Inhalt
Volker Schlöndorffs freie Verfilmung der Novelle von Heinrich von Kleist, die auf den unbeugsamen Kaufmann Hans Kohlhase und seinen Aufstand gegen den sächsischen Junker Zaschwitz zurückgeht.
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird der rechtschaffene Pferdehändler Michael Kohlhaas Opfer der Obrigkeitswillkür. Der Junker von Tronka beschlagnahmt unrechtmäßig zwei seiner Pferde, und als auch ein Prozess das Unrecht verschärft, mobilisiert Michael Kohlhaas die Bauern gegen den Junker. Seine Frau Elisabeth will den Fall dem Kurfürsten in Dresden vortragen, wird jedoch dabei von den Hufen eines Pferdes getötet. Zu spät erkennt Kohlhaas, dass die Gewalt seines Widerstands sich in diesen Verhältnissen gegen ihn selbst wenden muss.
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Auf der Geheimschreiberei in Dresden erfährt Kohlhaas, dass er nach wie vor kein solches Papier benötigt. Einige Wochen später nach erfolgreichen Geschäften findet Kohlhaas bei seiner Rückkehr auf Tronkas Burg seine Pferde als elende Mähren vor, nachdem man sie auf den Feldern schwer arbeiten und dabei auch noch halb verhungern ließ. Der Pferdehändler aus dem brandenburgischen Kohlhaasenbrück weigert sich empört, seine Tiere in diesem Zustand zurückzunehmen und verlangt Wiedergutmachung, auch für seinen verjagten und, wie sich später herausstellt, schwer misshandelten Großknecht.
„Ich werde mir mein Recht schon verschaffen“: Kohlhaas ruft die Gerichte in Dresden mehrfach ohne Erfolg an, weil Graf Kallheim, der Kanzler des Kurfürsten, mit dem Hause derer von Tronka verschwägert ist, sodass selbst Brandenburgs Stadthauptmann Heinrich von Gersau, der sich für den Pferdehändler beim Kurfürsten von Brandenburg eingesetzt hat, die Hände gebunden sind. Da trifft Kohlhaas der nächste, weitaus furchtbarere Schlag: Als seine Frau Elisabeth beim preußischen Hof in Berlin eine Bittschrift überreichen will, verunglückt sie tödlich. In seiner Verzweiflung stellt Kohlhaas dem Junker ein Ultimatum.
Als dieser die Frist verstreichen lässt, überfällt Kohlhaas mit seinen Knechten die Burg und brennt das „Raubnest“ nieder. Tronka kann zu seiner Tante Antonia von Tronka ins Stift Erlabrunn entkommen und wird, als er nach Wittenberg weitergeflohen ist, dort von einem immer größeren Haufen aufrührerischer Bauern, entlassener Soldaten und räuberischen Gesindels, dem es nur um Beute geht, gestellt. Als die Wittenberger Obrigkeit die Auslieferung Tronkas ablehnt, fällt Kohlhaas brandschatzend in die Stadt ein.
Die wachsenden Unruhen, die sich schnell auf das ganze Land ausbreiten, kommen dem Kurfürsten höchst ungelegen, weshalb er dem Aufrührer über Martin Luther Straffreiheit und eine Wiederaufnahme seines Prozesses gegen Tronka zusichern lässt, wenn dieser seine Armee auflöst und sich selbst den Behörden stellt. Tatsächlich reist Kohlhaas, ein erklärter Protestant, incognito nach Wittenberg, wo ihm freies Geleit nach Dresden zugesichert wird. Michael Kohlhaas, der längst erkannt hat, dass es seinen Spießgesellen nicht um Recht und Gerechtigkeit geht, sondern um ganz eigene Interessen, nimmt das Angebot an...
Heinrich von Kleist hat seine im Untertitel „Aus einer alten Chronik“ genannte Novelle 1805 in Königsberg begonnen, drei Jahre später teilweise im Dresdener „Phöbus“ veröffentlicht ohne alle auf Sachsen bezogenen Ortsbestimmungen und erst 1810 für die Buchausgabe der „Erzählungen“ vollendet. Sie fußt auf einer wahren Begebenheit, die Christian Schöttgen und George Christoph Kreysig 1731 publizierten in ihrer „Diplomatische(n) und curieuse(n) Nachlese der Historie von Ober-Sachsen und angrentzenden Ländern“.
Volker Schlöndorffs in englischer Sprache gedrehte Leinwand-Adaption, die am 11. April 1969 in den Kinos startete, gilt als erste internationale Produktion des Jungen Deutschen Films. Obwohl im Mai 1969 beim Festival in Cannes für die „Goldene Palme“ nominiert, war Volker Schlöndorff selbst mit dem Ergebnis der aufwendigen deutsch-amerikanischen Produktion, die mit spektakulären Kampfszenen und einer Prise Sex aufwartet, was naturgemäß nicht in den neunzig Seiten der Vorlage zu finden ist, höchst unzufrieden.
Denn Columbia brachte nicht nur den Löwenanteil des für damalige Verhältnisse exorbitanten Budgets von 3,5 Millionen Mark auf, sondern diktierte auch die der internationalen Vermarktung geschuldete Besetzung – mit dem Briten David Warner in der Titelrolle, der Französin Anna Karina als Elisabeth Kohlhaas und dem in Rom geborenen Model und „Rolling Stones“-Muse Anita Pallenberg als Marketenderin Katrina.
Volker Schlöndorff vor der ARD-Erstausstrahlung: „Das Unternehmen ist gescheitert. Was ich hier sage, ist keine Rechtfertigung. Ich finde den Film nach wie vor sehr schön. Seit dieser Zeit bin ich aber äußerst skeptisch solchen Koproduktionen gegenüber, weil man sich mit dem Geld, das man aus dem Ausland bekommt, auch gleichzeitig so viele Auflagen einhandelt, dass der angestrebte Film irgendwo unterwegs verloren geht. Ein Film sollte möglichst konkret sein. Das heißt, dass ein deutscher Film, gerade, damit er international wettbewerbsfähig ist, besonders deutsch sein muss. Ich glaube nicht, dass man Filme so synthetisch herstellen kann, indem man sich von überall her die besten Elemente zusammensucht und glaubt, dass das dann am Ende was ergibt.“
Pitt Herrmann