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Der Aufsteiger Landers ist nach der Wende in den Westen gegangen und hat sich fünf Jahre später vom Wettermann eines Lokalsenders zum renommierten Nachrichtensprecher hochgearbeitet. Als eine "Spiegel"-Reporterin für eine Story über "erfolgreiche Ossis" nach seiner Vergangenheit recherchiert, stößt sie auf Spuren, die zur Stasi führen. Im Wettlauf mit einem ehrgeizigen Provinzjournalisten stellt sie weitere Nachforschungen an, die Landers Karriere vorläufig beenden.
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Und das nicht als Quoten-Ossi, sondern als einziger Nachrichtensprecher aus den neuen Bundesländern. „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“ meint sein Chef Charly Grundmann und will Jan zum Anchorman der spätabendlichen Nachrichtenmagazin-Sendung machen. Der gönnt sich nach Feierabend erst ’mal ein Glas Rotwein und lässt sich am anderen Morgen von einer Maklerin eine Traumwohnung mit Hafenblick zeigen: Jan scheint endlich angekommen zu sein an Elbe und Alster.
Was auch privat gilt, hat doch schon seit geraumer Zeit die attraktive Ilona, persönliche Referentin des Intendanten, ein Auge auf ihn geworfen. Ausgerechnet über sie lernt Jan auf einer Vernissage die aparte Margarethe Beer kennen – und sehr bald auch lieben. Die Tochter des nur noch sehr zurückgezogen, aber durchaus standesgemäß auf Sylt lebenden Brauereibesitzers Johannes Beer entstammt zwar einer der reichsten Hamburger Familien, hat aber gerade den Rechtsanwalt Martin in die Wüste geschickt, weil sie sich nicht der piekfeinen Bussi-Gesellschaft hanseatischer Pfeffersäcke zugehörig fühlt. Da kommt ihr der Ossi mit den großen Kinderaugen, der nicht weiß, dass Häppchen hier jetzt „Fingerfood“ genannt werden, gerade recht.
Sie nimmt ihn nicht nur unter ihre eleganten Fittiche, sondern stellt ihn gleich ihrem geliebten und doch auch bemitleideten Papa vor, der im goldenen Käfig der großzügigen Sylter Villa nichts mit sich anzufangen weiß. Dabei vergisst der voll entflammte Jan glatt seine Eltern, die für ein paar Tage nach Hamburg gefahren sind. Was freilich nicht allein an der schönen Margarethe liegt und den glänzenden beruflichen wie gesellschaftlichen Perspektiven, die sich ihm plötzlich eröffnen und einen wie Jan Landers schon die Sinne verwirren können.
Sondern an einer ehrgeizigen Journalistin, die sich auffallend für seine Ost-Berliner, ja sogar für seine Neubrandenburger Volksarmee-Vergangenheit interessiert: Doris Theyssen, einzige „Spiegel“-Frau aus den neuen Bundesländern, hat den Auftrag bekommen, einen Artikel über „erfolgreiche Ossis“ zu schreiben, Sportler vor allem, aber halt auch den inzwischen bekanntesten Nachrichtensprecher der vereinigten Republik. Doris bittet ihren guten Freund Bernhard Blöger um Hilfe, den Leiter der Berliner Gauck-Behörde. Und der schickt routinemäßig eine Anfrage an alle Außenstellen des Stasi-Unterlagenamtes.
Als daraufhin der Neubrandenburger Leiter Reichelt fündig wird, landet die Karteikarte von Jan Landers, auf der dessen IM-Deckname „Pankow“ verzeichnet ist, weder bei Blöger noch gar bei Doris Theyssen, sondern beim so versoffenen wie skrupellosen Lokalreporter Thomas Raschke von der „naz“, der Neubrandenburger Allgemeinen Zeitung. Weil Reichelt seinen Mitarbeiter nicht im Griff hat und der wiederum beste Verbindungen zu Raschke unterhält – noch aus ganz alten Zeiten. „Mister Nachrichten“ ein Informeller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit? Zu schön, um wahr zu sein, naturgemäß auch für Raschkes Redakteur.
Auch die „Spiegel“-Frau reist in die brandenburgische Provinz und nun beginnt ein Wettlauf um den Medienskandal. Mittendrin ein alter Hase der Stasi, Carsten Zelewski, der für dreitausend Mark zu einer kompromittierenden Aussage bereit zu sein scheint. Weil er in der tristen Platte ein ebenso tristes Leben bar jeder Illusion über künftige eigene Arbeitsmöglichkeiten führt an der Seite seiner alkoholkranken Gattin Karin.
Die Recherchen der beiden Journalisten sprechen sich herum, Jan Landers wird vom Chef der Sendeanstalt beurlaubt und macht sich selbst nach Neubrandenburg auf: Wie kann er sich gegen diffuse Gerüchte anonymer Quellen zur Wehr setzen? Durch die Vermittlung seines einstigen Zugführers, Oberfähnrich a.D. Lau, der jetzt ein Autohaus leitet, kommt es zu einem konspirativen Treffen mit dem einstigen Genossen Oberstleutnant Zelewski...
Matti Geschonnecks Nach-Wende-Drama wurde geradezu mit Auszeichnungen überhäuft. Die hochkarätig besetzte Verfilmung des zur Jahrtausendwende erschienenen Debütromans des „Spiegel“-Journalisten Alexander Osang, der rasch zum Bestseller wurde, setzt sich vor allem mit der Macht der Medien auseinander. Dass bereits Gerüchte genügen, um einen Nachrichtensprecher zumindest zeitweise vom Bildschirm zu verbannen, hat ein schwuler Hamburger NDR-Redakteur am eigenen Leib erfahren müssen. In „Die Nachrichten“ wiegt der Vorwurf ungleich schwerer als die sexuelle Disposition: Ein ehemaliger Stasi-Mitarbeiter kann kein unabhängiger Journalist sein, weil er erpressbar wird, selbst wenn wie im Fall des fiktiven Jan Landers keine Verpflichtungserklärungen vorliegen, weder bei „Horch & Guck“ noch beim Sender.
P.S. Wie der Deckname „Pankow“ zustande gekommen ist: Jan Landers war in seiner Neubrandenburger Zeit nebenbei als DJ tätig und hat Udo Lindenbergs Song „Mädchen aus Ost-Berlin“ aufgelegt. Und damit die Staatssicherheit aufgeregt...
Pitt Herrmann