Jahrgang 45

DDR 1966 Spielfilm

Inhalt

Alfred und Lisa – er Automechaniker, sie Krankenschwester – leben in einer winzigen Altbauwohnung in Berlin, Prenzlauer Berg. Nach zweijähriger Ehe scheinen sie sich nichts mehr zu sagen zu haben. Das Scheidungsverfahren ist eingeleitet. Alfred nimmt ein paar Tage Urlaub, lebt ziellos in den Tag hinein und ist doch auf der Suche nach etwas Außergewöhnlichem. Lisa versteht Alfreds Scheidungsbegehren nicht so ganz, kämpft aber nicht um den Erhalt der Ehe. Alfred wird auch der Urlaub zu eintönig, so dass er lieber unentgeltlich in seiner Autowerkstatt arbeiten möchte als sich zu langweilen. Dort macht ihm der Kaderleiter moralische Vorwürfe wegen seiner gescheiterten Ehe. Der Film lässt offen, ob Alfred und Lisa wieder zueinander finden.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
In Jürgen Böttchers einzigem Spielfilm tut Li entschieden zu wenig, um Al, der am Ende mit Rita durch die Hauptstadt zieht, zurückzugewinnen. Ihre Gefühle sind verletzt, aber nur mild lächelnd darauf zu warten, dass er die Initiative ergreift, reicht nicht. Da bedarf es anderer Mittel. Wie wäre es mit einem modern ausgestatteten Arbeiter-Schließfach in den Neubaugebieten Marzahn-Hellersdorf – ohne die Kohle-Schlepperei und das nervtötende Vorheizen des Badewassers im Prenzlberger Altbau?

Mit dieser aus damaliger Sicht sicherlich verlockenden Zukunftsperspektive für ein junges Paar sollte der Film im Hinblick auf die obligatorische Zensur noch gerade die Kurve kriegen, was dann freilich die Kehrtwende des 11. Plenums des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands verhinderte. Sodass „Jahrgang 45“ fast 25 Jahre im Giftschrank verblieb und, nach der Restaurierung durch das Bundesarchiv, erst am 11. Oktober 1990 im „Babylon“-Kino am Rosa-Luxemburg-Platz seine Uraufführungs-Premiere feiern konnte.

Roland Gräf, der vor allem als Regisseur bekannt ist, offenbart sich hier als ein hervorragender Kameramann: Es sind weiche, seltsam entrückte, impressionistische Aufnahmen aus einem noch in weiten Teilen zerstörten Ost-Berlin der Nachkriegsjahre. Zusammen mit der ihnen unterlegten Musik von Henry Purcell und Wolf Biermann erzeugen sie eine eigene Bildsprache, eine singuläre filmische Ästhetik.

So liegt der Gendarmenmarkt noch vollständig in Trümmern, als Al und Rita sich auf den Treppenstufen des Schauspielhauses sonnen – und dabei heftig fotografierende West-Touristen beobachten, die kurz aus dem Bus aussteigen und ihrerseits das sich so lässig gebende Ost-Paar ins Visier nehmen – eine doppelte Zoo-Situation sozusagen. Und ein kaum mehr versteckter Hinweis darauf, welche Prioritäten sich die Filmemacher Mitte der 1960er Jahre beim Aufbau der Hauptstadt der DDR wünschten.

Zehn Jahre später wird es in der DDR eine lebendige Prenzlberger Alternativ-„Szene“ geben: Jürgen Böttchers Film „Jahrgang 45“, der Titel bezieht sich auf die ungefähren Geburtsjahrgänge der Protagonisten, kann man aus heutiger Sicht als erstaunlich stimmungsnahen Vorboten interpretieren. Zum Cast Jürgen Böttchers, der als Bildender Künstler unter dem Pseudonym Strawalde erst nach der Wende reüssieren konnte, gehört sein Schüler A. R. Penck, der 1980 nach West-Berlin übersiedelte.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2557 m, 94 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 11.10.1990, Berlin, IFF - Forum des Jungen Films, Babylon

Titel

  • Originaltitel (DD) Jahrgang 45
  • Originaltitel (DE) Jahrgang 45 (Restaurierte Fassung)
  • Originaltitel (DE) Jahrgang 45 (Zensurfassung)

Fassungen

Original

Länge:
2557 m, 94 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 11.10.1990, Berlin, IFF - Forum des Jungen Films, Babylon

Kurzfassung

Abschnittstitel
  • Originaltitel (DE)
  • Jahrgang 45 (Zensurfassung)
Länge:
78 min
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Aufführung (DE): 20.02.2016, Berlin, IFF - Retrospektive

Formatfassung

Abschnittstitel
  • Originaltitel (DE)
  • Jahrgang 45 (Restaurierte Fassung)
Länge:
94 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 07.02.2015, Berlin, IFF - Berlinale Classics