Wozzeck

Deutschland (Ost) 1947 Spielfilm

Inhalt

Im Anatomiesaal einer kleinen deutschen Universität liegt der Körper des Füsiliers Franz Wozzeck, der gehängt wurde. Dem Professor gilt er als Mörder, der Student Büchner antwortet: "... den wir ermordet haben".

Wozzeck war zu den Soldaten eingezogen, dort gedemütigt und schikaniert worden. Die Magd Marie, die er liebt, bringt ihm ein Kind zur Welt. Aber die Armut steht ihrer Liebe im Wege. Wozzeck nimmt jede Arbeit an, um für Marie und das Kind sorgen zu können, selbst zu medizinischen Experimenten stellt er sich zur Verfügung. Marie indessen gibt sich dem feschen Tambourmajor hin, der ihr ein besseres Leben verspricht. Als man Wozzeck dies hämisch berichtet, tötet er Marie.

 

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Heinz17herne
Heinz17herne
Im Anatomiesaal einer Universität liegt der Köper eines Mannes, der gehängt worden ist. „Ein Mörder“, so der dozierende Arzt, an dessen Leiche die künftigen Mediziner den inneren Aufbau des menschlichen Körpers auf ganz praktische Weise kennenlernen sollen. „Ein Mensch, den wir gemordet haben“ erwidert der Student Büchner, der sich offenbar als einziger mit dem tragischen Leben dieses „Individuums“ beschäftigt hat.

Und so erzählt der Zeitzeuge Büchner den Fall des armen Füsiliers Wozzeck, der zu den Soldaten gezogen worden ist und bei „seinem“ Hauptmann, aber auch anderen Vorgesetzten wie seinen Kameraden alle Demütigungen mit Engelsgeduld über sich ergehen lässt, um jeden Groschen für Marie und sein, bei seinem niederen Stand naturgemäß uneheliches Kind aufzusparen. Eines fernen Tages will Wozzeck ein bescheidenes, aber zufriedenes Leben an der Seite Maries und seines dann durch den Segen der Kirche legitimierten Kindes führen, weshalb er sich auch mit grausamen Ernährungs-Experimenten des Doktors an seinem ohnehin schon geschundenen Körper einverstanden erklärt.

Als sich jedoch der stattliche Tambourmajor an seine Marie heranmacht und die gar nicht abgeneigt erscheint, sich einmal zum Tanz ausführen zu lassen, ja sich nach Herzenslust mit dem feinen Herrn Offizier amüsiert, wie der entsetzte Wozzeck erkennen muss, läuft das Fass seiner Leidensfähigkeit über: „Wenn ich nicht, dann kein anderer auch nicht...“.

Georg C. Klaren inszeniert Büchners Fragment einerseits wie ein Brechtsches Lehrstück. In dem sich der Studiosus vom rechten Klassenstandpunkt aus zum Lehrmeister des unbelehrbar-arroganten und offenbar ganz dem Standesdünkel verhafteten Dozenten aufschwingt. Wozzeck ist ein Opfer der Gesellschaft und die Justiz nur eine Hure der Macht: Erst macht sie den Menschen zum Tier und dann verurteilt sie das Tier, weil es nicht menschlich empfindet. Andererseits nimmt Bruno Mondis Kamera häufig die Perspektive des tragischen Titelhelden ein und entblößt die geschundene Kreatur Wozzeck in geradezu unter die Haut gehender Kreatürlichkeit.

„Wozzeck ist kein Mensch“, ist sich der Hauptmann mit dem Arzt einig. Und Wozzeck weiß, dass er alles ertragen muss, was die beiden perfiden Zyniker ihm auferlegen: „Ohne Geld keine Ehe“. Nur sein Kamerad Andres hat noch einen gewissen beruhigenden Einfluss auf Wozzeck, der erkennt: „Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.“ Am Ende sieht Franz Christian Wozzeck in den eigenen Abgrund: Seine Vornamen, die das Individuum zum Menschen erheben, hört er zum ersten und zum letzten Mal bei der Urteilsverkündung „Tod durch den Strang.“

Zwischen 1946 und den beginnenden 1950er Jahren, also noch in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), wurden bei der Defa Filme gedreht, die formal an die Zeit vor 1933 anzuknüpfen versuchten, darunter auch heute noch so bekannte Produktionen wie Wolfgang Staudtes „Die Mörder sind unter uns“ von 1946, der erste Defa-Film überhaupt, Erich Engels „Affäre Blum“ (1948), Wolfgang Staudtes „Rotation“ (1949) und Slatan Dudows „Unser täglich Brot“ (1949).

Die Büchner-Adaption „Wozzeck“ gehört in diesen erlesenen Kreis und bildet doch auch eine Ausnahme, denn Georg C. Klaren, Defa-Chefdramaturg seit Gründung der „Deutschen Filmgesellschaft“, hat zusammen mit Herbert Warm, dem Ausstatter von Robert Wienes „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von 1920, und Walter Schulze-Mittendorf, Kostümbildner bei Fritz Langs „Metropolis“ von 1926, bewusst an die Stilmittel des Expressionismus, an die Ästhetik des Stummfilms in seiner Hochphase unmittelbar vor Einführung des Tonfilms angeknüpft.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2750 m, 101 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (D2): 17.12.1947, Berlin, Haus der Kultur der Sowjetunion

Titel

  • Originaltitel (D2) Wozzeck

Fassungen

Original

Länge:
2750 m, 101 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (D2): 17.12.1947, Berlin, Haus der Kultur der Sowjetunion