Zusammenschluß der Tonfilm-Industrie

Das Gründungsprogramm der Tobis

Film-Kurier, Nr. 172, 20.7.1928

Das Syndikatszimmer des "Kaiserhof" sah am Mittwoch nachmittag die prominenten Vertreter der deutschen Tonfilmindustrie.

Man sah u.a. von Triergon Direktor Frischknecht und Ikle jr., vom Lignose-Hörfilm Bolten-Baeckers, von der Deutschen Tonfilm A.G. die Herren Koch und Scheffler, von der Forest-Film Herrn Dippel, von Küchenmeister die Herren Dr. Henkel und Kahn, ferner von Mihaly-Könemann, Brenninkmeyer und Prof. Karolus.

Von den großen Konzernen sah man Dir. Birnholz von der A.E.G., Dir. Lüschen von Siemens & Halske, Dir. Ernemann von Zeiß Ikon A.G., dann Dr. Joachim und Dr. Löwe.

Von den Theaterkonzernen sah man Dir. Gerschel von der Ufa, Dir. Morawsky von der Terra, Dr. Wolff für die Emelka, Generaldirektor Fett vom D.L.S., Ministerialrat Gieseke von der Reichsrundfunk-Ges. Dr. Wolff vertrat auch den Deutschen Bühnen-Verein.

Prinzipiell waren sich alle Anwesenden darüber einig, daß die Schaffung des Syndikates nötig ist und seine Ausführung zu fördern ist.

Die vorhandenen Schwierigkeiten wurden aber nicht unterschätzt. Es wurde eine Entschließung angenommen.

Um die Vorverhandlungen zu beschleunigen, wurde ein Gremium gewählt, das aus den Herren Generalkonsul Brückmann, Altmeister Oskar Meßter, Dir. Gerschel, Dr. Frankfurter und Dr. H. Böhm besteht.

Der Arbeitsausschuß berief sofort eine Pressekonferenz ein, die am Donnerstag mittag um 12 Uhr begann und die Vertreter der Fach- und Tagespresse am gleichen Ort versammelt sah. Konsul Brückmann führte etwa folgendes aus: Das Syndikat hat die Situation vor sich, daß eine einheitliche Aktion der maßgebenden Kräfte damit rechnen muß: ist die Zeit für den Tonfilm reif oder nicht?

Können wir uns dem Ansturm des Auslandes entgegenstellen? Die sehr starke und fruchtbare Entwicklung des deutschen Tonfilms zwingt zu einem Ja. Aber der Tonfilm soll keine Konkurrenz des stummen Films sein oder werden, im Gegenteil, jedoch auch kein Aggregat.

Das Syndikat sieht seine Aufgabe in der Lösung der zahlreichen Patentstreitigkeiten, die eine verwerfliche Selbstzerfleischung verhindern soll.

Ohne Einigkeit ist nur der Ruin des deutschen Tonfilms vorauszusehen, sind alle Versuche negativ wie das Triergon-Ufa-Experiment. Der Normalisierungsgedanke kann allein vor der Auslandskonkurrenz retten; ein Zusammenarbeiten mit dem Ausland liegt aber doch nahe. Das Kapital soll auf 10 Millionen Mark festgesetzt, aber die bereits interessierten Filmkreise sollen vorgezogen werden.

Die Diskussion zeigte nichts neues, eine scharfe Opposition vermochte nicht durchzudringen.

Wirtschaftlich betrachtet sind die genannten Zahlen zwar nur ein Bruchteil amerikanischer Tonfilmpreise, aber trotzdem noch zu hoch.

Die vorsichtig geschätzten, unverbindlichen Preise von 3500 bzw. 2000 Mark für große und kleine Theater sind zu hoch, selbst bei Mithilfe einer Finanzierungsgesellschaft, die dazu gegründet werden soll.

Vergessen werden darf auch nicht der Widerstand der Musiker, die eine Arbeitslosigkeit befürchten und sicherlich wie in Amerika rechtzeitig einen Kampffonds schaffen werden. Und die Fragen der Regie, des Tonfilmdrehbuches werden überhaupt vorerst noch übergangen, obwohl sie ebenso wichtig sind, wie andere Probleme.

Das zu erstrebende Standardsystem des Tonfilms, das von der letzten Endes maßgebenden Seite der Theaterbesitzer ohne jedes Zögern anerkannt werden könnte, ist natürlich erst noch zu finden.

Rein technisch gesprochen sind wohl die erwogenen Anteile verschiedener Systeme kaum hoch einzuschätzen, denn man kann, auch Altmeister Meßter sagte es in der Diskussion, heute aus freien Patentansprüchen der Vorkriegszeit einen guten Tonfilm herstellen, wenn man einige freie Radio-Patente hinzufügt. Kleine Verbesserung dieser oder jener Firma dürfen bei der vorgeschlagenen Verteilung in Tausendteilen nur wenige Punkte erhalten, trotz des vorauszusehenen Sträubens der betr. Erfinder.

So erscheinen weder patentrechtliche, noch technische Angelegenheiten als Hindernisse von Format. Maßgebend wird allein die Bedürfnisfrage sein. Der Theaterbesitzer steht vor dieser Frage als entscheidender Faktor.

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