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Während des Sommerurlaubs am Bodensee trifft der Studienrat Helmut zufällig seinen alten Schulfreund Klaus wieder. Während Klaus sich offenbar wahnsinnig über das Wiedersehen freut, ist Helmut eher genervt davon, dass sein ehemaliger Klassenkamerad ihm fortan nicht mehr von der Seite weicht – obwohl Helmut auf der anderen Seite sehr empfänglich für die erotische Ausstrahlung von Klaus′ junger Begleiterin Helene ist. Sabine, Helmuts Ehefrau, findet es wiederum sehr angenhem, dass durch den quirligen Klaus endlich ein bisschen Abwechslung in ihre eingefahrene Urlaubs- und Eheroutine kommt. Während eines gemeinsamen Segelausflugs aber drohen die Spannungen zwischen Klaus und Helmut auf fatale Weise zu eskalieren.
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Das ändert sich schlagartig als mit Klaus Buch ein längst vergessener – oder verdrängter – Jugendfreund vor ihm steht, an seiner Seite dessen so blutjunge wie bildschöne Freundin Helene, die Helmut schon zuvor aufgefallen war. Klaus setzt sich mit – vielleicht auch erfundenen – Geschichten über Helmuts Vergangenheit sofort bei Sabine in Szene, umwirbt sie mit Charme und einer geradezu überschäumenden Lebensfreude. Helmut spürt instinktiv, dass diese sich seiner Kontrolle entziehen könnte. Beide Paare verabreden sich zum Segeltörn, bei dem Klaus das Spiel fortsetzt: Er drängt seinen Schulfreund immer stärker in die Defensive, in die Rolle des drögen Außenseiters. Was sich anderntags bei der Gegeneinladung im Bungalow der Halms als noch steigerungsfähig erweist: Klaus flirtet so ungehemmt mit der aufgebrezelten, wie von einer Last befreiten Sabine, die endlich wieder Lebenslust in sich spürt, dass der „Hausherr“ die beiden Gäste kurzerhand vor die Tür komplimentiert.
Am nächsten Morgen ist die Überraschung groß, als Klaus und Helene mit viel Lärm und verboten guter Laune ins Nebenhaus einziehen, da es angeblich in ihrem Hotel einen Rohrbruch gegeben hat. Der völlig überrumpelte Helmut kann nicht anders, als die ausdrückliche Entschuldigung von Klaus anzunehmen. Wie zur Versöhnung starten sie einen gemeinsamen Ausflug ins Ried. Doch auch der endet für den von Mücken zerstochenen Helmut im Fiasko: Die einzige Rohrdommel, die zu hören ist, entpuppt sich als plumper Scherz von Klaus – und als eine der ganz wenigen gelungen Szenen dieses Films. Rainer Kaufmann hat aus dem laut Presseheft modernen, kinogerechten Drehbuch auch durch opulente Bilder schöner Menschen und der wundervollen Bodensee-Landschaft keine Spannung auf der Leinwand erzeugen können.
Aus den Kindern der Kriegsgeneration bei Martin Walser, der das Manuskript zu seiner gleichnamigen Novelle im September 1977, kurz nach der Schleyer-Entführung durch die Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF), an den Suhrkamp-Verlag schickte, sind nun Kinder der Generation Helmut Kohl geworden, was dem politischen Charakter der literarischen Vorlage ein anderes Gewicht verleiht, im Film aber keine Rolle spielt. Dass sich Halm bei Walser allen gesellschaftlichen Zumutungen entzieht, weil er mit seiner Frau Sabine lieber ein Leben „im Falschen“ leben möchte, als sich von außen „das richtige Leben“ vorschreiben zu lassen, taucht beim Leinwand-Pädagogen nur noch als aus jeglichem Zusammenhang gerissenes Zitat auf. Und wie sollte es auch: Die RAF-Zeit, die aufgeheizten Debatten des sog. Deutschen Herbstes, liegen drei Jahrzehnte zurück. Die Kenntnis dieser Vergangenheit kann beim jungen Kinopublikum ohnehin nicht vorausgesetzt werden. Da ist es eher von Bedeutung, dass Kaufmann ganz auf unterhaltsame Elemente der Vorlage gesetzt hat.
Spannung fehlt selbst bei Action-Szenen wie dieser: Auf der Rückfahrt vom Ried sehen die Vier, wie vor ihnen auf der Straße aus einem Anhänger ein Pferd ausbricht. Klaus kann das ungestüm auf der Wiese galoppierende Tier nicht nur in bester Pferdeflüsterer-Manier zähmen, sondern das sattellose Ross auch noch besteigen und zum wüsten Ritt über Äcker und Felder ansetzen. „Der sieht ja aus wie König Artus!“ entfährt es der hingerissenen Sabine. Nach mit entsprechendem, also fürchterlichem Sound unterlegten Soft-Sex beim Joggen zwischen Klaus und Sabine und einer speziellen Unterleibsmassage durch die Pilates-Trainerin Helene, die Helmuts Verspannungen wie von Zauberhand löst, und nach einem drogenreichen Besuch in einer Schiffs-Disco scheint einiger Dampf aus dem Kessel. Die beiden Frauen kaufen ein, die beiden Männer segeln auf den harmlosen Wellen des Bodensees. Doch dann kommt Sturm auf...
„Es gibt kein Geheimnis des Lebens, man muss es nur leben. Und kann sich jeden Tag ändern“. Walser-Sätze wie diese, die den Kritiker-Papst Marcel Reich-Ranicki zu seinem überschwänglichen Lob („Sein reifstes, sein schönstes Buch“) bewogen haben, lesen sich leichter daheim bei einem Schluck gutem Roten, als dass man sie aus dem Mund eines penetrant gutgelaunten, immer 120 Prozent gebenden „intellektuellen Flachwichsers“ hört, auch wenn der famose Ulrich Tukur sie auf der Leinwand ausspricht. Und dann erfindet Rainer Kaufmann auch noch einen völlig überflüssigen Epilog: Es ist wohl kein Zufall, warum es, abgesehen von einem halbherzigen TV-Versuch des Regisseurs Peter Beauvais von 1985, dreißig Jahre brauchte bis zur Kino-Verfilmung von Walsers wohl populärstem Buch. Sie kam immerhin pünktlich zum 80. Geburtstag des Autors und Martin Walser hat sich nach der Uraufführung nur lobend über sie geäußert.
Pitt Herrmann