Free Rainer - Dein Fernseher lügt

Österreich Deutschland 2006/2007 Spielfilm

Inhalt

Rainer ist ein erfolgreicher Fernsehproduzent – genauer gesagt ist er der Quotenkönig des so genannten "Unterschichtenfernsehens", der mit Shows der primitivsten Sorte Kasse macht. Dann aber nimmt das Leben des zynischen Koksers eine unerwartete Kehrtwende: Rainer wird vorsätzlich von einer jungen Frau angefahren, die sich an ihm für den Tod eines geliebten Menschen rächen will. Und plötzlich erkennt Rainer, dass er für Geld über Leichen gegangen ist – und startet einen idealistischen Feldzug gegen seine alten Kollegen.

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Heinz17herne
Heinz17herne
„Du kannst mich unmöglich mehr hassen als ich mich selbst“: Eigentlich hätte Rainer Grund zum Feiern. Der Star des Privatsenders TTS stellt mit seinen Shows wie „Hol’ dir das Superbaby“ einen Quotenrekord nach dem anderen auf. Und seine schöne Freundin Anna macht an seiner Seite bei der Jahresgala des TV-Kanals am Tisch von Programmchef Maiwald und seiner Flamme Joanna eine ausgesprochen gute Figur.

Doch Zufriedenheit sieht anders aus als, zugedröhnt mit Koks, Wodka und Hardcore-Rap, im Jaguar durch Berlin zu rasen und allen den „Stinkefinger“ vorzuhalten, die nicht schnell genug die Flucht ergreifen. Wie eine Marzahner Skinhead-Gruppe, deren Kleinwagen er pulverisiert. Für einen kurzen Moment der Irritation sorgt Pegah, die Rainer und Anna auflauert, aber plötzlich ebenso schnell verschwindet wie sie gekommen ist.

Erst im Morgengrauen macht der betrunkene Rainer erneute, nun schmerzhafte Bekanntschaft mit der geheimnisvollen Unbekannten: An einer Kreuzung rast ihr Jeep in seine Nobellimousine – und beide landen schwerverletzt in der Klinik. Wo das Opfer Kontakt aufnimmt mit der Täterin, bei der er einen Zeitungsausschnitt entdeckt: Der Artikel handelt von Pegahs Großvater, einem Schwimmtrainer, der in dem von Rainer verantworteten Fernsehmagazin „Report 24“ fälschlicherweise des Dopings bezichtigt wurde und danach Selbstmord beging.

Zurück im Alltag versucht Rainer ein besserer Mensch und Fernsehmacher zu werden, konzipiert eine anspruchsvolle Show. Doch die Zuschauer- Quote ist katastrophal, Maiwald setzt sie sofort ab: „Die Zuschauer wollen Titten sehen und wissen, wie man Steuern spart. Das ist das wahre Leben für sie.“ Rainer kündigt. Und hat nun Zeit, sich durchs Privatfernsehen zu zappen. Angewidert wirft er seinen großen Flatscreen-Fernseher schon bald von der Dachterrasse: Wollen „die Zuschauer“ wirklich einen solchen Mist sehen? Rainer macht sich daran, das Geheimnis der Einschaltquoten zu lüften, die zu seinem Erstaunen in lediglich 5.000 ausgewählten Haushalten ermittelt werden.

Ließe sich da nicht was machen? Pegah ist mit von der Partie. Sie stehlen bei einer Besichtigung der IMA-Zentrale, welche die Quoten ermittelt, eine der mysteriösen Boxen, mit der die Sehgewohnheiten angeblich repräsentativer Verbraucher erfasst werden. Und überzeugen den Wachmann Phillip, einen esoterischer Verschwörungstheoretiker, bei ihnen einzusteigen: Er verfügt über die Adressen sämtlicher Haushalte, in denen eine Quotenbox steht.

Das Trio mietet sich in einer Pension im gottverlassenen Hohenmaibach ein und trifft, nachdem Rainer alles zu Geld gemacht hat, was möglich war in so kurzer Zeit, Vorbereitungen, um möglichst viele der Boxen auszutauschen und die Quoten manipulieren zu können. Fünf Arbeitslose sollen ihnen dabei helfen: der indische Pantomime Gopal, der Ex-Knacki Karl-Heinz, der Obdachlosen Bernd, der Pyrotechniker Harry und der Theologe Sebastian. Innerhalb von zwei Monaten will dieses illustre Team die eigenen Geräte in den Testhaushalten installieren.

Was naturgemäß nicht möglich ist. Aber der gelernte Fernmeldetechniker Bernd hat den rettenden Einfall: Ein weiterer Austausch der Boxen ist gar nicht mehr nötig. Da die Daten übers Telefonnetz geschickt werden, reicht es, in den entsprechenden Verteilerkästen eine Rufumleitung zu den TV-Rebellen herzustellen. Die wiederum ändern die Daten und schicken sie zurück über die Telefonleitung an die IMA.

Bald kann die Truppe den Durchbruch feiern: Nachdem 500 Quoten-Haushalte „befreit“ sind, finden Shows wie „Mein neuer Traumkörper“ oder „Deutschland sucht den Supersänger“ scheinbar kein Publikum mehr, während Fassbinder-Filme, Dokumentationen aber auch „Wickie und die starken Männer“ zu Hits avancieren. Schon titeln die einschlägigen Magazine „Das Ende des TV-Terrors“ oder „Geistiger Frühling in Deutschland“ und selbst die rein kommerziellen Privatkanäle stellen sich auf die neuen Publikumsinteressen ein...

Der Österreicher Hans Weingartner hat Mitte der 1990er Jahre in Berlin-Friedrichshain selbst in einer Hippie-WG ohne ein einziges Fernsehgerät gewohnt. Und meint es ernst mit seiner Satire, in der er sein Unbehagen über das Trash-TV auf mittlerweile einhundert Kanälen in eine sehr unterhaltsame Form gebracht hat. Für ihn macht das Fernsehen nicht nur dumm, sondern es wird wie eine Droge eingesetzt, um die Zuschauer ruhig zu stellen.

Die Kritik ist mit „Free Rainer“ nicht eben pfleglich umgegangen: „humorfrei“, „platt“, „völlig ironiefrei“, „ganz naiver Botschaftsfilm“, „kulturpessimistisches Gejammer“, aber auch „sozialromantischer Mainstream“. Ich fand den Film schlichtweg sehr unterhaltsam, und das gilt besonders für die mit kleinen, feinen Details liebevoll gezeichneten Hartz IV-Guerilleros. Und dass Harald Schmidts selbst ja nur ironisch zu verstehender Anwurf vom „Unterschichtsfernsehen“ längst wissenschaftlich widerlegt ist, wird auch dadurch unterstrichen, dass „Free Rainer“ bei uns am 20. August 2011 bei „Vox“ Free-TV-Premiere feierte (in Österreich am 21. September 2010 im ORF).

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Requisite

Maske

Kostüme

Schnitt-Assistenz

Ton-Design

in Co-Produktion mit

Produktions-Assistenz

Dreharbeiten

    • 30.08.2006 - 30.09.2006: Wien, Berlin und Umgebung
Länge:
3768 m, 138 min
Format:
HDV - überspielt auf 35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby DTS
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 24.09.2007, 111419, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): 11.09.2007, Toronto, IFF;
Kinostart (DE): 15.11.2007

Titel

  • Originaltitel (AT DE) Free Rainer - Dein Fernseher lügt

Fassungen

Original

Länge:
3768 m, 138 min
Format:
HDV - überspielt auf 35mm, 1:1,85
Bild/Ton:
Farbe, Dolby DTS
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 24.09.2007, 111419, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): 11.09.2007, Toronto, IFF;
Kinostart (DE): 15.11.2007