Leanders letzte Reise

Deutschland 2016/2017 Spielfilm

Inhalt

Während des Zweiten Weltkriegs war Eduard Leander Offizier bei der Wehrmacht. Doch über seine Erlebnisse und Aufgaben während des Krieges hat er nie gesprochen. Als die Frau des inzwischen 92-jährigen stirbt, soll er in ein Heim abgeschoben werden. Kurz entschlossen tritt Eduard die Flucht nach vorne an: Er begibt sich auf eine Reise in die Ukraine, wo er als Soldat stationiert war. Dort will er seine große Liebe wiederfinden, die er damals zurücklassen musste. Seine Tochter Uli hat dafür überhaupt kein Verständnis und schickt ihre eigene Tochter Adele nach Kiew, um ihren Opa nach Hause zu holen. Aber es kommt anders: Obwohl der alte Mann und die widerborstige junge Frau eigentlich keine besonders gute Beziehung haben, wird Adele zur Reisegefährtin ihres Großvaters. Dann aber (man schreibt das Jahr 2014) geraten die beiden auf der Krim in den immer mehr sich zuspitzenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.
 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Berlin im Frühling 2014. Gattin Hilde ist beim Fernsehen friedlich eingeschlafen, Eduard Leander ist nun Witwer. Und ganz allein, denn der 92-Jährige hat zu seiner Tochter Uli, einer erfolgreichen Gastwirtin, und Enkelin Adele, die ihr Studium geschmissen hat und als Kellnerin jobbt, kaum Kontakt. Was sich bei der Beerdigung nicht ändert: „Leichenschmaus fällt aus, ihr könnt nach Hause gehen.“ Doch da hat er die Rechnung ohne Uli gemacht, die alle Lebensmittel aus der elterlichen Wohnung in einen Müllsack wirft und über ihren Vater beschließt: „Er kommt in ein Heim.“

Als Leander in den TV-Nachrichten sieht, dass Separatisten mit Hilfe Moskaus im Donbass eine eigene Republik ausrufen auch als Gegenreaktion auf die „Orange Revolution“ und den „Euro Majdan“ auf dem Kiewer Majdan-Platz, beschließt er spontan, in die Ukraine zu fahren, wo er als Wehrmachtsoffizier im Zweiten Weltkrieg als Kompaniechef einer Kosaken-Kavallerieschwadron gegen die Sowjets gekämpft hat. Nun hofft er, seine Jugendliebe Svetlana wiederzusehen. Uli schickt ihre Tochter zum Bahnhof Lichtenberg, um den Großvater zur Vernunft zu bringen. Weil ihr das bis zum Grenzbahnhof Frankfurt/Oder nicht gelungen ist, bleibt sie.

Dort steigt mit Lew ein junger Urkainer zu, der Dope dabei hat und auch sonst gut drauf ist. Eduard findet Gefallen an dem jungen Mann, der mit einem 100-Euro-Schein dafür sorgt, dass Adele auch ohne Pass die ukrainische Grenze passieren kann. Mit im Abteil auch Hermann Bergmann und Gattin Eva, die ebenfalls auf einer Reise in die Vergangenheit sind: Letztere entstammt einer jüdischen Familie, die 1941 beim Massaker von Babyn Jar ermordet wurde.

22 Stunden ohne Speisewagen – eine Herausforderung. Bei Lew daheim gibt’s eine große Tafel und ein Bett für die Nacht. Obwohl Vater Nikolai, der gerade Geburtstag feiert, bei der Sowjetarmee in Potsdam stationiert war und Lews Bruder lobt, der sich den Separatisten der Volksrepublik Lugansk angeschlossen hat. Der Historiker Jurij (Yurij Rostalny) forscht zunächst vergeblich in Archiven nach Svetlana, weshalb Lew sich bereiterklärt, Eduard im BMW seines Vaters in die umkämpfte Ostukraine zu fahren, in das Dorf unweit von Luhansk. „Ich will wissen, warum wir sind, wer wir sind“: Adele lässt sich nicht abschütteln, begleitet die beiden auch bei der gefährlichen Bootsfahrt über einen Fluss auf nunmehr russisches Gebiet.

Sie finden heraus, dass Svetlana als Kollaborateurin zu 25 Jahren Arbeitslager in Sibirien verurteilt wurde und 1974 gestorben ist. Aber es gibt Fotos an der Wand mit „dem Deutschen“ – und eine Tochter mit wunderschönen blauen Augen, die inzwischen selbst Mutter ist. Eduard, von einem hochbetagten Kosaken als „Capitan“ angesprochen, hat seine zweite Familie gefunden…

„Leanders letzte Reise“, am 18. Dezember 2019 auf Arte erstausgestrahlt, erzählt eine an Originalschauplätzen gedrehte historisch grundierte, aber kolportagehaft-vielschichtige Story mit manchen Ungereimtheiten und Unwahrscheinlichkeiten, die auf das aktuelle Geschehen in der Ukraine bezogen arg konstruiert wirkt. Auf der einen Seite ein Geschichtsfilm, auf der anderen ein (Rail-) Roadmovie, vor allem aber eine bei aller kitschigen Versöhnungs-Übertreibung letztlich zu Herzen gehende Familiengeschichte. Die zur Zeit der russischen Invasion auf der Krim gedreht wurde und heute leider nichts an Brisanz verloren hat. Auf dem Berlin & Beyond Film Festival in San Francisco und dem Festival de films européens Mamers en Mars im französischen Mamers gabs 2018 jeweils den Publikumspreis.

Nick Baker-Monteys im Tobis-Presseheft: „Es geht nicht darum, alte Wunden aufzureißen. Es geht um die Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für die heutige Generation. Wie leben wir mit der deutschen Vergangenheit? Betrifft sie uns nicht, weil wir nicht dabei waren? Oder hat sie viel mehr mit uns zu tun, als man glaubt? (…) Die Ironie des Schicksals: Als wir die Geschichte entwickelten, wurde auch die Ukraine von der eigenen Vergangenheit eingeholt. An der Grenze zwischen der Ukraine und Russland, wo unsere Protagonisten hinreisen, begann 2014 ein Krieg. Die Reise von Eduard und Adele bekam auf einmal noch mehr Brisanz, nicht zuletzt, weil die Ursprünge dieses Kriegs zum Teil auf den deutschen Einmarsch 1941 zurückgehen“.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 07.05.2016 - 15.06.2016: Ukraine, Berlin, Brandenburg
Länge:
107 min
Format:
DCP, 1:2,39
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 12.01.2017, 165312, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Kinostart (DE): 21.09.2017

Titel

  • Originaltitel (DE) Leanders letzte Reise

Fassungen

Original

Länge:
107 min
Format:
DCP, 1:2,39
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 12.01.2017, 165312, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Kinostart (DE): 21.09.2017

Auszeichnungen

FBW 2017
  • Prädikat: besonders wertvoll