Bis zum Horizont und weiter

Deutschland 1998 Spielfilm

Inhalt

Ein weiter, öder Landstrich in der Lausitz – ein stillgelegtes Braunkohletagebaugebiet. Der ehemalige Baggerführer Henning kidnappt die Richterin Beate Nelken, die seine Freundin Katja ins Gefängnis gebracht hat. Sein Plan, die Geliebte durch die Entführung freizupressen, erweist sich schnell als vergeblich, da die Aktion schlicht für einen Scherz gehalten wird. Ratlos bringt er Beate zum abgelegenen Haus seiner Mutter und gibt sie zur Tarnung als seine Verlobte aus. Die Richterin spielt das Spiel mit und entwickelt Verständnis für ihren Entführer. Doch als Katja selbst aus dem Gefängnis ausbricht, spitzt die Situation sich zu.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Katja Pfeifer steht vor den Schranken des Gerichts. Es bleibt unklar, weshalb sie angeklagt ist, auch ihrem Verteidiger bleibt manches im Dunkeln. Die Richterin Beate Nelken scheint entschlossen, ein Exempel zu statuieren, zumal Katja während ihrer Bewährungszeit rückfällig geworden ist. Drei Jahre soll sie aufgebrummt bekommen – vermutlich für Beischlafdiebstahl.

Immer wieder blickt Katja um sich: Wo bleibt Henning Stahnke? Ihr Lebensgefährte war auf dem Weg in den Gerichtssaal, hat die Nacht in seinem klapprigen Mercedes verbracht und sich offenbar verschlafen. Er kommt zu spät, die Verurteilte wird gerade abgeführt. Oder hat er den Termin, als wichtiger Zeuge vielleicht, absichtlich „verpennt“?

„Bis zum Horizont und weiter“, einen Titel des in der ehemaligen DDR vergötterten „Sonderzug nach Pankow“-Barden Udo Lindenberg aufgreifend, der sich auch musikalisch wie ein Roter Faden durch dieses East-Movie zieht, beginnt wie ein Krimi, bei dem die Zuschauer über lange Zeit im Unklaren gelassen werden – wie auch die Protagonisten im Film.

Hinter Katja schließen sich die Zellentüren. Sie kommt zu einer sich vornehm gerierenden, angeblich adligen Mitinsassin, die wegen weitaus härterer Delikte eine längere Haftstrafe absitzen muss. Und erhält als Erstes Unterricht darin, wie frau einen epileptischen Anfall vortäuscht, um in die Charité zu gelangen. Das renommierte Krankenhaus im Ostteil Berlins ist das Tor zur Freiheit – wenn die Flucht gelingt. Karin Gregorek spielt eine „menschelnde“ Vollzugsbeamtin, die sich nicht auf den abgefeimten Deal einlassen will, mit dem sich Katjas Zellengenossin Hafterleichterungen verschaffen möchte: Sie verrät Katjas Fluchtplan...

Katjas wenig engagierter Anwalt legt bei der attraktiven alleinstehenden Richterin ein ganz anderes Interesse an den Tag, blitzt jedoch ab. Denn diese will anderntags einen dreiwöchigen St. Moritz-Urlaub antreten, landet jedoch im Kofferraum von Hennings Mercedes-Oldtimer, dann auf einer wüsten Braunkohlentagebau-Halde im Brandenburgischen und noch später bei Mutter Stahnke in einem kleinen, abbruchreifen Anwesen am Rande der Halden-Kraterlandschaft. Henning hat Frau Nelken gekidnappt, um Katja freizupressen. Eine dilettantische Angelegenheit, Rififi made in GDR. Die Ossis müssen halt noch eine ganze Menge lernen, auch wenn sie ihr Herzblut einbringen...

Die Parallelgeschichte des Kidnappings und der Flucht Katjas aus der Charité erzählt Peter Kahane als road movie durch die abgewrackten neuen Bundesländer: Viel Tristesse und noch mehr Gemüt. „Bis zum Horizont und weiter“ ist eine bissig-witzige, mit Wehmut unterlegte Kriminalkomödie, die kein gutes Ende nimmt. Der Täter und sein Opfer freunden sich zwar nicht gerade an, aber Mutter Stahnke kümmert sich in der Annahme, Sohn Henning habe seine Verlobte mitgebracht, rührend um die Richterin.

Währenddessen läuft die große Polizeimaschinerie an. Beate Nelken wird gesucht und schließlich auch gefunden. Dabei geht Mutter Stahnke drauf. Und das kurzzeitig vereinte Liebespaar, das sich in auswegloser Situation zum Selbstmord entschließt. Henning hätte eh’ nicht mehr lange zu leben gehabt und Katja will ohne ihn nicht sein...

Eine zu Tränen rührende Geschichte, die mit viel Herzblut geschrieben und verfilmt worden ist. Die Ossis sind darin sämtlich Loser, die mit der neuen Zeit nicht zurechtkommen – und nichts dafür können. Henning war einmal Baggerführer im Braunkohlen-Tagebau, jetzt schlägt er sich als Musiker auf Dorffesten und anderen gesellschaftlichen Anlässen durch. So hat er auch Katja kennengelernt, die für ihn „anschafft“, weil’s mit der Kohle hinten und vorne nicht reicht.

Auch sonst zeichnet der Film zahlreiche, auch ärgerliche Klischees nach, wobei das von der unter Platzangst leidenden Richterin noch das geringste Übel ist. Polizisten kommen bei Oliver Bukowski, der sich vor allem als ostdeutscher Dramatiker einen Namen gemacht hat, nur als Volldeppen vor, denen auch ’mal ein Tritt ins Gemächt – durch die forsche Richterin – nicht schadet.

Dafür entschädigen herzergreifende Szenen zwischen Henning und Katja, Mutter Stahnke und der Richterin. Und das Finale, der Showdown am Riesenbaggerloch des Braunkohle-Tagebaus. „Bis zum Horizont und weiter“ bringt die ostdeutschen Befindlichkeiten der Nach-Wende-Zeit auf den Punkt und sollte von möglichst vielen Westdeutschen gesehen werden.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Kamera

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Kamera

Kamera-Assistenz

Material-Assistenz

Ausstattung

Kostüme

Schnitt

Mischung

Spezialeffekte

Darsteller

Produzent

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Assistenz

Post-Production

Dreharbeiten

    • 23.03.1998 - 29.04.1998: Berlin, Lausitz
Länge:
2626 m, 96 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 18.11.1998, 81048, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.01.1999, Saarbrücken, Max-Ophüls-Preis;
Kinostart (DE): 28.01.1999;
TV-Erstsendung (DE): 02.08.2000, ARD

Titel

  • Originaltitel (DE) Bis zum Horizont und weiter

Fassungen

Original

Länge:
2626 m, 96 min
Format:
35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Eastmancolor, Dolby SR
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 18.11.1998, 81048, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.01.1999, Saarbrücken, Max-Ophüls-Preis;
Kinostart (DE): 28.01.1999;
TV-Erstsendung (DE): 02.08.2000, ARD