Klandestin

Deutschland 2022-2024 Spielfilm

Inhalt

Mathilda lebt wieder in ihrer alten Heimat Frankfurt am Main, wo sie als EU-Ministerin der Landesregierung für eine harte Grenzpolitik einsteht. Eines Tages steht ihr langjähriger Freund und Künstler Richard, für den sie eine Ausstellung organisiert, mit dem 17-jährigen Malik vor ihrer Haustür, den er eben frisch aus Marokko eingeschmuggelt hat. Er will, dass sie ihm auf kleinem Dienstweg ein Visum besorgt und lässt ihn so lange bei ihr zurück.

Aber Malik will weg, trifft andere Marokkaner, die haben aber mit einem Bombenanschlag zu tun. Er gerät unter Terrorverdacht, und nur die Assistentin der Politikerin ist noch bereit, ihm zu helfen, selber aus Marroko stammend. Ein Thriller über persönliche Gefühle in einer hoch politischen Dimension. Erzählt aus verschiedenen Perspektiven, leuchtet dieser Film auf großartige Weise aus, wie komplex die sog. Flüchtlingsfrage in Wahrheit ist. (MK/JS)

Quelle: 20. Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein

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Heinz17herne
Heinz17herne
Der auf dem Kunstmarkt der britischen Hauptstadt nur mäßig erfolgreiche Künstler Richard, der sich daher London nicht mehr leisten kann, lebt seit geraumer Zeit in der marokkanischen Hafenstadt Tanger. Seine deutsche Freundin Tilda aus längst vergangenen Hippie-Zeiten, Mathilda Marquardt, die Karriere gemacht hat und inzwischen für eine konservative Partei im Europaparlament sitzt, hat für ihn in Frankfurt/Main eine Ausstellung organisiert, auf die Richard große Hoffnungen nicht zuletzt finanzieller Art setzt.

Aber auch emotional ist der Maler euphorisiert – vom jungen Marokkaner Malik, der ihm Modell sitzt und von einem besseren Leben in Europa träumt. Und das nicht nur aus Eigennutz: Wenn er wie erhofft Karriere als Rapper macht, kann er seine Familie daheim unterstützen. Nachdem ein Visum-Antrag für Malik abschlägig beschieden wurde, versteckt Richard den Jungen beim Kunst-Transfer zwischen seinen großformatigen Bildern im selbst gesteuerten Transporter und schmuggelt ihn über die gut bewachte EU-Außengrenze nach Deutschland.

Wo er Malik, für den Richard weit mehr als nur Freundschaft empfindet, mangels Alternative zunächst bei Tilda in Frankfurt am Main unterbringt. Und damit ausgerechnet bei einer Politikerin, die sich in der Vergangenheit mit fremdenfeindlichen Äußerungen profiliert und so den Sprung nach Brüssel und Straßburg geschafft hat. Da Richard gleich nach London weiterreisen muss und Mathilda beruflich viel unterwegs ist, darf Malik das luxuriöse Loft nicht verlassen.

Auf Dauer lässt sich Maliks illegaler Aufenthalt nicht verbergen, zumindest nicht gegenüber Mathildas Assistentin, der Juristin Amina El Hazzaz. Sie ist zunächst wenig erfreut, mit einem jungen Landsmann konfrontiert zu werden, ist sie doch darum bemüht, ihre marokkanischen Wurzeln hinter sich zu lassen, um endlich als vollwertiges Mitglied der deutschen Gesellschaft anerkannt zu werden. Nun ist Amina, die drei europäische Sprachen fließend spricht, Arabisch aber nur gebrochen, höchst unfreiwillig als „kulturelle Vermittlerin“ gefragt.

Und Malik? Ist Richard dankbar für alles, mehr aber auch nicht. Er sucht den Kontakt mit einem in Berlin lebenden Onkel, um dem Goldenen Käfig zu entkommen. Zumal Richards Vernissage abgesagt wird, nachdem der Frankfurter Galerist einen Schlaganfall erlitten hat und sein Kompagnon Paul kein Interesse an den Old-School-Gemälden hat. Malik reißt aus und setzt sich in den nächsten Zug nach Berlin. Wo er bei einer Ausweiskontrolle als potentieller Terrorist verhaftet wird. Mathilda setzt alle Hebel in Bewegung, um einen Skandal zu verhindern…

Angelina Maccarone erzählt in „Klandestin“, was so viel wie heimlich oder geheim bedeutet, die Begegnung zwischen der deutschen Europaabgeordneten Mathilda, dem britischen Künstler Richard, dem jungen Marokkaner Malik und Mathildas aus einer marokkanischen Familie stammenden Sekretärin aus vier unterschiedlichen Perspektiven – und das nacheinander. Ihre multi-perspektivischen Erzählweise, bei der wir die Geschehnisse jeweils durch die Augen einer anderen beteiligten Person erleben, führt zur erheblichen Überlänge von mehr als zwei Stunden. Die der immer wieder aufs Neue überraschte Kinobesucher aber gar nicht so empfindet, weil er nach und nach verstehen lernt, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt.

So enthüllt der spannenden Ethno- und Polit-Thriller „Klandestin“ nach und nach die Geheimnisse, Sehnsüchte und Verstrickungen seines Protagonisten-Quartetts, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Und die doch eines eint: die Suche nach individueller Anerkennung und nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit sowie die Hoffnung auf Liebe. Apropos: Katharina Schüttler ist in einer prägnanten Nebenrolle zu erleben als Politikerin Sibylle, der „Ex“ von Mathildas neuer Sekretärin Amina. Barbara Sukowa wurde beim Hessischen Film- und Kinopreis mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten ausgezeichnet.

Angelina Maccarone im Farbfilm-Presseheft zu ihren persönlichen Beweggründen, „Klandestin“ zu machen: „Ich war immer anders. Mein Name ist anders. Ich fühlte mich nie ganz ‚deutsch‘. Bis heute werde ich für meine deutschen Sprachkenntnisse gelobt und spätestens die zweite Frage, die an mich gerichtet wird, ist: Woher kommst du? Auch mein Begehren entspricht nicht der Erwartung. Jede Begegnung erfordert früher oder später eine Erklärung, ein sogenanntes Coming Out. Die Norm sucht ihre Bestätigung in der Abgrenzung zum ‚Anderen‘. In meinen Filmen interessiert mich immer die Umkehrung, die Erwiderung des Blicks: Vom Anderen aus betrachtet, enthüllt sich das Absurde im Normalen.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera

Kamera-Assistenz

Standfotos

Kamera-Bühne

Art Director

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Synchron-Ton-Schnitt

Ton-Design

Ton-Assistenz

Geräusche

Mischung

Musik

Produktionsleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 14.12.2022 - 31.03.2023: Tanger, Hessen, Mitteldeutschland
Länge:
124 min
Format:
DCP, 1:2,39 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 21.06.2024, 258224, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 01.07.2024, München, Filmfest - Neues Deutsches Kino;
Kinostart (DE): 24.04.2025

Titel

  • Originaltitel (DE) Klandestin
  • Arbeitstitel (DE) Turning Tables

Fassungen

Original

Länge:
124 min
Format:
DCP, 1:2,39 (CinemaScope)
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 21.06.2024, 258224, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 01.07.2024, München, Filmfest - Neues Deutsches Kino;
Kinostart (DE): 24.04.2025

Auszeichnungen

FBW 2025
  • Prädikat: wertvoll
Festival des deutschen Films Ludwigshafen 2024
  • Filmkunstpreis 2024, Bester Film
Deutscher Drehbuchpreis 2017
  • Deutscher Drehbuchpreis, Bestes unverfilmtes Drehbuch