Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste

Schweiz Österreich Deutschland Luxemburg 2022/2023 Spielfilm

Inhalt

Sie ist Österreicherin, er Schweizer, sie Lyrikerin, er Dramatiker, sie draufgängerisch und verwundbar, er verwegen und bisschen Biedermann: Ingeborg Bachmann und Max Frisch sind bereits so etwas wie internationale Stars der Kulturszene, als sie sich im Sommer 1958 in Paris erstmals begegnen. Die vier Jahre danach versuchen sie sich in großer Liebe und offener Beziehung zwischen Zürich, seiner Heimatstadt, und Rom, ihrer Wahlheimat. Frisch neidet ihr den Ruhm; Bachmann nervt sein Schreibmaschinengeratter und seine Eifersucht sowieso. Sie ist emanzipiert, versuchsweise frei, mobil, produktiv; in Berlin schreibt sie die berühmte Rede "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar". Dass und vor allem wie sehr sie leidet, erkennt sie erst hinterher, mit Adolf Opel in der Wüste, bei Hans Werner Henze in Italien.

Von Trotta verwebt die Zeiten des Vor- und Nach-der-Katastrophe. Sie inszeniert direkt, nüchtern und elegant. Ronald Zehrfeld als korpulenter Pfeifenraucher und Vicky Krieps (nach der Sisi in einer weiteren Kultfigur-Rolle): kongenial. Nicht vom fatalen Ende Bachmanns handelt dieser Film, sondern von ihrem Hoffen auf Liebe und Respekt, in der Literatur wie im Leben.

Quelle: 73. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein Alptraum? Jedenfalls wie eine Szene aus einem Film Jessica Hausners: Als ein Telefon läutet, durchschreitet eine Frau einen langen, dunklen Flur. Langsam, wie in Trance. Am anderen Ende der Leitung schallendes Gelächter auf ihre Frage, wann er zu ihr zurückkommt. Schnitt. Die Frau liegt in einer Klinik, spricht mit dem sie behandelnden Psychoanalytiker über einen Hund namens Max, von dem sie sich bedroht fühlt.

Schnitt. Die Frau, es ist die österreichische Lyrikerin und Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, blickt aus dem Fenster eines Reisebusses, der durch die Wüste fährt. Sie erinnert sich an ihre erste Begegnung mit dem Schweizer Autor Max Frisch in einem Pariser Hotel im Anschluss an die Premiere seines Schauspiels „Biedermann und die Brandstifter“: die Faszination der so ungleichen Persönlichkeiten ist gegenseitig. Und doch erscheint das Scheitern der dann immerhin vierjährigen Beziehung mit den Stationen Zürich und Rom vorprogrammiert.

Auf der einer Seite eine umschwärmte Lichtgestalt, eine junge, attraktive und durchaus promiskuitive Frau, die sich in der männlich dominierten Literaturszene der Nachkriegsjahrzehnte zu behaupten weiß. Auf der anderen Seite ein zwar offener, allem Neuen aufgeschlossener, letztlich aber doch arrivierter, konservativer Mann mit spießigem Rollenbild. Wenn er am aufgeräumten Schreibtisch sitzt, darin etwa Thomas Mann gleich, verbittet er sich jede Störung von seinem „braven Mädchen“.

In Rom wundert sich Ingeborgs vertrauter Freund, der Komponist Hans Werner Henze, über ihren Entschluss, Freiheit und Unabhängigkeit aufzugeben und zu Max nach Zürich zu ziehen. Der verspricht bei einer Lesung aus seinem Roman „Stiller“, ihr die Wüste zu zeigen, die sie bisher noch nicht gesehen hat. Nun ist Ingeborg in Ägypten – aber ohne Max. Nachdem sich der krankhaft Eifersüchtige von ihr getrennt hat, stürzt Ingeborg in eine tiefe seelische Krise. Obwohl sie sich von Max Frisch ausgebeutet gefühlt und sein Tagebuch verbrannt hat: „Ich war sein Studienobjekt“.

Während Max sich mit Marlene, einer jungen deutschen Stipendiatin der Villa Massimo, tröstet, nimmt Ingeborg das Angebot des jungen Landsmannes Adolf Opel zu einer Orientreise an: Der aufgehende Stern am Wiener Theaterhimmel erinnert sie an ihren jüngeren Bruder Heinz. Sie lässt sich von Adolf Opel im Wüstensand eingraben: Ingeborg Bachmann kann in der Einsamkeit der weiten, kargen Landschaft die so leidenschaftliche wie selbstzerstörerische Liebe zweier individualistischer Künstlernaturen allmählich hinter sich lassen und neuen Lebensmut schöpfen: „Meine Wüste, meine einzige, meine sanfte Vorhölle, meine Erlösung.“

Nach Rosa Luxemburg (1986), Hildegard von Bingen (2009) und Hannah Arendt (2012) widmet sich Margarethe von Trotta in „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ erneut einer historischen Frauenfigur: Unverändert gilt die über Martin Heidegger promovierte österreichische Lyrikerin, die vor 50 Jahren im Alter von nur 47 Jahren unter tragischen Umständen in ihrer Lieblingsstadt Rom aus dem Leben schied, als eine der bedeutendsten Dichterinnen des 20. Jahrhunderts.

Warum sich ausgerechnet die in Klagenfurt geborene Vorreiterin des Feminismus, die neben den Genannten noch mit dem Dichter-Kollegen Paul Celan, dem Essayisten Hans Weigel und dem jüdischen Philosophen Jacob Taubes Liebesverhältnisse unterhielt, von Max Frisch angezogen fühlte, erklärt der hervorragend besetzte Film freilich nicht. Der binnen nur vierzig Tagen unter enormem Aufwand in sechs Ländern entstand. Kameramann Martin Gschlacht gehört übrigens – neben Jessica Hausner – zu den Gründern des Wiener Kreativpools coop99.

Margarethe von Trotta im Alamode-Presseheft: „In Rückblenden zu erzählen, gibt einem die Möglichkeit auszuwählen, im Rückblick nur die Momente zu beschreiben, die man als wesentlich und symptomatisch empfindet. Es hat mir auch die Möglichkeit eröffnet, in zwei verschiedenen Bewegungen zu erzählen: In die Wüste fährt Ingeborg Bachmann geschwächt, am Ende hat sie das Gefühl, erlöst zu sein. Die Erzählung mit Max Frisch verläuft im Gegenrhythmus. Sie beginnt euphorisch und endet traurig.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera-Assistenz

Steadicam

Standfotos

Kamera-Bühne

Innenrequisite

Kostüme

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 28.03.2022 - 06.06.2022: Wien, Rom, Zürich, Luxemburg, Jordanien, Köln
Länge:
111 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 25.07.2023, 245416, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.02.2023, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 19.10.2023

Titel

  • Arbeitstitel (DE) Bachmann & Frisch
  • Schreibvariante Bachmann und Frisch
  • Originaltitel (DE) Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste
  • Weiterer Titel (eng) Ingeborg Bachmann – Journey into the Desert

Fassungen

Original

Länge:
111 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 25.07.2023, 245416, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 19.02.2023, Berlin, IFF - Wettbewerb;
Kinostart (DE): 19.10.2023