Kommiss und Komik: Der Militärschwank

"Eines läßt sich keinesfalls leugnen: daß Militärfilme die große Mode geworden sind." Mit diesen Worten kommentierte die Zeitschrift Lichtbild-Bühne im Februar 1932 die immense Popularität "lustiger Militärschwänke" der frühen 1930er Jahre. Den Anlass bot die Premiere von "Der schönste Mann im Staate", inszeniert von Carl Boese, der auch für jenen Film verantwortlich war, der dieser Mode einen wichtigen Schub gegeben hatte: Boeses "Drei Tage Mittelarrest" war in der Saison 1930/31 zum zweiterfolgreichsten Film avanciert, übertrumpft nur von dem erheblich aufwändiger produzierten Kassenschlager "Die Drei von der Tankstelle". Insgesamt spielte "Drei Tage Mittelarrest" über 1.400.000 Reichsmark ein und damit fast das Sechsfache seiner Herstellungskosten. Die Lichtbild-Bühne erklärt den Erfolg der Militärkomödien damit, dass sie "bei der großen Mehrzahl der männlichen Besucher an eine gemeinsame Lebensphase" anknüpften, "deren lustige und behagliche Momente gerne in der Erinnerung heraufbeschworen werden". Den "weiblichen Beschauern" schenke der Militärschwank wiederum "den angenehmen Kitzel, den Herrn der Schöpfung in jener Lebensphase zu beobachten, in der er nichts, aber schon gar nichts zu sagen hatte".

 
Quelle: DIF
Fritz Schulz und Felix Bressart (v.l.n.r) in "Drei Tage Mittelarrest" (1930)
 

Die Frage der Zeit blieb ein wesentlicher Teil des Grundgerüsts der Militärschwänke: Wie bei den Nachfolgefilmen so ist auch bei "Drei Tage Mittelarrest" die Handlung vor dem Ersten Weltkrieg angesiedelt – beworben mit dem Slogan: "Ein Tonfilmschwank aus der Vorkriegszeit". Insofern appellierten die Militärschwänke auch, wie der Filmhistoriker Horst Claus bemerkt, "an Publikumsvorstellungen von scheinbar problemloseren Tagen. Dementsprechend erscheint das Verhalten der Filmrekruten in der Kaserne eher wie die Streiche von Internatsschülern. Das Militär war nun mal die 'Schule der Nation'. So ist die Garnisonskommandantur den chaotischen, untereinander zerstrittenen Zivilbehörden in allen Lebenslagen überlegen." Bis in die Frühzeit der deutschen Filmgeschichte reicht diese Tradition der Militärkomödie, die der Filmhistoriker Thomas Brandlmeier als "eine deutsche Erfindung" beschreibt: "Filme wie "Es wär so schön gewesen" (1910), "Hurrah Einquartierung" (1913) oder "Pantoffelhelden" (1912) finden in anderen Ländern kein Pendant. Der militärisch gedrillte Körper taucht dort nur als Nebenfigur auf."

Quelle: DIF
Adolf Wohlbrück und Heinz Rühmann (v.l.n.r.) in "Der Stolz der 3. Kompanie" (1932)
 

Von Ende 1930 bis Ende 1932 folgten mehr als ein Dutzend Komödien dem Erfolgsrezept von "Drei Tage Mittelarrest", einerseits an die "gute alte Militärzeit" zu erinnern und andererseits Hierarchien auszuhebeln oder gar lächerlich zu machen – wenngleich diese satirische, ironische Kraft selten so ausgeprägt war wie in "Drei Tage Mittelarrest". "Kasernenzauber" und "Dienst ist Dienst" (beide 1930/31) gehörten ebenso zur Hochphase der Militärschwänke wie "Der Stolz der 3. Kompanie" (1932) mit Heinz Rühmann und Adolf Wohlbrück in den Hauptrollen, der später im NS-Regime wegen des ironischen Umgangs mit militärischen Hierarchien verboten wurde. In Nazideutschland verschwand das Subgenre des Militärschwanks dann auch fast vollständig. Zu den wenigen Ausnahmen gehören "Die vier Musketiere" (1934) und "Der Etappenhase" (1937); die Erfolgsfilme vom Beginn der 1930er wurden als "liberalistische" Verächtlichmachung verfemt und verboten. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs tauchte die Militärkomödie – nicht selten als plumpe Klamotte oder romantisierender Rückblick auf vergangene, "bessere" Zeiten – wieder auf: mit Filmen wie "Mikosch rückt ein" (1952), den verschiedenen Produktionen um Jaroslav Haseks braven Soldaten Schweijk oder den späteren Versuchen wie "Wenn Ludwig ins Manöver zieht" (1967) und "Die Kompanie der Knallköppe" (1971). Eine Erfolgswelle wie zu Beginn der 1930er Jahre sollte sich gleichwohl nicht wiederholen.