Der letzte Zeuge

BR Deutschland 1960 Spielfilm

Inhalt

Werner Rameil, Direktor eines großen Firma, erhält einen dramatischen Anruf von seiner Geliebten Ingrid: Ihr gemeinsames Baby wurde ermordet! Als Rameil in Ingrids Wohnung eintrifft, hat man die junge Frau sowie den Arzt Dr. Heinz bereits als Tatverdächtige verhaftet. Doch der einflussreiche Rameil unternimmt nichts, um seiner Freundin zu helfen – er fürchtet um seinen Ruf und seine Ehe. Obwohl Briefe in ihrer Wohnung darauf hindeuten, dass Ingrid einen unbekannten Geliebten hat, bleibt sie die Hauptverdächtige. Für den Pflichtverteidiger Dr. Fox beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um vor Beginn des Gerichtsverfahrens Licht in die Affäre zu bringen.

 

Kommentare

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Zeuge Jo
Der Film ist super, immer
Der Film ist super, immer wieder spannend, egal, wie oft man ihn sich ansieht und obwohl in schwarz-weiß! Würde ihn gerne leihen oder erwerben. Kann mir jemand helfen?
Falk Schwarz
Der Direktor als Täter
Staudte arbeitet mit harten Bandagen. Die Polizei ermittelt mit herablassend-scharfem Tonfall (überzogen Siegfried Wischnewsky), die Gefängniswärterinnen zeigen Menschenverachtung, der Richter (im NS-Tonfall Hans Hessling) bewahrt mühsam Unparteilichkeit. Das Gefängnis stinkt, ist alt und abbruchreif, die Haftbedingungen entwürdigend. Wer in diese Mühle gerät, "wird fertig gemacht". Doch wenn der Herr Landgerichtsdirektor sich mit dem Herrn Fabrikdirektor (Martin Held) trifft, dann sitzen die feinen Herren in Lederfauteuils und rauchen sich eins - man ist unter sich. - Also viel von Staudtes Zorn über den Staat und die sozialen und politischen Ungerechtigkeiten in der BRD. Aber Regisseur Staudte ist auch ein großartiger Geschichtenerzähler, der aus dieser Story einen spannenden, vielschichtigen Krimi fertigen konnte. Verteidiger Dr. Fox (Hanns Lothar) gelingt es, das wasserfeste Alibi des Herrn Direktor zu Fall zu bringen und damit die schlampige Ermittlungsarbeit der voreingenommenen Polizei zu entlarven. Ellen Schwiers gibt der schwierigen Rolle der Mutter, die ihr Kind getötet haben soll, Gewicht und Kontur. Sie ist verzweifelt über die Tat, über die ungeheuerliche Anschuldigung und über die Vorurteile, denen sie begegnet. Eine beeindruckende Leistung! Staudte trifft "die trostlosen Zwänge und leisen Frechheiten" (Witte) jener Jahre mitten ins Herz.
Heinz17herne
Heinz17herne
Ein Kriminalfall mit zumindest teilweise authentischem Hintergrund als spannender Action-Streifen im Breitwand-Format und politische Stellungnahme zugleich: Ein engagierter Rechtsanwalt entlarvt Vorurteile und daraus resultierende vorschnelle Schlüsse einer stümperhaft arbeitenden Polizei und Staatsanwaltschaft. Wolfgang Staudte ist mit der Adaption der ab Ende 1959 im „Hamburger Abendblatt“ als Serie erschienenen Kriminalberichte von Maximilian Vernberg, die der Ullstein-Verlag erst nach dem Kinostart als Taschenbuch edierte, eine bemerkenswert deutliche Abrechnung mit der bundesdeutschen Justiz gelungen insbesondere im Hinblick auf Voreingenommenheit gegenüber Angeklagten und unhaltbare Zustände in den Justizvollzugsanstalten.

„Der letzte Zeuge“, 1961 in Cannes im Wettbewerb gelaufen und leer ausgegangen, ist ein dezidiert sozialkritischer Film, der in psychologischen Porträts wie in dramatischen Szenen beleuchtet, welche Vorurteile die westdeutsche Gesellschaft hervorbringt, die zu schlampigen Recherchen der Behörden führen. Erst das Engagement eines Einzelkämpfers vermag die Kette aus Ignoranz und Gewohnheit zu durchbrechen. Andererseits: 1960 begannen erste zaghafte Versuche einer Reform der Strafprozessordnung besonders im Hinblick auf Formen eines modernen Strafvollzugs.

Staudte findet drastische Bilder etwa für die Vorurteile der Geschworenen beim Betrachten der Fotos einer leicht bekleideten, wohl proportionierten Ingrid Bernhardy oder die Voreingenommenheit des Untersuchungsrichters, welcher die Angeklagte mit haltlosen Verleumdungen überzieht – und das in einem öffentlichen Verfahren. Oder für die unmenschlichen Zustände in den Gefängnissen, wo Untersuchungshäftlinge wie Schwerverbrecher behandelt werden, obwohl für sie bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt: Der junge Arzt Dr. Heinz Stephan hat nach dreimonatiger U-Haft seinen Arbeitsplatz in einem Krankenhaus verloren. Schließlich für die unsäglich-reißerische Stimmungsmache in der Boulevardpresse, die jeden Morgen neu mit dicken Schlagzeilen um Käufer buhlt.

Die Kritik hat den gut einhundertminütigen Film, der am 30. August 1965 im ZDF erstausgestrahlt worden ist, nicht geliebt – gemessen an Staudtes sozialkritischen Defa-Meisterwerken wie „Die Mörder sind unter uns“, „Rotation“ und „Der Untertan“ fehle es an Biss. „Bestenfalls ein bescheidener Kriminalfilm“ hieß es in der Presse nach der Vorführung in Cannes. Und: die Charaktere seien auch gegenüber seinen ersten West-Filmen „Rosen für den Staatsanwalt“ und „Kirmes“ zu einfach gestrickt, die Sozialkritik wachse nicht aus der Handlung, weshalb sie aufgepfropft wirke. Immerhin gab es beim Deutschen Filmpreis 1961 zwei Filmbänder in Gold – für Hanns Lothar für die beste männliche Nebenrolle als Rechtsanwalt Dr. Fox und für Blandine Ebinger für die beste weibliche Nebenrolle als Ingrids Gymnastiklehrerin.

Pitt Herrmann
Kientopp55d
Ein Cameo-Auftritt von W. Staudte?
Ich bin mir nicht sicher. Aber ich meine, dass ich zu Beginn des Films (in der 3. oder 4. Minute) W. Staudte als Passant in der Straße in Hamburg gesehen habe. Dieser Passant geht im Vorspann schräg hinter E. Schwiers in der gleichen Richtung. Er trägt wohl einen dunkelfarbigen Mantel. Etwa nach 5 Sekunden verschwindet er, da er anscheinend mit einer Frau ins Gespräch kam. Kann jemand diesen Cameo-Auftritt von W.S. bestätigen?
Falk Schwarz
Ein logischer Bock
Kriminalfilme müssen sich an ihrer eigenen Logik messen lassen. Bei aller Hochachtung davor, was Staudte aus diesem Film machen konnte, bleibt doch der Stachel, dass keine Mutter jemals ein viermonatiges Kind für zwei Stunden alleine lassen würde, nur um zur Gymnastik zu gehen. Das ist komplett unlogisch und hätte sowohl den Drehbuchautoren als auch dem Regisseur (und dem Rezensenten) auffallen dürfen. Denn im Umkehrschluß würde das ja heißen, dass die Mutter das Kind deshalb zwei Stunden alleine liess, damit Rameil es erwürgen konnte. Aber so wie Ellen Schwiers ihre Rolle anlegt und wie es uns der Film erzählt, war sie eine liebevolle Mutter und deshalb erscheint es umso unwahrscheinlicher, dass sie ihr Kind einfach sich selbst - und damit dem Mörder - überliess. Ein Krimi auf logisch wackligen Füßen.

Credits

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Kamera-Assistenz

Kostüme

Schnitt

Darsteller

Herstellungsleitung

Aufnahmeleitung

Produktions-Assistenz

Dreharbeiten

    • CCC-Atelier Berlin-Spandau, Berlin
Länge:
2793 m, 102 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 13.12.1960, 24110, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 30.12.1960

Titel

  • Originaltitel (DE) Der letzte Zeuge

Fassungen

Original

Länge:
2793 m, 102 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 13.12.1960, 24110, ab 16 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 30.12.1960

Auszeichnungen

Deutscher Filmpreis 1961
  • Filmband in Gold, Beste männliche Nebenrolle
  • Filmband in Gold, Beste weibliche Nebenrolle