Der Engel mit der Posaune

Österreich 1947/1948 Spielfilm

Inhalt

Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs erzählt das Familiendrama von zwei Generationen einer Klavierbauer-Dynastie, die in Österreich die historischen Veränderungen der Epoche erlebt. Der Patriarch Franz Alt heiratet gegen den Willen seiner Verwandtschaft Henriette Stein, die dem Kronprinzen Rudolf nahe steht. Während der Hochzeitsfeier trifft die Nachricht vom Tod des Thronfolgers ein. Jahre später begegnet Henriette ein Freund des Prinzen, der um sie wirbt, aber von Franz im Duell getötet wird. Im Ersten Weltkrieg müssen die beiden Söhne der Familie, Hans und Herrmann, an die Front. Sie kehren heil zurück, doch ihr Vater ist nach einem Bombenangriff gelähmt. Die Familie bricht allmählich auseinander, und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begeht Henriette ihrer jüdischen Herkunft wegen Selbstmord. Nach dem Zweiten Weltkrieg baut ihr Sohn Hans mit seiner Ehefrau die Fabrik seines Vaters wieder auf.

 

Kommentare

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Falk Schwarz
Eine große Schauspielerin
Über diesem Film liegt eine große Ruhe. Er nimmt sich Zeit, die Geschichte der Klavierbauerfamilie Alt in Wien zu schildern. Unaufgeregt, wortkarg, intensiv. Bei der ersten großen Szene, als Franz (Attila Hörbiger) vor dem Familienrat erklären muss, warum er die Halbjüdin Henriette (Paula Wessely) heiraten will, verlässt sich die Kamera (brilliant: Günther Anders) ganz auf den Ausdruck der Gesichter. Nichts wird übergangen, was nicht ausgesprochen wird, assoziiert der Zuschauer von alleine. Große Filmkunst! Der Film wird getragen von der Schauspielkunst der Paula Wessely. Sie kann sich leichtherzig und unschuldig mit Graf Thraun (ritterlich charmant: Curd Jürgens) amüsieren, aber sich auch den hereinbrechenden SA-Horden entgegenstellen: "Wir flaggen nicht. Mein Vater war Jude". Verzweifelt erkennt sie: "Seit 200 Jahren war unsere Familie hier und jetzt soll ich hier nicht mehr hingehören" und vor ihrer Verhaftung sucht sie den Freitod. Immer bleibt Paula Wessely Zentrum dieses Films. Dabei zeigt Karl Hartl, wie fein austariert er zu inszenieren wusste. Er hatte sein Metier von der Pike auf gelernt - war Regieassistent, Produktionsleiter, Schnittmeister, Kameramann und lernte bei Walter Reisch das Drehbuchschreiben. Nur wenn sein Kosmos geschlossen war und er alle wichtigen Filmfunktionen selber betreuen konnte, lief er zur Höchstform auf. Eines jedoch lässt sich einwenden - er konnte oder wollte die politische Dimension von Stoffen nicht sehen. Paula Wessely war von den Nazis begeistert - ob dieser Film eine Rehabilitation für sie werden sollte? Wir können Hartl nicht mehr fragen. Aber wir müssen diesen Film sehen!
Falk Schwarz
Die Abgründe einer Familie
Manche Filme halten einem zweiten Ansehen nicht stand. Die Geschichte der Klavierbauer Familie Alt ist zugleich die Geschichte Österreichs. Paula Wessely spielt die Mutter, die mit einer unerfüllten Liebe zu dem Kronprinzen im k.u.k Regime ringt, der sich nach ihrer Trennung und dem unausgestandenen Konflikt mit dem Vater das Leben nimmt. Sie heiratet Franz Alt - gegen alle Vernunft. Und tändelt mit dem Grafen Thraun (männlich charmant: Curd Jürgens), der noch einmal in ihr all die Gefühle aufwühlt, die sie ihrem Ehemann nie entgegen bringen konnte. Franz - ganz dem alten Klischee verhaftet - fordert den Grafen zum Duell und erschiesst ihn. Dieser Ehrenmord alleine hätte ausgereicht, den Mann zu verlassen. Doch sie bleibt. - Die erste Faszination über die schauspielerische Leistung der Wessely und ihre Verwandlungskunst legt sich beim erneuten Sehen vor allem aus zwei Gründen: trotz der klugen Besetzung gelingt es dem Drehbuchautor und Regisseur Karl Hartl nicht, eine Ökonomie der Erzählung zu finden: der Film leidet an einer Überlänge (132 Minuten), die trotz aller Brillanz in der Besetzung der Nebenrollen (Maria Schell, Oskar Werner) die Geschichte ungebührlich in die Länge zieht. Zum anderen aber kann diese Familiensaga nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier unmittelbar nach Kriegsende versucht wird, vor allem für die Hörbigers und die Nazianhängerin Paula Wessely ein Comeback zu schaffen und ihre Rehabilitierung zu betreiben. Hartl verzettelt sich, weil alles noch hinein muss - die Nazizeit, die Zeit nach dem Weltkrieg, immer wieder unterbrochen von den Zusammenschnitten von Wochenschaumaterial und einem Off-Kommentar, der die Abgründe („Wir waren gar nicht so“) in wohltönende Worte fasst. Die „bürgerliche Kälte“ (Adorno) verbunden mit einem Rechtfertigungsversuch all der Leute, die im Dritten Reich in Wien mit dabei waren und sich nun innerhalb von weniger als drei Jahren in der neuen Zeit einrichteten. Vom Schauspielerischen und Filmischen hat dieses Werk zweifellos seine Meriten, der Makel aber bleibt. So wird ein Wiedersehen eher kritisch.

Credits

Regie

Darsteller

Produktionsfirma

Alle Credits

Regie

Darsteller

Produktionsfirma

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • Wien und Umgebung, Atelier Wien-Rosenhügel
Länge:
3770 m, 137 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (AT): 19.08.1948, Salzburg, Festspielhaus;
Erstaufführung (DE): 08.02.1949, Hamburg, Waterloo

Titel

  • Originaltitel (AT) Der Engel mit der Posaune

Fassungen

Original

Länge:
3770 m, 137 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (AT): 19.08.1948, Salzburg, Festspielhaus;
Erstaufführung (DE): 08.02.1949, Hamburg, Waterloo