Ein starker Abgang

Deutschland 2007/2008 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Bei Heinz Kilian (eine Idealbesetzung: Bruno Ganz als so eitler wie verbitterter, da fast vergessener Schriftsteller) grummelts. Im Magen, oder im Darm, jedenfalls schon geraume Zeit. Was ihn schon früh um vier Uhr des Morgens aus dem Bett treibt, für einen Intellektuellen eine ganz und gar unmögliche Zeit. Und ihn auch in den Augen seiner Umgebung, personifiziert in seiner Haushälterin Consuela, zum unerträglichen Hypochonder macht. Endlich überwindet sich Kilian und sucht seinen Hausarzt auf. Doch Dr. Bergenthal, der seinen „Patienten“ wohl mehrere Jahre nicht zu Gesicht bekommen hat, muss passen: Er kann nach konventioneller Untersuchung nichts finden und schickt Kilian zu seinem Facharzt-Kollegen Dr. Kübler, wo er sich einer Magenspiegelung unterziehen muss. Als auch diese ohne Befund bleibt, richtet sich der Fokus des medizinischen Interesses auf die Ess- und Lebensgewohnheiten des Schriftstellers.

Mit denen es nicht zum besten bestellt ist: Kaffee und Zigaretten beinahe rund um die Uhr, deftige Hausmannskost zu einer Flasche Rotwein, reichlich Süßes. Schlaganfall und Herzinfarkt seien gewissermaßen die natürlichen Folgen solch' ungesunden Lebenswandels, weshalb Dr. Kübler eine erfahrene Ernährungsberaterin empfiehlt. Als die so sanftmütig blickende wie alsbald resolut handelnde Vera Hartel (Paraderolle für eine einmal mehr sehr authentische Monica Bleibtreu) eines Tages auf der Matte steht, ahnt Kilian, was auf ihn zukommt: Sein selbstbestimmtes Bohemien-Leben als Single und Autor im großzügigen Einfamilienhaus ist, zumindest temporär, vorbei. Was noch dadurch verschärft wird, dass ihm der Sohn seines langjährigen Verlegers Plöger eine Lesereise durch die Provinz aufhalst – als verkaufsfördernde Maßnahme. Denn Kilian ist nicht nur als Mann, sondern auch als Schriftsteller in die Jahre gekommen und auch dem Verlag könnte neue Aufmerksamkeit finanziell helfen.

Mit dem feinsinnigen, aber auch etwas arg einfältigen Hans Behling als Chauffeur am Steuer eines klapprigen Mercedes, der sicher schon dem verstorbenen Vater Plöger als Dienstfahrzeug gedient hat, und Vera Hartel an seiner Seite im Fond geht es nun auf Lesereise. Bei der Kilian eine Menge neuer Erfahrungen macht. Etwa die, dass die nervige Aufpasserin an seiner Seite so übel gar nicht ist: Man(n) kann sich sogar abseits von Schweinebraten und Rohkostsalat gut unterhalten, ist Vera doch sozusagen mit Adorno, Bloch und Horkheimer aufgewachsen. Und überhaupt schlägt das Leben manche Kapriolen.

Seinem Fahrer Behling zahlt Kilian das Hotelzimmer, damit der Arme nicht immer im Auto übernachten muss. Und als dieser sich Hals über Kopf in eine Countrysängerin verliebt, die eine seiner Lesungen mit Songs der „Dixie Chicks“ bereicherte, verspricht Kilian sogar, zur Hochzeit zu kommen. Und das, obwohl er kurz zuvor eine niederschmetternde Diagnose verkraften musste nach einem Zusammenbruch on tour: Der Klinikarzt (Ulrich Noethen) erkannte eine seltene, zudem weit fortgeschrittene und daher nunmehr inoperable Krebskrankheit. Heinz Kilian hat sich über Nacht aus einem Misanthropen in einen Menschen verwandelt, stellt sich seinem Leben – und endlich auch Vera Hartel...

Die unterhaltsame Mischung aus literarischem Roadmovie und psychologischem Kammerspiel des Drehbuchautors Martin Rauhaus ist nicht gerade ein großer Wurf, aber, und darin typisch für den Regisseur Rainer Kaufmann, ein großartiger Schauspielerfilm. Der bis in kleinste Nebenrollen hochkarätig besetzt ist, etwa mit Stefan Kurt als Arzt Dr. Pögen, Gustav-Peter Wöhler als Klinik-Patient Gerhard und Leslie Malton als schwärmerische Verehrerin, mit der sich Kilian nach seiner Lesung zum naturgemäß opulenten Essen verabredet.

Pitt Herrmann

Credits

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera-Assistenz

Material-Assistenz

Standfotos

Licht

Kamera-Bühne

Außenrequisite

Innenrequisite

Kostüme

Schnitt

Ton-Assistenz

Casting

Darsteller

Produzent

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Geschäftsführung

Dreharbeiten

    • 03.07.2007 - 05.08.2007: Berlin
Länge:
88 min
Format:
Super16mm - überspielt auf DigiBeta, 16:9
Bild/Ton:
Eastmancolor, Stereo
Aufführung:

Uraufführung (DE): 23.06.2008, München, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE FR): 25.07.2008, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE) Ein starker Abgang

Fassungen

Original

Länge:
88 min
Format:
Super16mm - überspielt auf DigiBeta, 16:9
Bild/Ton:
Eastmancolor, Stereo
Aufführung:

Uraufführung (DE): 23.06.2008, München, Filmfest;
TV-Erstsendung (DE FR): 25.07.2008, Arte