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Geschichten aus dem Leben des Berliner Milieu-Malers Heinrich Zille in einem der seltenen DEFA-Musicals: Zille ist um die 40, als er seine Anstellung bei der Photographischen Gesellschaft verliert, für die er 30 Jahre lang gearbeitet hat. Obwohl er sich lieber sowieso ganz dem Malen gewidmet hätte, ist die Entlassung ein schwerer Schlag für ihn. Plötzlich mittellos, will er sich mit den armen Leuten seines Viertels solidarisieren, die ihm gegenüber jedoch misstrauisch sind, da er ihnen immer mit Block und Bleistift auflauert.
Erst nach und nach erkennen sie, dass er ihr Leben ehrlich dokumentieren will, und fassen Sympathie für ihn. Eine besondere Freundschaft entwickelt sich zwischen ihm und der Hinterhofsängerin Jette. Sie will aus dem Milieu heraus und kommt beim Tingeltangel unter, wo sie von einem Fabrikantensohn verführt und sitzen gelassen wird. Doch da ist noch der Schlafbursche der elterlichen Wohnung, Ede, der sie schon lange liebt. Am Ende erkennt sie, dass er der Richtige ist.
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Dieser Spagat kann nicht gelingen, weshalb der renommierte Opernregisseur Horst Bonnet, bekannt auch durch seinen Defa-Operettenfilm „Orpheus in der Unterwelt“ von 1974, der zunächst für die Leinwand-Adaption des Musicals „Der Maler von Berlin“ vorgesehen war, das Babelsberger Angebot 1979 dankend ablehnte. Wolfgang Baumanns farbige Bilder der Hinterhof- und Hintertreppen-Verhältnisse der hauptstädtischen Arbeiterviertel lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, werden aber – aus heutiger Sicht geradezu unfreiwillig komisch – konterkariert durch verharmlosende Gruppenchoreographien zu Songs, die bisweilen stark an Kurt Weill („Dreigroschenoper“) erinnern.
Zille hat es schwer mit seinen „Modellen“, die sich partout nicht zeichnen lassen wollen. Weil sie sich von dem bürgerlich gekleideten Mann mit den charakteristischen Merkmalen Hut, Vollbart und Zigarre voyeuristisch ausgenutzt fühlen. „Verfatz dir…!“ muss er sich immer wieder anhören lassen, gerade auch von der jungen, drallen Sängerin Henriette „Jette“ Kramer, die er liebend gerne porträtieren würde, wie Gott sie erschaffen hat. Obwohl oder gerade weil Zille ihr mehrfach finanziell aus der Patsche hilft, etwa um den aufdringlichen Hausbesitzer abweisen zu können, fasst sie kein Vertrauen zum Künstler.
Jette träumt, einmal im Alhambra-Varieté auftreten zu können – und lässt sich von einem schmierigen Prinzipal für dessen Tanztruppe anwerben, die in zwielichtigen Spelunken für Bierumsatz sorgen und auf privaten Partys etwa beim Unternehmer Diestelmeyer wohlhabende Spießer verwöhnen soll. Und zwar keineswegs nur mit einem frivolen Blick auf stramme Waden und gerüschte Unterwäsche. Doch Jette will mit aller Macht ihrem Milieu entfliehen – und landet fast zwangsläufig im Bett des Fabrikantensohnes Hugo Diestelmeyer, der sie prompt sitzen lässt, als sich die Folgen der Liaison nicht länger verheimlichen lassen.
Zille freundet sich mit dem jungen Sozialdemokraten Ede Schmidt an, der heimlich Flugblätter druckt und den die pickelhaubenbewehrte Obrigkeit schon seit geraumer Zeit auf dem Kieker hat. Auch er, Untermieter bei Jettes Mutter Luise, die sich als Leierkastenfrau durchzuschlagen versucht, hat mehr als nur ein Auge auf Jette geworfen, freilich aus ganz handfesten und keinesfalls künstlerischen Gründen.
Als Zille nach dreißig Jahren seine Anstellung bei der Photographischen Anstalt verliert, kann er sich noch intensiver seinem „Milljöh“ widmen, muss nun aber auch für seinen Lebensunterhalt sorgen. Und dafür endlich Bilder verkaufen, was so leicht nicht ist: Die feine Gesellschaft ist von Zilles Motiven angewidert und die Arbeiter, die nach und nach erkennen, dass Zille es ehrlich meint, können keinen Pfennig erübrigen – und für Kunst schon gar nicht.
Auch als am Wannsee das erste Freibad für breite Bevölkerungsschichten eröffnet wird, eine sozialdemokratische Errungenschaft unter strenger Polizei-Kontrolle, ist Zille mit seinem Zeichenblock vor Ort. Der hat bei Jette unfreiwillig aber beherzt Geburtshelfer gespielt, nun macht er Ede Mut, es noch einmal zu versuchen bei der jungen und nach dieser Enttäuschung auch für das Leben und die Kunst zugänglich gewordenen Sängerin. Am Ende übersteht Zille auch noch ein juristisches Verfahren zu Zeichnungen im „Simplicissimus“ und in der „Jugend“ – und dann feiert der ganze Kiez in Wanda Selfmilchs Kneipe…
Von einer „musikalischen Auseinandersetzung“ mit Heinrich Zille war die Rede bei der Defa und davon, dass eine Geschichte erzählt wird und kein biographischer Bericht. Doch was soll aus geradezu naturalistisch unterfütterter Sozialkritik samt Hieben auf die von Pfarrer Daniel verkörperte Kirche und Ringelpiez mit Anfassen anderes entstehen als eine unverdauliche Melange? Der seinerzeitigen DDR-Kritik war „Zille und ick“ noch nicht unterhaltend genug, uns heutigem Publikum fehlen grundsätzliche biographische Daten zum Familienmenschen Zille, immerhin Vater dreier Kinder, wie zur – späten – Mitgliedschaft in der Preußischen Akademie der Künste auf Vorschlag des Präsidenten Max Liebermann.
Pitt Herrmann