jahr ein Verhältnis und meine es ernst. Was Vera sogleich als ernste Warnung auffasst: anstatt ihren Gatten zur Rede zu stellen, ihm Vorwürfe zu machen, als sie vom Friedhof sogleich ins Unternehmen fährt, das eigentlich ihres ist, schlägt sie ihm mit unwiderstehlichem Augenaufschlag eine Erholungsreise nach Meran vor – sie will noch ein Kind von ihm!

Zwei Tage in der Hochzeitssuite eines ihnen wohlbekannten Hotels soll nicht nur die Ehe kitten, sondern auch einiges in der Firma klären. Die soll nämlich, wenn es nach dem Wunsch ihres Gatten geht, in eine AG umgewandelt werden. Mit dem Börsengang könnte auch eine Verschiebung der Mehrheitsanteile verbunden sein, angeblich stehen holländische Investoren bereit zur Übernahme. Und das, so Vera, wäre nun wirklich nicht im Sinne ihrer verstorbenen Eltern.

Manfred Kremp erhält abends im Meraner Hotel einen Anruf vom Eishockey-Trainer, der ihm mitteilt, dass sich sein Sohn ungebührlich verhalten und eine Matchstrafe kassiert habe – sehr zum Schaden des ganzen Teams. Manfred fährt noch in der Nacht nach Innsbruck, um Thomas zu holen. Auf der Rückfahrt nach Meran kommen beide bei einem Autounfall ums Leben – und Vera ist nun ganz auf sich allein gestellt. Vom Unternehmen versteht sie nichts, ahnt aber, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Was auch an Andreas Wolgast liegt, einem jungen Mitarbeiter, der an ihrem Geburtstag gefeuert wurde und der plötzlich im gleichen Meraner Hotel auftaucht und seine Hilfe anbietet. Zufall?

Bevor sie sich von dem verbliebenen Geschäftsführer Norbert Krämers, der sich als Alleinherrscher aufspielt, zum Freiwild erklären lässt, nimmt Vera Hilfe an – von Andreas, aber auch von Anwälten, die zum Teil noch aus der Zeit ihrer Eltern stammen. Denn Krämers hat mit den weiteren Anteilseignern Heike (Mona Seefried) und Max Minke (Marian Lösch), Doris Kempe (Monika Woytowicz) sowie der vermeintlich guten Seele Lisbeth Minke einen Deal gemacht: Vera soll für geschäftsuntüchtig erklärt und die Firma an einen niederländischen Konkurrenten verkauft werden.

Vera arbeitet sich an mehreren Baustellen zugleich ab: Über das Handy ihres Mannes hat sie die Adresse von Susanne Löser herausgefunden und sucht diese auf. Erste Baustelle geschlossen: Susanne gibt auf, zieht in eine andere Stadt. Zweite Baustelle: Lisbeth berichtet aus der familiären Vergangenheit und hat auch zum Unfalltod der Eltern Erschreckendes, aber auch Aufklärendes beizutragen. Danach will sie sich offenbar im Wald das Leben nehmen, wird aber von Vera und Andreas gerettet.

Dritte Baustelle: In der entscheidenden Sitzung kann Vera dem Geschäftsführer Krämers unsaubere Machenschaften nachweisen, sodass der das Handtuch wirft. Vera ist nun im wahren Wortsinn frei, eigene Entscheidungen zu treffen – beruflich und privat. Aber das ist dann ein anderer Film: der Vorhang zu und viele Fragen offen.

In „Deine besten Jahre“ stellt Dominik Graf die junge Schauspielerin Martina Gedeck ganz in den Mittelpunkt: die kunsthistorisch interessierte Unternehmergattin, die sich bis dahin mit der Herausgabe opulenter Bildbände beschäftigt hat, ist plötzlich gezwungen, ein im harten Wettbewerb stehendes Industrieunternehmen zu führen. Wie es dieser Vera Kremp, die auch daheim als Mutter eines höchst unglücklichen Sohnes klar im Schatten ihres Mannes stand, gelingt, nicht nur über sich selbst hinauszuwachsen, indem sie die Geschichte ihrer eigenen Familie und damit ihre eigene Geschichte produktiv verarbeitet, sondern auch andere von ihrer neu erwachten Kraft, ihrem Durchsetzungsvermögen zu überzeugen weiß, verkörpert Martina Gedeck nicht mit großer Geste, sondern schrittweise Stück für Stück.

Dabei bleiben letzte Geheimnisse offen, was vor allem an der alles andere als stringenten Geschichte liegt. Viele Details der rätselhaften Figuren, insbesondere bei Lisbeth Minke und Andreas Wolgast, bleiben im Dunkeln. Andererseits ein Vorteil für den Emanzipationsprozess der Protagonistin Vera Kremp: der ist nach neunzig Filmminuten längst noch nicht abgeschlossen.

Die Architektur der luxuriösen Villa mit ihren großzügigen gläsernen Flächen, welche eine direkte Verbindung des Wohnbereichs zu der sie umgebenden Natur herstellen, strahlt zum einen den Reichtum der Unternehmerfamilie aus. Zum anderen kann ihre Fragilität mit der enormen Durchlässigkeit von Licht und zumindest potentiell auch Luft als Zeichen gelesen werden – für die Brüchigkeit der Menschen und ihrer Verhältnisse, die in diesen kaum sichtbaren Wänden leben. Dass solche Intentionen Dominik Graf bewegt haben, ist kein Geheimnis: Die Film-Villa wurde vom gleichen Architekten errichtet wie das in München stehende Elternhaus des Regisseurs.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 1998: Umgebung von München (?) [Spätsommer (?)]
Länge:
90 min bei 25 b/s
Format:
s16mm, 16:9
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Aufführung:

Uraufführung (DE): 30.06.1999, München, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE FR): 03.09.1999, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE) Deine besten Jahre

Fassungen

Original

Länge:
90 min bei 25 b/s
Format:
s16mm, 16:9
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Aufführung:

Uraufführung (DE): 30.06.1999, München, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE FR): 03.09.1999, Arte