Ausstellung Maximilian Schell im DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum

Mit seiner neuen Sonderausstellung, die vom 10. Dezember 2019 bis zum 19. April 2020 zu sehen ist, präsentiert das DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum Maximilian Schells künstlerischen Nachlass. Dieser ging nach Schells Tod 2014 an das DFF, das auch schon den Nachlass von Schells 2005 gestorbener Schwester Maria bewahrt. Die Ausstellung stellt Maximilian Schell als Universalkünstler vor, der sich auf vielen Feldern der Kunst erprobte, neben Film- und Theaterschauspieler und Regisseur auch als Pianist, Kunstsammler, Produzent, Maler und Zeichner, als Opernregisseur und Autor.

 

Er gehört zu den wenigen deutschsprachigen Schauspielern, die in Hollywood reüssierten. Bereits früh in seiner Karriere gewann Maximilian Schell für "Judgment at Nuremberg" (US 1961, R: Stanley Kramer) den Oscar® als bester Hauptdarsteller. In dem starbesetzten Werk spielte er neben berühmten Kollegen wie Spencer Tracy, Burt Lancaster, Judy Garland und Marlene Dietrich. Als er mehr als 20 Jahre später, 1984, mit "Marlene" (BRD/FR/CS) einen legendären Dokumentarfilm über Marlene Dietrich machte, schloss sich gleichsam der Kreis. Gehörte Marlene Dietrich doch zu den ersten deutsch(sprachigen) Schauspielerinnen, die in die USA emigrierten und auch dort zu Stars wurden. Mit seinem Porträt machte sich Schell auch als Regisseur weltweit einen Namen, "Marlene" erhielt eine Oscar-Nominierung als bester Dokumentarfilm.

Mehr als 20 Monitore geben in der Ausstellung Einblick in die vielen Facetten von Maximilian Schells Werk. Eine Installation im Foyer lädt zu einer ersten visuellen Erkundungsreise ein. Aus hunderten Fotos im Nachlass haben die Kuratoren Hans-Peter Reichmann und Isabelle Bastian eine vielfältige Auswahl zusammengestellt, die Schells künstlerisches Leben illustriert. Schell als junger Schauspieler, als Liebender und Grübler, als Hamlet und Jedermann, als Wehrmachtssoldat und als Holocaustopfer, als Talkshowgast und Fernsehstar, als Regisseur und Gentleman. Interviews mit sowie Dokumentaraufnahmen von Schell sind auf weiteren Monitoren im Ausstellungsraum zu sehen und zu hören.

In dutzenden Filmen hat Maximilian Schell mitgewirkt, dutzende große Theaterrollen gespielt, dutzende Auszeichnungen erhalten – vom Oscar® über den Golden Globe bis zum Deutschen Filmpreis. Mit zahlreichen Dokumenten, Fotos, Drehbüchern, Briefen und Objekten gibt die Ausstellung eine Übersicht über das breit aufgefächerte Werk des in Wien geborenen Sohns eines Schweizer Schriftstellers und einer Wiener Schauspielerin, der sich, 1938 mit der Familie vor den Nazis nach Zürich geflohen, später immer als Schweizer verstand und auch deren Fußballnationalmannschaft die Daumen drückte. Eine 20-minütige Kompilation auf großer Leinwand präsentiert das filmische Schaffen Maximilian Schells, das sich über 60 Jahre, von "Kinder, Mütter und ein General" (BRD 1955, R: László Benedek) bis "Die Räuber" (LU/DE/BE 2015, R: Pol Cruchten) erstreckt. Seine enge Freundschaft zu Friedrich Dürrenmatt mündete in zwei Filme: "Justiz" (DE/CH 1993, R: Hans W. Geißendörfer), in dem Schell den infamen Regierungsrat Kohler mit beängstigender Lakonie spielt, und "Der Richter und sein Henker" (BRD/IT 1975), bei dem Schell Regie führte und Dürrenmatt als "Schriftsteller Friedrich" einen urkomischen Gastauftritt verschaffte.

Nicht nur als Hamlet-Darsteller (etwa bei Gründgens 1963), auch als Hamlet-Übersetzer tat sich Maximilian Schell hervor, der stets deutlich machte, dass die Mehr- und Vieldeutigkeit von Shakespeares Versen nur ungenügend ins Deutsche übertragen wurden. "Meiner Ansicht nach muss man Klassiker unbedingt der Zeit anpassen", sagt der noch junge Schell in einem Interview, das Gero von Boehm in seinen Dokumentarfilm "Hamlet in Hollywood" aufgenommen hat. So übersetzte Schell für seinen 1968er Hamlet am Deutschen Theater in München die berühmte Schlüsselstelle in: "Zu leben oder nicht zu leben, darum geht's!", was von Hellmuth Karasek damals in der ZEIT mit einiger Häme bedacht wurde. Trevor Nunn, ehemaliger Leiter der Royal Shakespeare Company, zählt Schells Hamlet Interpretation von 1968 dagegen zur bedeutsamsten: "Seine Hamlet-Interpretation (…) hat englische Aufführungen über Jahre hinaus beeinflusst", betonte er 1983.

Wie auch in Schells Leben ist der Dreh- und Angelpunkt in der zentralen Blickachse der Frankfurter Ausstellung die Alm im kärntnerischen Preitenegg - der Fluchtpunkt der Familie Schell seit dem frühen 20. Jahrhundert. Hier war Schell verankert, hier erdete sich der US-Schauspieler mit Villa in Beverly Hills jedes Jahr mehrere Monate, wenn er in der alten Jagdhütte seine künstlerischen Projekte plante und vorantrieb. Hier lebte im Nachbarhaus auch seine Schwester Maria bis zu ihrem Tod 2005. Deren fortschreitende Demenzerkrankung dokumentierte er im vielbeachteten Film "Meine Schwester Maria" (2002) auf einfühlsame und respektvolle Weise.

Auf die Alm zog Schell sich auch zur Vorbereitung zurück, nachdem er sich 1983 bereiterklärt hatte, den Dokumentarfilm "Marlene" zu realisieren. Ein Projekt, das ihn begeisterte und faszinierte, das hört man schon am Klang seiner Stimme - zumindest in den ersten der vielen Stunden Tonbandaufzeichnungen des Gesprächs, die zum Nachlass gehören. Ein Projekt aber auch, das ihn wohl nahe an den Rand der Verzweiflung brachte. Denn Marlene Dietrich spielte nicht mit. Schell durfte weder die Dietrich selbst filmen, noch ihre Wohnung in Paris, in der er sechs Tage lang Gespräche mit ihr führte, die er am Ende aber vorzeitig abbrach: Marlene Dietrich, so stellte sich heraus, wollte nicht nur nicht gefilmt werden, sie wollte auch keine Auskunft über sich und ihre Filme geben. Sie verweigerte sich komplett, was sie später beinahe zugibt: "Ich war fast ein Miststück", zitiert Werner Sudendorf sie in seinem Beitrag für den Begleitband zur Ausstellung. Dass es Schell mit seinem Team gelingt, aus dem dürftigen Tonmaterial, das wenige substanzielle Äußerungen Marlene Dietrichs hervorbringt, einen herausragenden Dokumentarfilm zu schneiden, der inzwischen als Klassiker gilt, ist eine besondere Leistung, die in der Ausstellung mit einem eigenen "Marlene"-Raum in den Blick gerückt wird. In einer räumlichen Installation ist die bizarre Interview-Situation in der Pariser Wohnung angedeutet, in der Schell und Marlene Dietrich im Wohnzimmer saßen, während Schells Team lediglich in Hörweite verweilen durfte, ohne Blickkontakt zu den beiden - stets unter strenger Beobachtung von Dietrichs Agenten, Terry Miller, der verhindern sollte, dass heimlich gefilmt wird. Geprägt ist der Raum von einer mehrminütigen Audio-Kompilation des Gesprächs, das geprägt war von Marlenes brüsken Repliken, die häufiger im vernichtenden Ausruf "Alles Quatsch!" kulminierten.

Begleitband mit Texten von 17 Autor/innen zu Maximilian Schell

Der mehr als 300 Seiten starke Begleitband zur Ausstellung untersucht die Karriere Maximilian Schells von allen Seiten: 17 Autor/innen beleuchten Schells große Schauspielkunst, sein Wirken in Hollywood, geben Einblicke hinter die Kulissen, in seine Art zu arbeiten, befassen sich mit dem kundigen Kunstsammler Schell, dem Regisseur Schell, mit seiner großen Liebe für Shakespeare, seinen Auftritten als Gaststar in Hollywood-Blockbustern der 90er Jahre, mit seinem Dokumentarfilm "Meine Schwester Maria" und natürlich mit dem überaus erfolgreichen Krisenprojekt "Marlene".

Quelle: www.dff.film