Summary
How About Adolf?
The bourgeois couple Thomas and Elisabeth has invited Elisabeth's brother Thomas and his pregnant partner Anna as well as their distinguished friend René for dinner. The convivial evening with good food and fine wines takes an unexpected turn, when Thomas and Anna announce that they want to name their son Adolf. The hosts and René are rendered speechless and soon a fierce argument erupts that gradually spirals out of control. Suppressed conflicts, sins of their youth and family secrets are used as weapons in a debate about the appropriateness of a name that turns into a general reckoning where nothing is taboo anymore.
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„Er ist die Schwester, die ich nie hatte“: Gewohnt pünktlich erscheint mit René König nicht nur Elisabeths bester Freund seit frühen Kindertagen, sondern ein ausgesprochen sanftmütiger Mensch. Der Klarinettist im Beethovenorchester weiß um die Launen des Hausherrn und ist daher stets um Ausgleich bemüht. Was ihm an diesem Abend jedoch nicht so recht zu gelingen scheint, nachdem Thomas Böttcher, der jüngere Bruder der Gastgeberin, eingetroffen ist. Denn das als Immobilienmakler außerordentlich erfolgreiche Großmaul gibt dem Herrn Professor ordentlich Kontra bei dessen allzu oberlehrerhaft erscheinenden Fragen etwa nach dem Ausbleiben seiner schwangeren Freundin Anna. Die ambitionierte, aber bisher erfolglose Schauspielerin, die unmittelbar nach der Geburt wieder auf der Bühne oder vor einer Kamera stehen will, weshalb sie gerade noch ein Casting absolviert und um einiges verspätet eintrifft, hat das Rauchen noch immer nicht aufgegeben, obwohl nicht nur ein intellektueller Kopf wie Stephan weiß, dass das höchst gefährlich für das werdende Leben im Mutterleib ist.
Apropos werdendes Leben. Wie soll das Ungeborene denn heißen? Wenn es ein Junge wird, und das hat ganz den Anschein, soll er Adolf heißen. Sogleich bleibt allen anderen am Tisch die Vorspeise im Hals stecken. Während Stephan zu üblen Beschimpfungen greift, Adolf Hitler stehe schließlich für das größte Massenverbrechen aller Zeiten, beruhigt René mit der Hoffnung, das Standesamt hätte da sicherlich ein entscheidendes Wort mitzureden. Mit großer Eloquenz verteidigt Thomas seine Namenswahl: dem Mythos Hitler müsse offensiv begegnet werden, um endlich einen Schlussstrich ziehen zu können. „Mein Adolf wird ein Missionar – wie Ghandi“: Thomas argumentiert, sein Kind solle sich mit der Vergangenheit Deutschlands bewusst auseinandersetzen und Antifaschist werden.
Als das Hühnchen-Curry auf den Tisch kommt, gesellt sich die völlig ahnungslose Anna hinzu. Da ein Wort das andere ergibt und man einander Wahrheiten ins Gesicht faucht, die zugunsten eines harmonischen Zusammenseins besser ungesagt geblieben wären, fühlt sie sich im falschen Film und zündet sich auf der Terrasse erst einmal eine Zigarette an. Dabei, René hat das längst durchschaut, will Thomas nur den „pseudointellektuellen Poser“ provozieren: Paul soll der Junge in Wahrheit heißen – gemäß der Familientradition nach dem verstorbenen Großvater. Aber als sein Erzeuger im Bücherregal des Schwagers die zweibändige historisch-kritische Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ entdeckte, hat er sich den nun gründlich aus dem Ruder laufenden Spaß nicht verkneifen können. „Wenn ich daran denke, dass es Mama mit der Königin treibt“: Ein Spaß, bei dem nach und nach die schlimmsten Jugendsünden und die größten Geheimnisse aller Beteiligten aufgetischt werden...
„Es bedarf nur einer Anekdote, eines Satzes, einer blöden Bemerkung – zwischen Freunden oder Verwandten beim Essen – und schon bricht ein Sturm los“: Patrick Bruel, der in der Rolle des im Original Vincent genannten Hallodris Thomas 2010 mit gewaltigem Erfolg auf die Schauspiel-Bretter zurückkehrte, berichtet über die schwierige Probenarbeit zur Boulevardkomödie „Le Prenom“. „Anfangs schafften wir es nie“, so der berühmte französische Sänger und Schauspieler, „auch nur einen Satz zu Ende zu sprechen, weil wir vor Lachen ständig losprusteten. Bei der ersten Leseprobe machte ich mir schließlich schon Sorgen: Ich brachte es wirklich nicht fertig, die Dialogzeilen zu beenden.“ Zwei Jahre später hat die Leinwand-Adaption mit mehr als drei Millionen Besuchern auch die französischen Kinokassen klingeln lassen. Sönke Wortmann wollte „Le Prenom“ ursprünglich auf die Düsseldorfer Bühne bringen. Weil ihm bei der Deutschen Erstaufführung das Residenztheater München zuvorkam, übernahm er die deutsche Kino-Adaption nach dem mit der französischen Vorlage vergleichbar pointenreichen, politisch aber brisanteren, weil in die deutsche Gegenwart führenden Drehbuch von Claudius Pläging.
Claudius Pläging im Presseheft: „Das Original ist brillant, aber es handelt sich um einen sehr französischen Film, die Figuren sind im intellektuellen Paris verortet und die Dialoge gespickt mit Bezügen zur französischen Kultur. Das ließ sich nicht eins zu eins übertragen, zumal wir Deutschen unser eigenes Verhältnis zum Nationalsozialismus haben. Dem musste ich bei der Adaption des Drehbuchs Rechnung tragen. Dabei galt es, den Witz des Originals so weit wie möglich zu erhalten und gleichzeitig den besonderen Reiz zu nutzen, wenn man dieses Gedankenspiel und seine Folgen im Deutschen durchdekliniert.“ Das grandiose Ensemble sorgt für 91 hochspannende Kammerspiel-Minuten, die nach einer furiosen Philippika der schier umwerfenden Caroline Peters leider mit einem im deutschen Film offenbar unvermeidlichen familientauglichen Schlusswort der Erzählerin enden. Free-TV-Premiere ist am 24. Mai 2021 auf Sat 1.
Pitt Herrmann