Inhalt
Die Alpen, Ende des 19. Jahrhunderts. In einem verschlafenen Bergdorf taucht eines Tages ein mysteriöser Fremder namens Greider auf. Er bittet die misstrauischen Dorfbewohner um Schutz vor dem drohenden Wintereinbruch und bietet als Bezahlung einige Goldmünzen an. Man quartiert ihn bei der Witwe Gader und deren Tochter Luzi ein – doch schon wenig später häufen sich merkwürdige Todesfälle. Bald verdächtigt man Greider, etwas mit den vermeintlichen Unfällen zu tun zu haben. Oder sollte der Grund eher in einem gut gehüteten, dunklen Geheimnis der Dorfbewohner zu finden sein?
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Ein düsteres Geheimnis, das im Prolog als Vergewaltigung der jungen Braut Maria angedeutet wird, deren Bräutigam Franz, obwohl mit einem Beil bewaffnet, die Tat nicht verhindern kann und selbst ans Kreuz geschlagen wird, ein entlegenes Hochtal und ein schweigsamer Fremder: Über einen versteckten Pfad, irgendwo hoch oben in den Alpen, erreicht ein einsamer Reiter ein kleines Dorf, das sich zwischen unwirkliche Gipfel duckt. Niemand weiß, woher dieser Fremde kommt, der sich Greider nennt, und niemand will ihn hier haben. Unverhohlenes Misstrauen schlägt ihm entgegen – wie offenbar allem Fremden. Die Söhne des inzwischen maladen Brenner-Bauern, der als Patriarch jedoch nach wie vor über Wohl und Wehe der Dorfbewohner entscheidet und sich bis zuletzt das Recht der ersten Nacht wenn nötig auch mit Waffengewalt gesichert hat, hätten ihn wohl weggejagt, wenn Greider ihnen nicht eine Handvoll Goldmünzen zugeworfen hätte.
Hans, der Kopf der sechs Brenner-Söhne, bringt Greider, der sich als aus Amerika kommender Fotograf ausgibt, der den Winter über bleiben will, bei der Witwe Gader und ihrer jungen Tochter Luzi als Kostgänger unter. Die Gaderin kann jede finanzielle Unterstützung brauchen, denn Luzi steht kurz vor ihrer Heirat mit Lukas und kann ihr nur Weniges als Aussteuer mitgeben. Luzi freilich treiben andere Sorgen um, weiß sie doch um die Besonderheiten des von ihr längst herbeigesehnten Ereignisses. Denn eine Hochzeit ist in diesem Dorf mit einer furchtbaren Tradition verknüpft. Wer sich dem widersetzt, ist einer erbarmungslosen Abstrafung ausgesetzt.
Nachdem der Schnee das Dorf eingeschlossen hat und kaum ein Sonnenstrahl mehr das Tal erreicht, kommt es beim Holzmachen scheinbar zu einem tragischen Unfall, bei dem einer der Brenner-Söhne stirbt. Als der nächste Sohn bei der Jagd auf mysteriöse Weise umkommt, wird klar, dass es sich wohl nicht um einen Zufall gehandelt hat. Der Verdacht fällt zwangsläufig auf den Fremden, der nun vom Rest des Clans gesucht wird. Greider hat sich jedoch in einer kleinen Hütte tief im Bergwald aus der Schusslinie gebracht und beobachtet das Geschehen im Dorf, darunter die Hochzeit von Lukas und Luzi, aus sicherer Entfernung. Um plötzlich zur Stelle zu sein, beim Pfarrer Breiser, beim Schmied und bei der Brenner-Familie: Greider hat eine Rechnung aus längst vergessen geglaubten Zeiten zu begleichen und sorgt dabei gleichzeitig für eine nachhaltige Unterbrechung des unsäglichen, einst den Feudalherren längst nicht nur in abgelegenen Alpentälern zugestandenen ius primae noctis…
„Das finstere Tal“ ist eine so furiose wie in den Gewaltszenen schwer erträgliche Mischung aus vielschichtigem Alpen-Western und packendem Rache-Drama. Sie reüssierte auf der Berlinale im frisch restaurierten Zoo-Palast dermaßen, dass die „Berliner Zeitung“ von „dem“ Favoriten auf den Deutschen Filmpreis sprach. Was sich, wie wir inzwischen wissen, vielfach bewahrheitet hat. „Es gibt Sachen“, so die Erzählerin Luzi zu Beginn des Films, „über die darf man nicht reden. Sachen, die früher passiert sind. Vor langer Zeit. Aber dass man nicht über sie reden darf, heißt nicht, dass man’s je vergessen kann. Es gibt nämlich Sachen, die lassen sich nie mehr vergessen“: In eindrucksvollen Bildern hat Kameramann Thomas W. Kiennast die scheinbar eingeschworene, unter der Oberfläche aber vor allem eingeschüchterte und brutal unterdrückte Dorfgemeinschaft um den Patriarchen Brenner und seine sechs Söhne in einem karstigen Alpenhochtal am Ende des 19. Jahrhunderts festgehalten.
Michael Hanekes langjähriger Mitarbeiter Andreas Prochaska hat ein tolles Ensemble zusammenstellen können um Sam Riley („Control“, „Brighton Rock“), „Burg“-Star Hans-Michael Rehberg und Paula Beer („Poll“). Bei allem vorsichtigen Optimismus des Films ist es Prochaskas zur zweiten Hauptfigur erhobene Luzi, die einen Satz ausspricht, der auch aus Lars von Triers Film „Manderlay“ stammen könnte: „Die Freiheit ist ein Geschenk, das sich nicht jeder gern machen lässt.“ Die Erstausstrahlung erfolgte am 27. Dezember 2015 im ZDF.
Pitt Herrmann