LICHTER Filmfest erhält Binding-Kulturpreis 2023 und stellt erste Highlights des Programms vor

Das LICHTER Filmfest wird mit einem der größten privatwirtschaftlich vergebenen Preise Deutschlands ausgezeichnet: dem Binding-Kulturpreis 2023. Er fördert herausragende kulturelle Leistungen in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet, die auch über die Region hinaus Anerkennung finden.

 

Wenn das Filmfestival von 18. bis 23. April seine bereits 16. Ausgabe feiert, zieht sich in diesem Jahr unter dem Motto "LICHTER Loves You" die Liebe im und zum Film durch das breit gefächerte internationale Programm. Außerdem stehen wieder fünf Wettbewerbe um das begehrte Frankfurter Trinkgefäß an: Der LICHTER-Bembel wird an aufstrebende Filmschaffende aus Hessen und Rhein-Main und an internationale Film- und Videokünstlerinnen und Videokünstler vergeben. Die Filmreihe "Zukunft Deutscher Film" begleitet den gleichnamigen Kongress und widmet sich ambitionierten deutschen Filmen. Der Vorverkauf startet am 15. März.
 
Das 16. LICHTER Filmfest wirft die Projektoren an den unterschiedlichsten Spielorten in Frankfurt an. Mit dabei sind in diesem Jahr unter anderem das Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und die Arthouse- und Programmkinos Eldorado, Mal Seh'n und Pupille. Die vielseitige Kreativ-Location Massif Central auf der Eschersheimer Landstraße ist dieses Jahr das Festivalzentrum und somit Dreh- und Angelpunkt des Filmfests. Gezeigt werden Filme, die Diskurse anstoßen – von Filmkünstler*innen, die etwas zu sagen haben.

Liebe, Liebe, Liebe

In einer Zeit, in der Ressentiments und Hass um sich schlagen – in der Politik und in sozialen Medien – möchte sich das LICHTER Filmfest mit seinem Jahresthema der Liebe widmen. So divers und vielschichtig wie die Liebe sind auch die Blickpunkte der internationalen Filme auf das Thema: als Sprache und Dialog, Freundschaft und Partnerschaft, Utopie und Versprechen, Pädagogik und Spiritualität, Erotik und Sexualität, Politik und damit auch mögliche Solidarität. Das diesjährige LICHTER Filmfest verschreibt sich der Aufgabe, das große Thema Liebe ohne Kitsch und Klischee mit einer großen Vielfalt an Filmen von unterschiedlichen Seiten zu durchdringen – ob als Romanze, Drama, Komödie, Thriller oder Dokumentation.

Einen Vorgeschmack geben die ersten Highlights:

Die Dokumentarfilm-Regisseurin Laura Poitras bringt Oscar-Glamour nach Frankfurt: Für die Thriller-Doku "Citizenfour" über den Whistleblower Edward Snowden gewann sie 2015 den Academy Award für den besten Dokumentarfilm. Für dieses Jahr nominiert ist ihr Film "All the Beauty and the Bloodshed". Poitras beleuchtet darin den Werdegang der Künstlerin und Aktivistin Nan Goldin, deren Leben auf ganz persönliche und schicksalshafte Weise mit den Machenschaften der perfiden Opioid-Industrie in den USA verwoben ist.

Auch Jafar Panahi, einer der wichtigsten iranischen Regisseure, bringt brisantes Gesellschaftskino auf die Frankfurter Leinwände: "No Bears" heißt das Liebesdrama und bekam im vergangenen Jahr auf den Filmfestspielen Venedig den Spezialpreis der Jury. Seine Filme, die immer wieder Kritik an der iranischen Republik üben, brachten ihm 2022 eine Haftstrafe wegen "Propaganda gegen das Regime" ein. Nach einem Hungerstreik kam der Filmemacher Anfang Februar auf Kaution frei. Hochspannend wird es mit dem spanisch-französischen Provinz-Thriller "As bestas" ("The Beasts") von Rodrigo Sorogoyen: Zwischen den Einheimischen eines galizischen Dorfes und einem zugezogenen französischen Ehepaar entbrennt ein Konflikt, bei dem die Liebe zur Heimat und die Liebe zur Natur kollidieren. Der Film hatte seine Premiere 2022 in Cannes und konnte bei den diesjährigen Goya-Awards, der wichtigsten spanischen Filmpreisverleihung, von 17 Nominierungen 9 Preise holen, unter anderem in der Kategorie "Bester Film".

Sanfter, aber nicht weniger intensiv ist "Riceboy Sleeps", in dem die Liebe zwischen Mutter und Sohn im Vordergrund steht, deren Beziehung durch Diskriminierungserfahrungen auf die Probe gestellt wird. Der sensible Streifen hat beim Busan International Film Festival unter anderem den Audience Award gewonnen und feiert seine Deutschland-Premiere auf dem LICHTER Filmfest.

In eine ähnliche Kerbe schlägt das Familiendrama "La maternal" ("Motherhood"). Der Streifen erzählt mit herausragenden Performances von den Herausforderungen des Mutter-Seins und - Werdens und den Konflikten, die drei Generationen überspannen. Carla Quílez gewann für ihre Rolle der 14-jährigen Mutter Carla im vergangenen Jahr den Preis in der Kategorie "Best Actress" beim San Sebastián International Film Festival. Einen Comedy-Beitrag liefert "I like Movies". Die Indie-Komödie beamt das Publikum zurück in die frühen 2000er zu dem 17-jährigen Lawrence. Dieser vermeidet Sozialkontakte, ist aber absoluter Film-Nerd. Durch den Job in einer Videothek entwickelt sich eine komplizierte Freundschaft mit seiner älteren Kollegin. Die sich dabei entfaltende Videotheken-Nostalgie stellt – wie kann es anders sein – die Liebe zum Film in den Vordergrund, die auch dem LICHTER Filmfest ein besonderes Anliegen ist.

Zu dem Kongress "Zukunft Deutscher Film", der parallel zum Filmfest stattfindet, begrüßt das Festival hochkarätige Gäste: LICHTER-Schirmherr Edgar Reitz liest aus seinem aktuellen Buch "Filmzeit Lebenszeit: Erinnerungen". Des Weiteren kommt Regisseur Dominik Graf, der erst kürzlich in der "Woche der Kritik" seine neue Dokumentation "Jeder schreibt für sich allein" vorgestellt hat. Die Kuration des Begleitprogramms stellt den deutschen Film in den Mittelpunkt und bestärkt ihn in seiner kreativen Energie: LICHTER ist der Überzeugung, dass der deutsche Film in seinen gelungensten Fällen besser ist als sein Ruf. Ein gutes Beispiel dafür ist Sophie Linnenbaums Langfilmdebüt "The Ordinaries", der eine ganz eigene Welt kreiert: Das Leben der Menschen ist ein Film, sie sind Haupt- oder Nebenrollen und wenn es ganz schlecht läuft, nur ein Outtake. Paula will Hauptfigur werden und ein Leben mit eigener Storyline, dabei blickt sie hinter die Kulissen. Im Anschluss an die Vorstellung lädt Linnenbaum im Rahmen der Reihe "Was tut sich – im deutschen Film?" zum einem inspirierenden Werkstattgespräch ein.

Fantastisches Schauspiel erlebt man auch in "Das Lehrerzimmer": Im Film von İlker Çatak spielt Leonie Benesch eine junge, engagierte Lehrerin. Im Lehrerzimmer ihrer Schule gerät sie ungeahnt in einen Konflikt, der sie zunehmend verzweifeln lässt, obwohl sie eigentlich stets mit guten Absichten ihrer Arbeit nachgeht. Der Film behandelt die Themen Alltagsrassismus, Klassismus, Mobbing und Machtstrukturen einer Schule und besticht durch ein exzellentes Drehbuch. Gesellschaftliche Relevanz hat auch "Sieben Winter in Teheran": Darin rekonstruiert Steffi Niederzoll die Geschichte der Studentin Reyhaneh Jabbari, die im Alter von 19 Jahren im Iran wegen Mordes zum Tode verurteilt wird. In einem Akt der Selbstverteidigung hatte sie ihren Vergewaltiger erstochen. Der Dokumentarfilm gewann auf der Berlinale den Kompass-Perspektive-Preis für den besten Film in der Sektion "Perspektive Deutsches Kino". Auf der Berlinale gab es für "Knochen und Namen", das queere Langfilmdebüt von Fabian Stumm, den Heiner-Carow-Preis der DEFA-Stiftung. Der Film ist ohne Fördergelder entstanden, zeigt also, dass gute Stoffe nicht unbedingt große Budgets brauchen. Der Film über ein sich entzweiendes Künstlerpaar ist eine sensible und humorvolle Reflexion über die kleinen und großen Dissonanzen in Partnerschaften.

Die Sektion "Regionaler Langfilm" ist in diesem Jahr wieder gespickt mit den besten Filmen aus Hessen und Rhein-Main, darunter Welt- und Deutschlandpremieren. Sieben Dokumentar- und Spielfilme gehen in den Wettbewerb um den berühmten weißen Bembel. Der Regionale Langfilmpreis der Dr. Marschner Stiftung ist mit 3.000 Euro dotiert. Ein besonderes Highlight des Programms ist der Dokumentarfilm "Mina – Der Preis der Freiheit", der die mutige iranische Aktivistin Mina Ahadi porträtiert, die durch ihren Einsatz in ihrer Heimat schon einige Menschenleben retten konnte. Ihr unermüdlicher Einsatz gegen die Todesstrafe hat gerade während der neuen Proteste im Iran wieder brennende Aktualität gewonnen. Regisseur Hesam Yousefi und Mina Ahadi werden im Anschluss an den Film für ein Publikumsgespräch anwesend sein.

In "Fitness California" begleiten wir die Ringer-Legenden Bernd Fleig, Adolf Seger und Mario Sabatini in einem in die Jahre gekommenen Fitnesscenter in Freiburg, wo Sportsgeist, Engagement und Freundschaft bis heute hochgehalten werden. Nicht nur für Fitnessfreaks sehenswert! Auch der Filmnachwuchs der Region präsentiert sich in unserer Sektion von seiner besten Seite. Patrick Büchting, Student an der Hochschule Darmstadt, zeigt in der gleichnamigen Verfilmung des Romans "Morgen irgendwo am Meer" von Adriana Popescu ein bemerkenswertes Debüt über einen außergewöhnlichen Roadtrip.

Der Ticket-Vorverkauf für die einzelnen Filmvorführungen startet am 15. März. Ein LICHTER Festival-Pass für einen Zugang zu allen Vorführungen und öffentlichen Panels kann bereits online gebucht werden, für einmalig 100 Euro.

Quelle und weitere Informationen: www.lichter-filmfest.de