Beschreibung eines Sommers

DDR 1962/1963 Spielfilm

Inhalt

Auf der Großbaustelle Schwedt an der Oder, wo ein neuer Industriekomplex entsteht, treffen der Ingenieur Tom Breitsprecher und die FDJ-Sekretärin Grit aufeinander. Tom ist ein guter Fachmann, den Politik nicht interessiert. Nachlässigkeit und Unvermögen der bunt zusammengewürfelten Jugendbrigade regen ihn auf. Grit hat sich vor ihrer in die Krise geratenen Ehe auf die Großbaustelle geflüchtet. Sie lässt sich auf einen zunächst unverbindlichen Flirt mit Tom ein, dem der Ruf vorauseilt, ein Frauenheld zu sein. Bald entsteht zwischen beiden echte Zuneigung. Grit gerät in Konflikte, da die Moralvorstellungen der 50er Jahre noch recht eng sind und das Kollektiv von ihr vorbildliches Verhalten auch in privater Hinsicht erwartet. Doch Grit steht zu ihrer Liebe und schafft klare Verhältnisse.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ende der 1950er Jahre. Die DDR im Aufbaufieber. Es gilt, im Wettstreit mit dem kapitalistischen Westdeutschland die Nase vorn zu haben. Thomas Breitsprecher, genannt Tom, ist wieder in Berlin. Der 30-jährige Womanizer berichtet recht selbstgefällig von seinen letzten Eroberungen in die Kamera Hans Heinrichs, bevor der speziell bei größeren Industrieprojekten gefragte Bauingenieur vom Genossen Sekretär Schibulla beauftragt wird, das FDJ-Jugendobjekt Wartha an der Oder (gedreht wurde im Sommer 1962 auf der Baustelle des Petrochemischen Kombinats Schwedt mit Arbeitern als Komparsen) zu unterstützen.

Beide kennen und schätzen sich seit zehn Jahren, in denen sie quer durch die Republik auf Großbaustellen die Industrialisierung des Arbeiter- und Bauernstaates vorangetrieben haben: der überzeugte SED-Funktionär und der Schulabbrecher, der einst als überzeugter Hitlerjunge freiwillig in den aussichtslosen Krieg gezogen ist und von Politik oder gar Ideologie nichts mehr wissen will. „Eine Jugendbaustelle?“ hakt Tom skeptisch nach: „Und die Partei trampelt mir nicht überall in die Arbeit?“

„Aufhören mit saufen und huren wär‘ schon ‘mal der Anfang“ meint Schibulla. In Wartha habe er es schließlich mit jungen Idealisten zu tun, die sich freiwillig zum Arbeitseinsatz gemeldet haben. Da müsse er Vorbild sein, gerade als Nicht-Parteimitglied. Als Tom an der Baustelle eintrifft, wird noch der Wald gerodet – mangels maschineller Unterstützung in Handarbeit. Was auch für Felsbrocken gilt, die aus dem Sand, in dem die Kipper immer wieder steckenbleiben, herausgeschaufelt werden müssen.

Da kann Tom nur mit dem Kopf schütteln – und sich über das mangelnde Fachwissen der jungen Fleischer, Bäcker, Schuster oder Laborantinnen ärgern. Besonders den armen Anton Dschick hat er auf dem Kieker. Was die nur Grit genannte Maschinistin und FDJ-Sekretärin Margrit Marduk auf die Palme bringt, die ihm zusammen mit ihren Freundinnen Regine, der Braut Schibullas, und der etwas älteren Lilo über den Weg läuft. Es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Für Grit, eigentlich eine technische Zeichnerin, und die anderen Blauhemden ist es „eine Sache der Ehre, den Sozialismus aufzubauen“, während Tom („der Herr Ingenieur ist kein Kindermädchen“) selbst erst lernen muss, zu lehren – und dabei nicht die Geduld zu verlieren. Abends am Lagerfeuer machen sich Grell, Kamernus, Tenser und die anderen Gedanken darüber, wie lange es wohl noch dauert, „bis wir im Kommunismus leben“. Lilo meint: hundert Jahre.

Zu später Stunde lauert Tom der mit einem Bergmann verheirateten 29-jährigen Grit auf der Brücke zu den Wohnbaracken auf. Fortan verbringen die beiden jede Minute Freizeit miteinander, was weder Schibulla noch den jungen Leuten verborgen bleibt. In deren Augen sich die FDJ-Sekretärin durch den Ehebruch disqualifiziert hat. Als ein offenbar an fünf Stellen gelegtes Feuer nicht nur ein Waldstück, sondern auch Wohnbaracken zerstört, brodelt es unter den Freiwilligen. Einige wie Temser und Dschick beginnen zu trinken, ersterer fälscht Arbeitsunterlagen und wird nach Hause geschickt.

Schibulla sieht sich gezwungen, die Notbremse zu ziehen. Nach einem Parteigruppen-Beschluss kehrt Tom nach Berlin zurück und Grit spricht sich mit ihrem Gatten aus. Soweit d'accord mit der Vorlage, dem 1981 im (Ost-) Berliner Verlag Neues Leben erschienenen Roman „Beschreibung eines Sommers“ von Karl-Heinz Jacobs, einem Bestseller mit 20 Auflagen zu DDR-Zeiten. Jacobs, SED-Mitglied bis zur Biermann-Ausbürgerung 1976, hatte bis 1956 selbst als Maurer beim Bau eines Kraftwerks gearbeitet.

Ralf Kirstens Leinwandadaption lässt dagegen das Ende offen, auch wenn Schibulla, nachdem er die nicht abgereisten Tom und Grit inflagranti erwischt hat, letzterer mit Parteiausschluss droht. Beide beschwören ihre Liebe, wollen zusammenbleiben und Tom ist bereit, sich ebenfalls dem Parteigericht zu stellen. Kein Wunder, dass der Film auf Vorbehalte der Partei stieß, die freilich ohne Auswirkungen blieben. Drei Millionen Besucher strömten allein im ersten Jahr in die DDR-Kinos vor der Erstausstrahlung am 3. Januar 1964 im Deutschen Fernsehfunk. 1963 gabs den FDJ-Kunstpreis, die Erich Weinert Medaille, für Manfred Krug und Christel Bodenstein.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2193 m, 80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 15.01.1963, Schwedt, Kulturhaus Erdölverarbeitungskombinat;
Aufführung (DD): 17.01.1963, Berlin, Colosseum

Titel

  • Originaltitel (DD) Beschreibung eines Sommers
  • Weiterer Titel (ENG) It Happened One Summer

Fassungen

Digitalisierte Fassung

Länge:
81 min
Format:
DCP 2k, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Mono

Original

Länge:
2193 m, 80 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 15.01.1963, Schwedt, Kulturhaus Erdölverarbeitungskombinat;
Aufführung (DD): 17.01.1963, Berlin, Colosseum