Die Verlobte

DDR 1979/1980 Spielfilm

Inhalt

Die Kommunistin Hella Lindau kämpft mit ihrem Verlobten Hermann Reimers im Untergrund gegen das Naziregime. Bei einer gemeinsamen Aktion wird sie festgenommen, doch gelingt es ihr, alle Schuld auf sich zu nehmen und so Hermann zu schützen. Zehn Jahre Gefängnis wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" lautet das Urteil. Hella droht an der Einzelhaft zu zerbrechen, Herrmanns Versuche, ihr zu helfen, bleiben lange vergeblich. Als Hella nach zwei Jahren in Gruppenhaft kommt, bessert sich ihre Lage, der Kontakt mit anderen Häftlingen und die Hoffnung auf Herrmann helfen ihr. Doch dann wird auch Herrmann von den Nazis verhaftet.

 

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Heinz17herne
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Die Kommunistin Hella Lindau wird 1934 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ genannter antifaschistischer Tätigkeit zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, davon die beiden ersten Jahre Einzelhaft. Hermann Reimers, der sich als Hausierer durchschlägt, hatte seiner Verlobten einen größeren Geldbetrag anvertraut, den sie Hilde übergeben sollte. Hilde hilft Hermanns Vater, der in ärmlichen Verhältnissen im Spreewald lebt. In der Berliner Sophienstraße wird Hella verhaftet. Hat Hilde sie an die Nazis verraten?

Als Hella sich für andere Gefangene einsetzt, wird sie in ein dunkles, von Maden befallenes Loch gesperrt: „Ungeziefer zu Ungeziefer“. Nach zwölf Tagen darf sie das Loch verlassen, weil ihr Verlobter Hermann eine Besuchserlaubnis erhalten hat. Das ihr so grell vorkommende Tageslicht bereitet Hella körperliche Schmerzen, die aber nichts sind gegen die seelische Grausamkeit, dass Hermann noch im Besuchsraum des Knastes eine Begegnung mit Hella untersagt wird aufgrund mangelnder Arbeitsleistung der Gefangenen.

Schikanen über Schikanen können Hella jedoch nicht brechen: Nachdem sie sich beim stupiden Papierfalten mächtig ins Zeug gelegt hat, kommt es zur ersten Begegnung mit Hermann, bei der sie vor lauter Aufregung einen hysterischen Anfall erleidet und kein einziges Wort herausbekommt. Weil der Vater des NSDAP-Genossen Hensch ebenso ein Imker ist wie Hermann Reimers und dessen Vater, hat der Verlobte nach glänzend bestanderer Honigprobe im Büro des höheren Beamten bei ihm einen Stein im Brett.

Wovon auch Hella profitiert: ihre Einzelhaft ist beendet, ihr werden vier Wannenbäder pro Woche zugestanden und nach einem Vorstellungsgespräch bei der Zigarre rauchenden Gefängnisdirektorin, die in ihrem Dienstzimmer über eine beachtliche Klassiker-Bibliothek verfügt, bekommt sie einen Job in der Zuchthaus-Wäscherei. Wobei sie sich als „Politische“ um die Klamotten der Beamten zu kümmern hat. Und dafür verantwortlich ist, das Wetter des Tages vorauszuahnen: Kommt die Wäsche zum schnelleren Trocken auf die Leinen des Gefängnishofes oder bleibt sie in den ganztägig feuchten Räumen lange klamm? Regnet es unerwartet, müssen alle Frauen in Windeseile die draußen aufgehängte Wäsche hereinholen – ein hoffnungsloses Unterfangen zumeist.

Die lange herbeigesehnte Tätigkeit unter Menschen gibt Hella enormen Auftrieb, obwohl das Waschhaus einem höllengleichen Inferno ähnelt: die äußeren Bedingungen sind nur bestialisch zu nennen bezüglich des Lärms, der Luftfeuchtigkeit und des Verhaltens der Gefangenen untereinander. Hella muss lernen, sich unter Kriminellen, die wenig Federlesen mit ihresgleichen machen, zu behaupten.

Unter den Aufseherinnen stechen die junge Konrad und die Leiterin der Gefangenenbücherei, Olser, heraus. Erstere hat für die Kommunistin nur Mitleid übrig, nachdem für sie durch den Hitler-Stalin-Pakt eine Welt zusammengebrochen sein muss. Letztere, die später nach Kriegsbeginn täglich den veränderten Frontverlauf auf einer Wandkarte markiert, freut sich, endlich mit einer intellektuellen Gefangenen ein paar Worte wechseln zu können. Bald hat Hella, deren Liebe zu Hermann Reimers ihr die notwendige Kraft gibt, unter diesen Bedingungen nicht nur zu überleben, sondern auch ihre Würde zu bewahren, die Aufgabe, neue Gefangene wie die junge Elsie mit den Notwendigkeiten der Wäscherei vertraut zu machen.

Als Hitler eine zweite Front eröffnet und nun auch gegen Sowjetrussland marschieren lässt, kommt mit Barbara eine blutjunge „Politische“ in die Wäscherei. Hella, der es schon geraume Zeit psychisch schlecht geht, baut nun auch körperlich stark ab, kann sich aber auf die Solidarität der so rauen wie herzlichen Frauen verlassen. Gerade auch auf die Prostituierte Lola, die selbst zunächst einen schweren Stand unter den „Kriminellen“ hatte.

Nachdem sich die ehrgeizige Konrad in fescher SS-Uniform samt Schäferhund an alter Arbeitsstätte blicken ließ und von Hella nicht die erwartete Anerkennung erhalten hat, muss eine beherzte Beamtin ihr ganzes Vermittlungsgeschick aufbringen, damit es zu keiner Eskalation kommt. In der Folge erleidet Hella einen Schwächeanfall und wird vom Gefängnisarzt, einem drogenabhängigen Nietzscheaner, bereits aufgegeben. Doch mit Honig aus Reimers Beständen erholt sich die Kommunistin wieder und erhält einen „Schonplatz“ in der Gefängnisbücherei.

Nach der entscheidenden Schlacht-Wende in Stalingrad erreicht der Krieg nun auch die Reichshauptstadt. Inzwischen ist auch Hermann enttarnt und verhaftet, bei einem Bombenangriff sehen sich beide zufällig im Luftschutzraum des Gefängnisses wieder. Und eine mildtätige Wärterin ermöglicht beiden einen herzzerreißenden Abschied, bevor er abgeführt wird - zu seiner Hinrichtung. Das letzte Bild zeigt eine zwar farbenfroh gekleidete, aber innerlich traurige Hella Lindau einsam auf der Treppe eines Hauses im Nachkriegs-Berlin...

Menschlichkeit in unmenschlichen Verhältnissen: „Die Verlobte“, eine Perle in der Kette der antifaschistischen Filme aus Babelsberg, gehört zu den wenigen Defa-Produktionen, die in beiden deutschen Staaten erfolgreich waren. Nach der Uraufführung kam das tief berührende Plädoyer für Menschlichkeit, Ehrlichkeit und Treue am 12. Juni 1981 auch in bundesdeutsche Kinos, nach der Erstausstrahlung am 10. April 1981 im Fernsehen der DDR lief es am 14. November 1984 im „Dritten“ des Norddeutschen Rundfunk erstmals auch auf westdeutschen Bildschirmen.

Autobiographisch grundiert, schildert „Die Verlobte“ die Geschichte der späteren Schriftstellerin und kommunistischen Politikerin Eva Lippold, die als 26-Jährige von der Gestapo verhaftet und für eine Rede unter jungen Bolschewisten von Roland Freislers Volksgerichtshof zu neun Jahren Haft verurteilt wurde. Besonders im zweiten Band ihrer Romantrilogie „Haus der schweren Tore“ schildert Eva Lippold ihre Erlebnisse im Frauengefängnis Waldheim.

Günther Rücker lernte Eva Lippold als „seine“ SED-Parteisekretärin kennen – und als eine Frau, die sich auffällig farbig schminkte und kleidete. Nach neunjährigem Zuchthausaufenthalt ein optisches Ausrufezeichen der Befreiung, wie es auch in der letzten Einstellung des Films zum Ausdruck kommt. Den der Drehbuchautor Günther Rücker als Regisseur vollendete, nachdem sich Günter Reisch einer Reihe von Kiefernoperationen unterziehen musste und erst wieder am Schneidetisch zum Defa-Team stieß.

In „Die Verlobte“ wird 1980 erstmals im DDR-Film der Hitler-Stalin-Pakt nicht nur erwähnt, sondern auch die psychischen Auswirkungen auf inhaftierte Kommunisten thematisiert. Ein absoluter Tabubruch: Hella Lindau klappt in dem Augenblick physisch und psychisch zusammen, als die Welt für sie mit dem Bündnis zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrussland, das ihr jede Hoffnung nimmt, zusammenbricht. Naturgemäß hat es kein DDR-Kritiker gewagt, diesen Tabubruch auch nur zu erwähnen.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Szenarium

Dramaturgie

Kamera-Assistenz

Bauten

Bau-Ausführung

Schnitt

Mischung

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
2290 m, 84 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 04.07.1980, Berlin, International

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Verlobte

Fassungen

Original

Länge:
2290 m, 84 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 04.07.1980, Berlin, International

Auszeichnungen

Nationales Spielfilmfestival der DDR 1982
  • Bestes Szenenbild
  • Bester Schnitt
  • Beste Kamera (ex aequo >Die Beunruhigung<)
  • Bester Nebendarsteller (ex aequo >Unser kurzes Leben<)
  • Beste Hauptdarstellerin (ex aequo >Die Beunruhigung<)
  • Großer Preis