Herbert Achternbusch
Herbert Achternbusch, geboren am 23. November 1938 in München, versuchte sich nach dem Abitur zunächst als Maler und Dichter, bevor er zwischen 1960 und 1962 nacheinander an der Pädagogischen Hochschule München-Pasing, an der Nürnberger Kunstakademie und (für drei Semester) an der Akademie der Bildenden Künste in München studierte. 1962 heiratete er eine Kommilitonin und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Mitte der sechziger Jahre verlagerte sich Achternbusch auf Anraten von Kollegen und Freunden wie Martin Walser vom Malen aufs Schreiben. Im Jahr 1969 verlegte der Suhrkamp Verlag (abermals durch die Vermittlung Walsers) mit dem Erzählungen-Band "Hülle" Achternbuschs erstes Buch – der Beginn einer regelmäßig fortgesetzten Reihe von Buchpublikationen.
Anfang der siebziger Jahre begann Achterbusch, erste Schmalfilme zu drehen und kam mit einigen prominenten Vertretern der deutschen Autorenfilmszene in Kontakt. Er spielte Rollen in Werner Herzogs "Jeder Für sich und Gott gegen alle" und Volker Schlöndorffs "Übernachtung in Tirol" und verfasste 1976 das Drehbuch zu Herzogs "Herz aus Glas".
Mit "Das Andechser Gefühl" realisierte Achternbusch 1974 seinen ersten eigenen Langfilm. Die Hauptrolle spielte Margarethe von Trotta, mit der Achternbusch auch das Drehbuch entwickelt hatte. Die männliche Hauptrolle übernahm Achternbusch wie in all seinen folgenden Filmen selbst. Bereits zu dieser Zeit erwies sich der vielseitige Künstler als ebenso provokanter wie kauziger Außenseiter des etablierten Kulturbetriebs: So kam es beispielsweise 1977 zu einem Eklat, als er den von der Zeitschrift "Bunte" gestifteten und von Peter Handke verliehenen "Petracra"-Preis direkt nach der Verleihung verbrannte und die Veranstaltung unter Protest verließ. Sechs Jahre später löste sein Film "Das Gespenst" einen bundesweiten Skandal aus: Achternbusch ging darin auf poetisch-satirische Weise der Frage nach, wie es Jesus erginge, käme er heute nach München. Seither wurde der Filmkünstler, der noch 1982, ein Jahr vor dem "Gespenst", den Bundesfilmpreis für "Das letzte Loch" erhalten hatte, von den Förderungsgremien konsequent missachtet.
Mit geringem Budget drehte er seine folgenden Filme im Super-8-Format, die für die Kinoauswertung auf 35 Millimeter aufgeblasen wurden. Auf diese Weise konnte Achternbusch auch ohne öffentliche Förderung zahlreiche Filme realisieren. In seiner typischen Mischung aus exzentrischem Humor und bitterer Gesellschaftskritik griff er dabei häufig politische und soziale Themen auf, nahm Bigotterie, Spießertum und Heimattümelei aufs Korn.
Zu seinen wichtigsten Arbeiten gehörten "Wanderkrebs" (1984), eine satirische Komödie, in der Bayerns Regierung auf Grund des Waldsterbens einen (hochgiftigen) Plastikwald installieren lässt, und "Heilt Hitler!" (1986) über einen deutschen Wehrmachtssoldaten, der nach einem 40-jährigen Koma erwacht und das moderne München für das neu erbaute Stalingrad hält. In "Punch Drunk" (1987) verkörperte Achternbusch selbst den bayerischen Kultusminister Riesenhuber, während München nach dem Super-GAU von Tschernobyl zum Notstandsgebiet erklärt wird. "I Know the Way to the Hofbrauhaus" (1991) erzählt von den skurrilen Erlebnissen eines Münchner Fremdenführer-Gehilfen. In "Hades" (1995) spielt Achternbusch einen jüdischen Sargfabrikanten, der seinen Kunden auch die kuriosesten Wünsche erfüllt, zugleich aber mit einem neu aufflammenden Faschismus konfrontiert wird. "Picasso in München" (DE/AT 1997) zeigt Achternbusch in der Titelrolle des berühmten Malers, der in München von den Toten erwacht. "Neue Freiheit - Keine Jobs" (1998) handelt von einem Obdachlosen, der für die Absetzung Helmut Kohls demonstriert.
1998 ehrte die Stadt München Herbert Achternbusch zu seinem 60. Geburtstag, indem Aphorismen von ihm auf Flaggen in der ganzen Stadt zu sehen waren. Vier Jahre später – nach einer für ihn ungewöhnlich langen Pause – stellte Achternbusch seinen letzten Film vor: "Das Klatschen der einen Hand" (2002), eine Kritik an der Belanglosigkeit des Theaters und eine "Hommage an das Nichttheater".
Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 2008 zeigte das Museum Moderner Kunst in Passau eine Ausstellung seines gesamten malerischen Werks von 1990 bis 2008. Das Filmfest München ehrte Achternbusch im gleichen Jahr mit einer umfassenden Retrospektive.
Trotzdem war Achternbusch auch innerhalb der Filmszene nicht unumstritten. "Alles ist (...) so gewollt und absichtlich 'absurd', dass absolut nichts mehr schockiert, ausgesprochen wenig amüsiert und das meiste ungeheuer langweilt", urteilen etwa die Filmhistoriker Robert Fischer und Joe Hembus. Dagegen meint der Filmemacher Percy Adlon: "Es ist nicht immer von großer Subtilität, was Achternbusch erzählt, dafür aber einzigartig in seiner Direktheit und erfrischend aufmüpfig. Herbert Achternbusch ist einer der wildesten Geister Bayerns". Unbestritten ist in jedem Fall, dass Achternbusch sich anders als die meisten seiner Regiekollegen nie mit dem "System" arrangiert hat. Was all seine Filme eint, ist die spürbare und unbändige Liebe zum Kino. Nicht zufällig hat er Texte über Kurosawa, Fassbinder und sein großes Vorbild Karl Valentin verfasst.
Auch nach seinem Rückzug vom Filmemachen im Jahr 2002 blieb Achternbusch weiterhin als Autor von Prosa, Lyrik, Kinderbüchern, gelegentlichen Filmkritiken für die Süddeutsche Zeitung und (vor allem) Theaterstücken aktiv. Zu seinen Auszeichnungen als Autor gehören der Ernst-Hoferichter-Preis (1999) und der Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2010). Sein letztes Stück "Dogtown Munich" wurde im Februar 2017 am Münchner Volkstheater uraufgeführt.
Herbert Achternbusch war Vater von sechs Kindern. Er lebte mit seiner Frau Gerda von 1975 bis 1981 in einem ehemaligen Wirtshaus in Buchendorf. Nach ihrer Scheidung zog Achternbusch nach Ambach, wo er in den 1980er-Jahren mit Annamirl Bierbichler lebte. 1990 zog er nach München und begann mit den Renovierungen an einem Forsthaus im österreichischen Waldviertel. Der Trennung von Bierbichler 1993 folgte im gleichen Jahr die Heirat mit Judith Tobschalle. Ein Jahr darauf wurde ihre Tochter Naomi Achternbusch geboren, die heute selbst als Schauspielerin beim Film tätig ist. Die Ehe von Achternbusch und Tobschallte hielt jedoch nur vier Jahre.
Am 10. Januar 2022 starb der nie angepasste Regisseur, Schriftsteller und Maler Achternbusch im Alter von 83 Jahren in München.
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