Zwei schräge Vögel

DDR 1988/1989 Spielfilm

Inhalt

Frank und Kamminke studieren in Leipzig Informatik und haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dem ein Rechner Fehler in seiner Software selbst finden und korrigieren kann. Nach ihrem Abschluss werden sie wegen einer von ihnen verschuldeten Computerpanne in einen entlegenen Ort in Thüringen versetzt. Dort sollen sie in einem kleinen Betrieb arbeiten, der alles andere als effizient wirtschaftet. Für die ansonsten nützliche Computeranlage aus dem Westen fehlt schlicht und einfach die passende Software.

Doch Frank und Kamminke dürfen die Anlage nicht betreten, obwohl gerade sie mit der komplexen Maschine etwas anfangen könnten. Schließlich dringen sie in der Silvesternacht mit Hilfe der Sachbearbeiterin Petra, in die beide verliebt sind, in den Raum ein und bringen den Rechner mit ihrem Spezialprogramm zum Laufen. Zwar ernten sie damit zunächst eine Strafpredigt durch den Generaldirektor, doch ihr erfolgreicher Eingriff führt am Ende zu großer Anerkennung: Die beiden werden ein Jugendforscherkollektiv.

Die Ausstattung dieser Filmseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Kamminke und Frank Lettau sind ein Team. Beruflich, als Informatikstudenten, die gemeinsam ihre Doktorarbeit schreiben, tage- und auch nächtelang. Das schweißt zusammen, auch privat. Auf den ersten Blick erscheint Kamminke nicht nur wie der intellektuelle Kopf des Duos, sondern auch als ruhender Pol. Was an einer Tabakspfeife liegt, an der er scheinbar rund um die Uhr saugt, ohne sie zum Kocher aufzuheizen. Aber der Schein trügt: Frank Lettau ist die Ruhe selbst, ist der Vernünftigere, der immer wieder darum bemüht sein muss, die allzu forschen Vorstöße seines „Zwillings“ auszugleichen. Was im Übrigen auch für dessen Verhältnis zur attraktiven Kommilitonin Gina gilt, auf die er gleichermaßen beide Augen geworfen hat. Und die abends als Sängerin das Publikum im überfüllten Studentenklub dermaßen begeistert, dass der verantwortliche Kulturfunktionär (Uwe Steimle offenbar schon früh auf das Rollenprofil eines besonders Ordnungsbewussten festgelegt) alle Mühe hat, um Mitternacht die Lichter auszumachen.

Als die Diplomarbeit, eine für die DDR-Technologie bahnbrechende Entwicklung, mit der ein Computer Fehler in der installierten Software findet und selbst korrigiert, fertig ist, wird zünftig gefeiert. Feuchtfröhlich und zu dritt versteht sich. Weil der große Erfolg gleichzeitig die Trennung des Trios, das gerade noch von Ginas Vater in der Badewanne erwischt worden ist, bedeuten könnte. Wie den Dreien (und vor allem uns) ein philosophierender Gebäudereiniger zu mitternächtlicher Stunde erklärt: „Der Sozialismus braucht jeden, aber keiner weiß wo.“ Weshalb es Kamminke und Lettau auch dem Staat überlassen müssen, für wen sich die schöne Schwarzgelockte entscheidet: „...der mischt sich ja auch sonst überall ein.“

„Es ist nicht gut, wenn man zu gut ist“ weiß abends in der Kneipe einer, der es wissen muss, sitzt er doch, wie sich später zeigt, in der Kommission der Universität, die darüber entscheidet, wo der hoffnungsvolle wissenschaftliche Nachwuchs eingesetzt wird zum Wohle des Sozialismus. Doch bevor es soweit ist, werden die beiden Computer-Experten von der eigenen Uni benötigt: Kollege Adam (Peter Bause) denkt mitten im Sozialismus ganz marktwirtschaftlich, indem er die rechnergestützte Belegungsquote der Räumlichkeiten deutlich erhöhen möchte. Kamminke und Lettau stehen sozusagen Gewehr bei Fuß, um ihre Software einem ersten realen Belastungstest zu unterziehen. Alles klappt vorzüglich, weil an der Uni alles zusammenklappt: Die Vorgaben des Kollegen Adam sind halt ein wenig zu ehrgeizig gewesen.

„Freiheit ist Einsicht ohne Notwendigkeit“: Kamminke soll nach Berlin, Lettau in Leipzig bleiben. Doch ersterer wechselt nicht ohne letzteren in die Hauptstadt - da sei die schöne Gina vor. Die schon die erste Solo-Nacht mit Lettau hinter sich hat („Ich schwöre dir, wir haben zusammen geschlafen, und weiter war nichts“). Was wiederum ihrem extra angereisten Vater, Prof. Dr. Menzel von der Berliner Akademie der Wissenschaften, gegen den Strich geht: Soviel Aufsässigkeit der „schrägen Vogel“ gegen den erklärten Willen der Partei bedeutet Provinz.

„Genie setzt sich überall durch“: Es wird, genauer gesagt, tiefste Provinz, Finsterberg-Dodeleben. Statt der Geier im Western hocken Hitchcocks Raben auf dem Wegweiser und amüsieren sich über die zwei Gestalten, die ein Barkas ausgespuckt hat. Mitten in der Walachei, sechs Kilometer vor er nächsten menschlichen Behausung. Wo mit Petra Anschütz schon wieder eine schwarzgelockte Schöne der jungen Hochschulkader harrt, sodass am Ende jeder Topf seinen Deckel kriegt. Aber soweit sind wir noch lange nicht in dieser frechen, ja geradezu tolldreisten Real-Satire nach einer, so der Vorspann, „ziemlich frei erfundenen Handlung“ des Szenaristen Diethard Schneider, die aber auch kein Fettnäpfchen auslässt, an dem sich eine kurz zuvor noch funktionsfähige Zensur hätte reiben müssen.

„Willkommen an der Basis“: Die eher ernüchternde Begrüßungsformel anderntags im Produktionsbetrieb VEB Stirnräder ist schon am Vorabend durch den Hausmeister des Wohnheims, in dem die beiden frisch Diplomierten unterkommen, vorweggenommen worden, einem Pedanten namens Hausmann, der nicht nur ertragen, sondern im wahren Wortsinn überwunden werden muss. Wofür selbstredend der verbindliche Frank Lettau zuständig ist, dem sogleich das Herz der schönen Petra zufliegt.

„Wir nehmen die Kader wie sie kommen“: Kremmel und Heilmann, die hier im metallverarbeitenden Industriebetrieb das Sagen haben, sagen das aber nur so mit dem Willkommen. In Wirklichkeit wollen sie nur in Ruhe so weiterwursteln wie bisher und wünschen diese Jungspunde von Neuerern zum Teufel. Indem sie ihnen das Aufgabengebiet „Optimierung des Materialflusses“ zuweisen, was nichts anderes bedeutet, als körperliche Kärrnerarbeit an den sauschweren Loren mit den Rohlingen.

Selbst als sich Kombinatsleiter Dr. Bauer mit der ZK-Parteigenossin Vogelsang blicken lässt und das rechnergesteuerte „Wunderding“ von Präzisions-Fräsmaschine immer noch nicht läuft, sind Kremmel und Heilmann weder zum Umdenken bereit noch lassen sie die „schrägen Vögel“ endlich an den Computer. Ein Erfolg der beiden könnte sie schließlich vorzeitig um ihre wohlverdienten Leiterposten bringen. Da muss das von der aufgeweckten Petra Anschütz erneut zum Trio komplettierte Software-Kollektiv nach Feierabend ’ran, und damit das in Kremmels Kreml geht, wird der Hund der beiden Wachleute vor den Fernseher gesetzt...

„Wir haben erfolgreich versagt“: Kamminke und Lettau kriegen zum guten Ende das „Wunderding“ ans Laufen – und während der Leipziger Messe Besuch eines an ihrer Entwicklung interessierten Koreaners. Zu dessen Empfang muss Kamminke freilich die Hose ’runterlassen – in „Auerbachs Keller“ kommt man(n) doch nicht in diesen fürchterlichen westlich-dekadenten Nietenhosen ’rein!

„Schräge Vögel – aber sie können fliegen“: Zur rockigen Musik Tamas Kahanes und der Gruppe „Petty Coats“ um Frontfrau Sibylle Strauß begeistert Erwin Strankas DDR-Satire, die alle Register zieht in ihrem Abgesang auf die Bürokratie des real existierenden Sozialismus. Von sprechenden Namen über die wunderbar ironischen Sinnsprüche und Küchenweisheiten bis hin zu geradezu klassischen Zitaten aus der Filmgeschichte bietet mit „Zwei schräge Vögel“ auch die Babelsberger Defa noch einmal alles auf, um zuvor nicht genehmigungsfähige Leistungsstärke zu zeigen. Es hat ihr freilich nichts genutzt, sie wurde wie die ganze DDR abgewickelt. Guckt man sich jedoch die Namen der Darsteller an, so gehören bis auf einige durchaus prominente Statisten alle Protagonisten zum Kreis der auch in der wiedervereinigten Republik vielbeschäftigten Bühnen-, Film- und Fernsehschauspieler.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Standfotos

Bauten

Kostüme

Mischung

Darsteller

Produktionsleitung

Länge:
2870 m, 104 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 12.09.1989, Cottbus, Kammerlichtspiele

Titel

  • Originaltitel (DD) Zwei schräge Vögel

Fassungen

Original

Länge:
2870 m, 104 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 12.09.1989, Cottbus, Kammerlichtspiele

Digitalisierte Fassung

Länge:
99 min
Format:
DCP 2k, 1:1,66
Bild/Ton:
Farbe, Mono